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Nick Stone - 06 - Feind ohne Namen

Nick Stone - 06 - Feind ohne Namen

Titel: Nick Stone - 06 - Feind ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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Passagiere, die mit dieser ersten Maschine geschäftlich nach Berlin wollten, nur dass sie nach Rasierwasser dufteten und Anzüge und frisch gebügelte Hemden
    trugen.
    Suzy hatte uns mit dem Kleinwagen, den Geoff sonst im Urlaub benutzte – einem klapprigen alten Micra, auf dessen Platz in der Garage jetzt mein Vectra stand –, nach Stansted gefahren. Es war besser, sich von dem Leihwagen zu trennen, nachdem jetzt eine neue Phase begann.
    Während die Anzugträger sich ihren Schönheitsschlaf gegönnt hatten, hatten Suzy und ich einen Plan für die Übernahme der Flaschen ausgearbeitet. Wir hatten lange überlegt, ob es möglich wäre, sie gegen andere mit harmlosem Inhalt zu vertauschen. Theoretisch war ein Tausch unproblematisch: In der Vergangenheit hatten wir oft genug Waffen und andere Ausrüstungsgegenstände vertauscht. Das klappte jedoch nur, wenn man reichlich Zeit hatte – und gerade die hatten wir nicht. Jeder Terrorist, der etwas taugte, würde die Flaschen mit dem Teufelszeug vor der Übergabe fast unsichtbar
    kennzeichnen; dafür genügte schon ein Nadelstich in der Bleifolie, die den Korken umgab. Und wenn der
    Informant im Stande war, den Inhalt der Flaschen zu überprüfen, selbst wenn eine Kennzeichnung unterblieb?
    Durfte ich dieses Risiko eingehen? Er würde wissen wollen, dass er Dark Winter erhalten hatte, bevor er auch nur daran dachte, mir Kelly zu übergeben – was er bestimmt nicht im Ernst vorhatte –, und die intakte Ablieferung war meine einzige Chance, vielleicht in ihre Nähe zu gelangen. Zum Teufel mit allen Tricks. Dark Winter würde abgeliefert werden müssen.
    Wir mussten mit unseren eigenen Pässen reisen, weil sich so schnell nichts anderes arrangieren ließ. Ihr wahrer Name – oder zumindest ihr Mädchenname – war Susan Gilligan, Sie war noch nicht dazu gekommen, einen neuen Pass zu beantragen, obwohl sie nun schon fast vier Jahre verheiratet war.
    Mein zur Seite kippender Kopf ließ mich abrupt
    hochschrecken, als sei ich in einem Alptraum von einem Gebäude gestürzt und kurz vor dem Aufschlag gewesen.
    Die Tageszeitungen waren mir längst vom Schoss
    gerutscht und auf dem Kabinenboden zerknüllt worden, während wir uns bei dem Versuch, eine noch
    unbequemere Sitzhaltung zu finden, gedreht und
    gewendet hatten. Sie waren voller Berichte über Bagdad nach dem Sieg der Alliierten, die Alarmstufe Orange in den USA, die auf den Irakkrieg zurückgeführt wurde, und Kanadier, die mit Gesichtsmasken herumliefen, um sich nicht mit SARS anzustecken. Im Innenteil stand kein Wort über King’s Cross oder King’s Lynn.
    Ich wischte mir Speichel vom Mundwinkel. Die
    Ansage vor der Landung erfolgte in knappem Deutsch und wurde in tadellosem Englisch, aber mit deutschem Akzent wiederholt. Die Maschine ging in den Sinkflug über, und wir versuchten, die Schlösser unserer Sitzgurte zu finden.
    Ich imitierte Suzy, als sie ihre Armbanduhr auf
    mitteleuropäische Zeit umstellte, und verrenkte mir dann den Hals, um einen Blick aus ihrem Fenster werfen zu können. Der Himmel war wolkenlos blau, und ich konnte in der Ferne deutlich das Brandenburger Tor und den Reichstag erkennen. Die gesamte Stadtmitte sah wie ein Getreidefeld kurz vor der Ernte aus, nur dass das gelbe Zeug kein Weizen war, sondern aus Turmdrehkränen
    bestand.
    »Na, wenigstens scheint das Wetter gut zu sein.« Wir hatten nicht mehr über den Job gesprochen, seit wir Stansted erreicht hatten, und würden erst wieder darüber reden, wenn wir hier aus dem Taxi stiegen. Wir wollten keine unerwünschten Zuhörer, und ein flüsternd
    geführtes Gespräch wäre aufgefallen.
    Aus dem Berlinführer mit Stadtplan, den Suzy vor dem Abflug gekauft hatte, wussten wir, dass die
    Bergmannstraße im ehemaligen Westberlin lag: im
    Stadtbezirk Kreuzberg, an den ich mich aus meiner Dienstzeit Anfang der achtziger Jahre erinnerte. In unserem Führer stand, dort sei der türkische

    Bevölkerungsanteil besonders hoch und Westdeutsche seien nach Kreuzberg gezogen, um dem Wehrdienst zu entgehen und stattdessen Künstler, Punks oder
    Anarchisten zu werden. Das konnte hinkommen. Ich
    wusste nicht, ob das mit den Künstlern stimmte, aber ich war in Westberlin oft genug von türkischen Barbesitzern übers Ohr gehauen worden und hatte mich nicht nur einmal mit deutschen Punks geprügelt.
    Die Maschine landete in Tegel, und alle standen auf und verstopften die Gänge, sobald die Bitte anschnallen-Leuchtschilder erloschen waren. Die

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