Nick Stone - 06 - Feind ohne Namen
hatte Recht.
Sie studierte meinen Gesichtsausdruck. »Du tust es auf jeden Fall, nicht wahr?«
»Was bleibt mir denn anderes übrig? Die Frage ist nur: Hilfst du mir dabei? Ich weiß noch nicht, womit. Ich weiß nur, dass ich Unterstützung brauchen werde, sobald ich aus Berlin zurück bin.«
Sie rutschte auf dem Sofa herum, als suche sie etwas, und lächelte dann. »Die Macht der Gewohnheit. Ich wollte gerade nach einem Glimmstängel greifen. Für mich wird das nicht leicht, Nick. Ich befinde mich in schwierigen Umständen.«
»Hör zu, klappt alles wie geplant, ist deine Aufnahme in den permanenten Kader nicht gefährdet. Die Firma lässt dich bestimmt nicht …«
Sie hob abwehrend die Hand. »Für einen erstklassig ausgebildeten Beobachter kannst du manchmal
erstaunlich dämlich sein. Ich habe nicht gottverdammte
›Position‹, sondern ›Umstände‹ gesagt. Klar, in Penang habe ich noch geraucht aber als wir uns wiedergesehen haben, hatte ich damit aufgehört – obwohl ich dir jede Zigarette schildern könnte, die ich jemals geraucht habe.
Und dann ist mir schlecht geworden Nerven? Und hast du mich jemals Doxycycline-Kapseln nehmen sehen?
Denk mal darüber nach, Nick. Beeil dich! Ja, richtig, jetzt hast du’s! Im zweiten Monat. Seit Geoffreys innigem Abschied vor dem Golfkrieg.«
»Wieso hast du mir nichts davon gesagt? Wie lange weißt du es schon?«
»Geht dich nichts an. Aber ich hab’s erfahren, als wir aus Penang zurück waren.«
»Weiß der Jasager davon?«
»Bestimmt nicht! Ich hoffe, dass ich in den
permanenten Kader aufgenommen werde, bevor man mir etwas ansieht. Dann bedanke ich mich für die
Beförderung – und am nächsten Tag stellt sich leider Gottes heraus, dass ich Schwangerschaftsurlaub
beantragen muss.«
»Er wird dich aufs Kreuz legen, das weißt du
hoffentlich.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Das hat Geoff schon getan. Außerdem muss sich das erst noch erweisen, stimmt’s?«
Ich konnte nicht erkennen, ob ihre Bemerkung über Geoff scherzhaft gemeint gewesen war oder nicht. »Was sagt er zu deiner Schwangerschaft?«
»Er weiß vorläufig nichts. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich das Kind behalte.« Sie sah weg und betrachtete ein paar Sekunden lang ihre Hände. »Unsere Ehe ist ehrlich gesagt ein Alptraum. Ich dachte, ich bräuchte jemanden, der Stabilität garantiert. Aber sieh dir dieses Haus an, das bin nicht ich – du verstehst, was ich meine, nicht wahr?« Ihre Handbewegung umfasste die Blumenorgie um uns herum. »Ich hab mich bemüht. Ich hab immer geglaubt, so etwas zu wollen, aber ich bin einfach nicht für diesen Mist geschaffen. Das verstehst du, nicht wahr? Du bist genauso.« Sie hatte Tränen in den Augen.
Ich hasste solche Situationen. Was sollte ich jetzt tun?
Ich wusste nie, ob ich zuhören, sie umarmen oder
hinausgehen und Tee machen sollte.
»Ich habe das Gefühl, dass er mir die Schuld gibt.
Hätte er mich nicht kennen gelernt, wäre er weiter nur einmal unglücklich verheiratet, weißt du.« Sie holte tief Luft, atmete geräuschvoll aus und ließ ihren Tränen freien Lauf. Ich holte ebenfalls tief Luft, um zu fragen, ob sie einen Tee wolle, aber dafür war’s zu spät. »Weiß der Teufel, warum er mich geheiratet hat.« Sie lächelte unter Tränen, die lautlos auf ihren Frotteemantel fielen.
»O nein, halt, jetzt fällt’s mir wieder ein – weil ich im Bett so fantastisch bin.«
Suzy forderte mich mit einer Handbewegung auf, mich ohne Rücksicht auf die Polster zu setzen. »Scheiß drauf, das Muster hat mir sowieso nie gefallen.«
Ich räumte ihre Einkäufe vom Sessel und nahm darin Platz. Seit ihrer kleinen Rede hatte ich immer wieder genickt, aber ich hatte keine Ahnung, worauf sie
hinauswollte.
»Bevor du geklingelt hast, habe ich über eine
Abtreibung nachgedacht. Soll ich dir erzählen, zu welchem Schluss ich gekommen bin?«
Ich nickte wieder.
»Meine Ehe wird zerbrechen, aber ich will dieses Kind trotzdem.«
»Damit ändert sich alles, Suzy. Ich kann unmöglich verlangen, dass du –«
»Scheiße, wieso nicht? Ich bin schwanger, nicht
behindert. Außerdem brauchst du dir keine Sorgen zu machen, denn ich besitze eine Geheimwaffe.«
Ich merkte, dass sie danach gefragt werden wollte, als ihre Tränen versiegten und sie sich wieder im Griff hatte.
»Erzähl’s mir nicht – du bist einer der X-Men …«
Sie warf mir den Blick zu, mit dem Kelly mich
bedachte, wenn ich etwas Dummes gesagt hatte. »Ich rede von meinem
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