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Nicodemus

Nicodemus

Titel: Nicodemus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Charlton
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wirst du dich ungeahnten Gefahren aussetzen.«
    Das Ungeheuer zögerte, als müsste es über etwas nachdenken. »Von den Göttern haben nur wenige Taifons Anwesenheit gespürt. Die großen Götter und Göttinnen sind viel zu sehr damit beschäftigt, ihre Reiche zu regieren. Doch eine Handvoll unbedeutendere Gottheiten haben Taifon entdeckt und sich gegen ihn verbündet. Sie nennen sich die Allianz göttlicher Ketzer und sie haben ihrerseits versucht, Primus-Zauberschreiber hervorzubringen. Doch keiner deiner Verwandten hat das Kindesalter überlebt.«
    Fellwroth lachte auf. »Einfach jämmerlich, dieser fortwährende Krieg zwischen den Separatisten und der Allianz göttlicher Ketzer . Wir schlachten all ihre kaiserlichen Nachkommen ab und sie ermorden im Gegenzug unsere … das heißt, bis auf dich. Und eines muss man Taifon lassen, es war ein brillianter Zug von ihm, dir deine Gabe zu stehlen, statt dich großzuziehen und erst dann für unsere Zwecke zu gebrauchen. Und dann hat er dich auch noch als Kakograph getarnt. Nie würde die Allianz vermuten, dass sich hinter einem zurückgebliebenen Jungen ein Kaiserspross verbirgt.«
    Die Beine des Ungeheuers begannen zu zittern. »Ich erzähle es dir, damit du weißt, dass dich die Allianz ermordet, sobald sie von dir erfährt. Denk doch: Wenn sie dich umbringen, verliert der Smaragd seine Kraft und wir unsere Fähigkeit, in Primus zu schreiben und einen zweiten Drachen zu schaffen.«
    Fellwroths Beine zitterten nun so sehr, dass er sich kaum noch aufrecht halten konnte. »Du schwebst in weitaus größerer Gefahr, als du denkst. Mittlerweile hat die Allianz der Ketzer bestimmt von dir gehört. Was glaubst du eigentlich, von wem Deidre, diese Möchtegern-Druidin, geschickt wurde? Sobald sie die Gelegenheit hat, dich umzubringen,ohne dem Ansehen der Druiden auf dem Konzil zu schaden, wird sie es tun. Jetzt musst du es doch begreifen, Welpe. Ich bin deine einzige Hoffnung. Du musst dich mir anschließen.«
    Auf einmal fing Nicodemus’ Keloid wieder an zu brennen.
    Das Zittern in Fellwroths Beinen ließ nach. »Ich glaube …«, keuchte er und humpelte auf Nicodemus zu. »Ich spüre deine Anwesenheit.«
    Doch Laufen erwies sich als zu schwierig, und mit seiner fahlen Hand stützte Fellwroth sich am Boden ab.
    »Wenn ich dich doch nur sehen könnte«, grunzte er. »Welch geheimnisvolle Sprache verbirgt dich?«
    Langsam kam er wieder auf die Beine, sein Atem ging schwer. »Vielleicht sind dir die Separatisten auch so verhasst, sind dir jene, die dich geschaffen haben, so verhasst, dass du daran denkst, dich selbst zu töten, um uns so den Smaragd zu nehmen. Es macht keinen Unterschied. Ich habe schon alles in die Wege geleitet, und schon bald wirst du einen Vetter haben. Beizeiten werde ich einen weiteren kaiserlichen Nachfolger heranziehen. Du würdest dich also ganz umsonst opfern.«
    Das Ungeheuer kam herangeschlurft; es stand nur einen Fuß weit entfernt. Eines der nachtblauen Geschöpfe begann zu winseln.
    »Nicodemus«, keuchte Fellwroth, »schließe dich unserer Sache an, und der Lohn wird deine kühnsten Träume übertreffen. Du brauchst bloß nach Starhaven zurückkehren. Dort werde ich dich dann abholen.«
    Schwankend trat das Ungeheuer einen halben Schritt vor. Mit der Fußspitze berührte er fast Nicodemus’ Gesicht. Zwei der Nachtwesen wichen zurück.
    Gerade wollte Fellwroth noch einen Fuß vorsetzen, da traf ihn ein nachtblaues Tentakel am Schienbein. Der Mörder schwankte, taumelte rückwärts und fiel auf die Knie.
    Das Gesicht des Ungeheuers war von der Kapuze verhüllt, doch seine vernarbte linke Hand kam zum Vorschein und legte sich über die madenweiße Kehle.
    »Diesem Golem schwinden die Kräfte«, zischelte er. »Du hast dieWahl, Nicodemus. Ergib dich und du wirst dich gottgleicher Mächte erfreuen, oder widersetz dich und stirb.«
    Der Golem wurde von einem heftigen Husten geschüttelt. Die Kapuze rutschte und zum Vorschein kam eine lange, farblose Mähne. Wo die Stirn hätte sein sollen, funkelte ein Balken aus Numinus. Die Haut war weiß wie Papier. Er hatte ein zartes, schönes Gesicht – schmale Lippen, eine Stupsnase und große Augen.
    Ein neuerlicher Hustenanfall überkam ihn, und er stürzte, sein Kinn schlug direkt vor Nicodemus’ Nase auf.
    Eisengraue Flecken erschienen auf der Haut des Golems. Er sah Nicodemus direkt an, und seine Augen hatten weder eine weiße Iris noch eine schwarze Pupille. Sie waren blutrot mit schwarzen

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