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Nick Stone - 06 - Feind ohne Namen

Nick Stone - 06 - Feind ohne Namen

Titel: Nick Stone - 06 - Feind ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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Einfahrt hinaufzugehen. In
    Wirklichkeit machte ich mir selbst etwas vor – alles hatte sich verändert. In der guten alten Zeit wäre ich längst überfallen worden. Die Kinder hätten sich auf mich gestürzt; Kevin und Marsha wären ebenfalls bald
    aufgetaucht.
    Im Frühjahr 1997 hatte ich die Browns schon seit

    Jahren gekannt. Ich war mit Kevin befreundet gewesen, als er Marsha kennen gelernt hatte; ich war bei ihrer Hochzeit Brautführer und später sogar Taufpate der kleinen Aida, ihres zweiten Kindes, gewesen. Ich nahm diesen Job ernst, obwohl ich nicht genau wusste, woraus meine Aufgaben bestanden.
    Mir war klar, dass ich niemals eigene Kinder haben würde; ich würde mein Leben lang zu sehr damit
    beschäftigt sein, herumzurennen und beschissene
    Aufträge für Leute wie George auszuführen. Kevin und Marsha wussten das ebenfalls und versuchten wirklich, mich in ihre Familie einzubinden. In meiner Kindheit in einem heruntergekommenen Wohnblock in South
    London war ich mit Fantasievorstellungen von einer perfekten Familie aufgewachsen, und aus meiner Sicht war dieser Traum für Kevin Wirklichkeit geworden.
    Ich ging als Erstes zum Kipptor der Garage, aber es war abgesperrt, und keiner von Homers Schlüsseln
    passte. Also umging ich das Haus links, um auf die Rückseite zu gelangen. Nirgends eine Spur von Kelly.
    Nur die große Kinderschaukel mit dem Holzgestell, das ziemlich verwittert war, aber noch recht stabil wirkte.
    Ich steckte einen Yale-Schlüssel ins Schloss der
    Haustür und drehte ihn nach links. Vor sechs Jahren, daran erinnerte ich mich nur allzu gut, hatte die Tür weit offen gestanden.
    Kevins Job bei der DEA (Drug Enforcement
    Administration) war seit einigen Monaten ein reiner Schreibtischposten in Washington gewesen. In seiner Zeit als verdeckt arbeitender Ermittler hatte er sich in der Drogenszene viele Feinde gemacht, und nach dem dritten oder vierten Anschlag auf sein Leben hatte Marsha beschlossen, genug sei genug.
    Auch ihm gefiel diese neue, ungefährlichere Arbeit.
    »Viel mehr Zeit für die Kinder«, sagte er oft.
    »Yeah, damit du weiterhin eines sein kannst!«, lautete meine Standardantwort.
    Glücklicherweise war Marsha eine reife und sensible Partnerin, sodass sie sich auf dem Familiensektor ideal ergänzten. Ihr Haus bot eine gesunde, liebevolle
    Umgebung, aber nach drei bis vier Tagen musste ich jedes Mal weiter. Ich riss Witze darüber, indem ich behauptete, den Duftkerzengeruch nicht aushalten zu können, aber die beiden kannten den wahren Grund: Ich konnte es einfach nicht ertragen, unter Leuten zu sein, die mir so viel Zuneigung entgegenbrachten.
    Der abgestandene, irgendwie leblose Geruch stieg mir in die Nase, sobald Homer seine Pflicht tat und mich eintreten ließ. Hinter der Haustür lag eine große rechteckige Diele mit Türen zu den Erdgeschossräumen.
    Rechts die Küche. Links das Wohnzimmer. Alle Türen waren geschlossen. Ich machte auf der Schwelle Halt, ließ den Schlüsselring langsam um meinen Zeigefinger kreisen und wünschte mir nichts mehr, als wieder
    Duftkerzen zu riechen.
    Alle Möbel und Teppiche waren längst abtransportiert worden. Darauf hatte der Immobilienmakler als Erstes bestanden. Potenzielle Käufer legten keinen Wert auf blutgetränkte Flokatis und dreisitzige Sofas. Kelly hatte nichts dagegen gehabt, dass die Einrichtung weggebracht wurde, aber sie hatte darauf bestanden, dass die Schaukel dablieb. Als Nächstes hatten wir alle Blutspuren mit einem Dampfstrahler beseitigen lassen. Trotzdem hing der Blutgeruch noch immer in der Luft, davon war ich überzeugt: Der beklemmende, kupfrige Geschmack legte sich mir auf die Zunge und erschwerte mir das Atmen.
    Ich steckte Homer in eine Tasche meiner Lederjacke und wagte mich tiefer ins Haus hinein.
    Mein Puls beschleunigte sich, als ich an der
    Massivholztür zum Wohnzimmer vorbeikam. Dagegen
    war ich machtlos: Ich musste stehen bleiben und mich dieser Scheißtür zuwenden. Ich streckte sogar eine Hand nach der Klinke aus, aber dann sank sie kraftlos herab.
    Ich wusste, dass ich sie nicht öffnen konnte. Und dies war nicht die einzige Tür, bei der es mir so erging.
    Ich war einige Male zurückgekommen, um die Männer von der Spedition und das Reinigungspersonal zu
    beaufsichtigen, aber ich hatte es immer nur bis in die Küche geschafft. Zuletzt hatte ich diese Arbeit Josh überlassen müssen. Den Grund dafür, meine Angst vor den Türen, hatte ich ihm nie erzählt. Aber clever wie er war, wusste er

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