Nick Stone 06 - Feind ohne Namen
s?«
»Puh, das ist was für Josh und sein Bibelkolleg.«
Kelly runzelte die Stirn. »Nicht witzig, Nick. Ich weiß, dass es dir egal ist, was dir zustößt, aber mir ist’s nicht egal. Für mich ist es wichtig, verstehst du? Ich meine, was wäre, wenn Leute es auf dich abgesehen hätten, wie sie’s auf Daddy abgesehen hatten? Was würde dann aus mir werden?«
Ich ging vor ihr in die Hocke, sodass unsere Gesichter sich auf gleicher Höhe befanden. »Dann wäre immer noch Josh da. Die Kinder und er lieben dich.«
»Das weiß ich. Aber ich brauche dich, Nick. Mom hat Daddy und dich als ihre beiden starken Männer bezeichnet. Jetzt ist nur noch einer von euch übrig.« Sie ließ die Seile los und berührte mein Gesicht mit überraschend kalten Händen. »Wirst du mein starker Mann sein, Nick? Willst du?« Sie hatte Tränen in den Augen.
Bevor ich antworten konnte, ließ Kelly die Hände sinken und starrte wieder ihre Laufschuhe an, was nur gut war, weil ich keine Ahnung hatte, was ich hätte sagen sollen. »Es gibt nicht viele Orte, an denen ich mich sicher gefühlt habe, seit . nun, seit ich allein bin. Ich habe sie mir neulich mal durch den Kopf gehen lassen. Erstens dein Haus in Norfolk. Weißt du noch, wie wir das Zelt in meinem Zimmer aufgestellt haben? Weil wir keine Zeltheringe hatten, hast du’s einfach auf den Fußboden genagelt. Das war echt cool! Das hat mir gefallen. Zweitens das Haus hier - manchmal. Und ...« Sie sah mich kurz an. »Die Londoner Klinik, in die du mich gebracht hast .«
Ich drückte sanft ihre Schulter. »Dr. Hughes?«
Kelly nickte. »Sie hat alles verstanden.«
Als nun Schweigen herrschte, erkannte ich, dass es Zeit wurde, dass ich als ihr starker Mann fungierte. Josh hatte Recht. »Möchtest du noch mal über alles mit ihr reden?«
Ihr Blick leuchtete, als hätte ich einen Schalter umgelegt. »Könnte ich? Ich meine, wie?«
»Durch das zweifache Wunder von Flug und Mastercard. Wenn du willst, können wir morgen dort sein.«
»Aber ich soll am Freitag mit Josh zum Bibelkolleg fahren und ...«
Ich machte eine wegwerfende Handbewegung. »Kein Problem. Also, wir fliegen stattdessen nach England. Dafür hat Josh bestimmt Verständnis. Wir können deine Großeltern besuchen, du kannst mit Dr. Hughes sprechen, und wir können etwas Zeit miteinander verbringen, nur du und ich.«
Kelly fiel praktisch von dem Reifensitz, schlang die Arme um meinen Hals und drückte mir strahlend einen dicken Kuss auf die Wange. »Ich fühle mich schon besser.« Dann runzelte sie die Stirn. »Wie bist du hergekommen? Hat Josh dich hergefahren?«
»Yeah. Er ist unten bei den Geschäften und trinkt dort einen Kaffee.«
»Er weiß nichts von Disneyland, stimmt’s?«
»Das bleibt unser Geheimnis.« Ich grinste. »Wie bist du überhaupt hier reingekommen?«
»Ich habe mir den Schlüssel schon vor langer Zeit ausgeliehen und einen Nachschlüssel machen lassen, Dummkopf.« Sie lächelte über ihre eigene Raffiniertheit. »Okay, gehen wir?«
Wir machten noch einen Rundgang über das Grundstück, dann sperrten wir ab. Ein Vogel flog vom Rasen auf und schwang sich ins Himmelsblau, und ich rief Josh mit meinem Handy an, als wir aus der Einfahrt auf die Straße traten.
11
Bromley, England Donnerstag, 8. Mai, 9.10 Uhr
Kellys Großeltern standen vor ihrem Bungalow aus den achtziger Jahren unter dem kleinen Holzschild mit der Aufschrift »Zu den Platanen«. Carmen machte weiter Wirbel. »Habt ihr euren Hausschlüssel? Wir fahren später zu Safeway’s zum Einkaufen.«
Ich hielt ihn am Zeigefinger baumelnd hoch, während Kelly, deren Gesichtsausdruck so trüb wie das Wetter war, ihren Sicherheitsgurt anlegte. Dann ließ ich den Motor an, und sie winkten uns zum Abschied nach, als führen wir nicht nur für einen Tag, sondern für immer fort. Carmen war immer unruhig, wenn es um Abschiede ging. Offenbar hatte sie sich nie ganz von dem Schock erholt, dass ihre Schwester, ihre einzige nahe Verwandte, kurz nach Carmens Hochzeit in Australien Urlaub gemacht und dort Knall auf Fall einen Kerl aus Sydney geheiratet hatte, der das Geld für ein eigenes großes Haus hatte. Irgendwas in der Art - ich schaltete jedes Mal ab, wenn sie anfing, sich darüber zu beklagen, dass Jimmy nie wirklich genug verdient hatte, um sich ein ganzes Haus in Bromley leisten zu können.
Carmen und Jimmy hatten sich nicht im Geringsten verändert, seit ich sie vor mehreren Jahren zuletzt gesehen hatte, und in ihrem Leben schien sich
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