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Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren

Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren

Titel: Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy McNab
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Straßenlampen sehen konnte, wirkte sehr abgeblättert und heruntergekommen - das estnische Gegenstück zu den viktorianischen Seebädern in England, die ihr Verfallsdatum in den siebziger Jahren erreicht hatten, als alle Welt begann, Flüge nach Benidorm zu buchen. Seit die Russen vor ein paar Jahren abgezogen waren, war hier offenbar nichts mehr los. Auf der Straße war kein Mensch unterwegs; vermutlich hockten alle zu Hause und sahen sich den Schluss eines weiteren Kirk-Douglas- Films an.
    Ich fuhr langsam die Küstenstraße entlang, hatte die Ostsee links von mir und spürte, wie einzelne Windstöße den Lada schwanken ließen. In den Wohngebäuden auf der rechten Straßenseite brannte nicht viel Licht; ich sah nur gelegentlich das bläuliche Leuchten eines Fernsehschirms.
    Nach längerer Suche fand ich ein Hotelli mit Meerblick. Ich hielt es erst für ein dreistöckiges Apartmentgebäude, bis ich die kleine flackernde Leuchtschrift links neben der zweiflügligen Glastür sah. Als ich den Lada abschloss, brach sich die Brandung am Strand hinter mir, den ich bisher noch nicht zu Gesicht bekommen hatte, und der Wind zerrte an meiner Jacke und zerzauste mir das Haar.
    Die grellen Leuchtstoffröhren im Vorraum blendeten mich fast. Hier war es hell wie in einem Fernsehstudio - und fast ebenso heiß. Irgendwo im Hintergrund plärrte ein Fernseher auf Russisch. Unterdessen war ich so weit, dass ich Estnisch und Russisch zuverlässig unterscheiden konnte.
    Ich ging den Flur entlang weiter, bis ich die Geräuschquelle gefunden hatte. Am Fuß einer Treppe war in Brusthöhe ein Schiebefenster in die Wand eingelassen. Dahinter saß eine alte Frau vor einem uralten Schwarzweißfernseher, in den sie fast hineinkroch.
    Ich hatte reichlich Zeit, sie zu betrachten, während ich ihre Aufmerksamkeit zu erregen versuchte. Sie trug dicke Wollstrümpfe, dazu Pantoffeln, eine grob gestrickte schwarze Wolljacke, ein bunt geblümtes Kleid und eine gehäkelte Wollmütze. Während sie fernsah, löffelte sie eine klumpige Suppe aus einer großen Schale, die wie eine Salatschüssel aussah. Auch dieser Fernseher hatte einen Drahtkleiderbügel als Antenne - das schien hier Vorschrift zu sein.
    Sie nahm mich schließlich wahr, machte sich aber nicht die Mühe, mich zu begrüßen oder nach meinem Begehr zu fragen. Ich nickte, lächelte höflich und deutete auf einen am Fenster klebenden Zettel, auf dem vermutlich die Zimmerpreise standen.
    »Kann ich bitte ein Zimmer haben?«, fragte ich mit meinem besten australischen Akzent. Meine Crocodile- Dundee-Imitation gefiel mir jedes Mal besser. Die Alte registrierte sie nicht einmal.
    Dann klapperten Schritte die Holztreppe hinter mir herunter, und ein Paar erschien - beide in langen
    Wintermänteln. Der Mann war ein kleiner, hagerer Kerl Ende vierzig, der eine Hinterkopfglatze bekam, aber sein restliches Haar in der Art, die Osteuropäer aus irgendeinem Grund für attraktiv halten, mit Brillantine zurückgekämmt trug, und einen großen, buschigen Schnauzer hatte. Die beiden gingen vorbei, ohne die Alte oder mich eines zweiten Blickes zu würdigen. Ich stellte fest, dass die Frau mindestens 20 Jahre jünger war als der Glatzkopf und wesentlich besser roch als ihr Begleiter, der ein starker Raucher sein musste.
    Die Alte legte mir einen Satz Bettwäsche, die einmal weiß gewesen war, und ein Handtuch von der Größe eines Geschirrtuchs hin. Sie murmelte etwas und hielt erst einen und dann zwei Finger hoch. Ich erriet, dass sie wissen wollte, wie viele Nächte ich bleiben wollte, und hob einen Finger.
    Sie nickte und schrieb eine Zahl, die ich für den Zimmerpreis hielt, auf einen Zettel, den sie mir hinschob. 150 EEK pro Nacht, ungefähr zehn Dollar. Ein absolutes Sonderangebot. Ich konnte es kaum erwarten, das Zimmer zu sehen. Ich gab ihr das Geld, und sie legte den Schlüssel, der an einem mächtigen Holzklotz hing, auf den Wäschestapel und wandte sich wieder ihrer Suppe und dem Fernseher zu. Von ihr erfuhr ich nicht, was »Schönen Abend noch« auf Estnisch hieß.
    Ich ging die Treppe hinauf und fand Zimmer 4. Es war größer als erwartet, aber so trist, wie ich es mir vorgestellt hatte. Die Einrichtung bestand hauptsächlich aus einem dunkelbraun furnierten Kleiderschrank und einem Doppelbett mit fleckigen Matratzen, auf dem drei flauschige braune Nylondecken und zwei verfärbte Kopfkissen mit klumpiger Füllung lagen. Zu meiner Überraschung stand in einer Ecke ein kleiner Kühlschrank. Als ich

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