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Nicodemus

Nicodemus

Titel: Nicodemus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Charlton
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efeubewachsenen Torbögen, niedrigen Türmen und zerfallenem Mauerwerk.
    Nicodemus staunte. Hier musste sich früher ein abgelegenes chthonisches Dorf befunden haben. Dabei hatte er doch gelesen, dass das Neosolare Heer während seiner Belagerung von Starhaven sämtliche Siedlungen dem Erdboden gleichgemacht hatte. Aber warum waren diese Ruinen durch einen Tarntext verborgen?
    Garkex sprach unterdessen eindringlich auf die anderen Wesen einund deutete dabei auf Nicodemus und den Index. Die anderen verneigten sich. Auf einmal zerfiel Garkex’ Arm in viele kleine, indigoblaue Runenwölkchen.
    »Ihr seid ja Geschöpfe!«, rief Nicodemus aus. »Geschrieben in der purpurnen Sprache des Index.«
    Der Feuertroll marschierte auf ihn zu und hielt ihm die ausgestreckte Hand entgegen. Zögernd legte Nicodemus seine Hand hinein. Garkex flüsterte ihm leise etwas zu und schüttelte seinen halb zerfallenen Arm. Ein glänzender Satz glitt aus dem Texttroll. Die violetten Worte landeten auf Nicodemus’ Handrücken und gruben sich ihm in die Haut.
    Er schrie auf und zog die Hand ruckartig zurück.
    Doch der Feuertroll wisperte sanft weiter und zeigte auf Nicodemus’ Arm. Voller Verwunderung stellte Nicodemus fest, dass der Satz ihm in die Haut tätowiert worden war.
    Er wusste, dass jede Zaubersprache sich nur in ein einziges Medium einschreiben konnte. Die einfachen magischen Sprachen und die der Zauberer verbanden sich nur mit Papier oder Pergament. Druiden hingegen schrieben ihre Hochsprachen ausschließlich in Holz; die Hohenschmiede wiederum ätzten ihre Zauber einzig in Metall. Und offenbar hatten sich die Schöpfer dieses violetten Idioms ihre Prosa in die Haut tätowiert.
    Garkex zerfiel allmählich in seine Runenteile, die sich in Nicodemus’ Unterarm ritzten. Auch wenn er keine Schmerzen dabei empfand, beobachtete Nicodemus doch mit einem gewissen Unbehagen, wie ihm der Text unter die Haut kroch.
    Am Ende betrachtete er die schwungvollen Schriftzeichen auf seinem Arm und seiner Hand doch mit Bewunderung. Als nächstes erschien Tamelkon vor ihm und schrieb sich in Nicodemus’ anderen Arm.
    Dann waren auf einmal alle Nachtwesen bei ihm und lösten sich auf, indem sie sich in seine Haut schrieben.
    »Moment mal«, sagte Nicodemus, dem plötzlich mulmig wurde. »Nicht so viele, ich …«, seine Stimme erstarb.
    Es war vorbei. Jedes einzelne der blauen Wesen war nun verschwunden.
    Nicodemus starrte auf seine Hände. Er hob das Gewand, um seine Schienbeine zu betrachten, und öffnete sogar den Kragen, um sich seine Brust zu besehen. Er war über und über mit fließender violetter Prosa bedeckt.
    »Ihr seid die Fantasiegestalten meiner Jugend«, sagte er, während er seine Handflächen inspizierte. »Wie kann ich euch also geschrieben haben? Diese purpurne Sprache habe ich doch erst vor ein paar Stunden gelernt, aber Garkex habe ich mir ausgedacht, da kam ich gerade mal in den Stimmbruch. Und bei Feal und Tamelkan hatte ich noch Pickel.«
    Er schüttelte den Kopf. Vielleicht hatte er ja doch den Verstand verloren. »Wie kann ich euch geschaffen haben?« Ein heller Schein ließ ihn aufsehen. Vor ihm schwebte ein purpurner Zauber in der Luft.
    »Wer hat ihn gewirkt?«, rief Nicodemus und sah sich nach dem Verfasser um. »Wer ist da?« Doch Nicodemus stand ganz alleine zwischen den Ruinen, nur das Rauschen des Windes war in den Bäumen zu hören.
    Der Zauberspruch trieb auf Nicodemus zu. Abwehrend hob er die Hände und trat einen Schritt zurück. Aber die purpurne Prosa hielt in der Luft inne und entfaltete sich in zwei Hälften.
    Nun war Nicodemus’ Neugier geweckt, und interessiert schielte er nach dem ersten Teil des Zaubers. Es war eine Anleitung, wie man den violetten Text in normale Schriftsprache übersetzen konnte.
    Damit kannte Nicodemus sich aus, da die Zauberer derartige Codes nutzten, um schweigend in Numinus miteinander zu kommunizieren.
    Der zweite Teil des Zaubers war offenbar verschlüsselt. Nicodemus griff danach und wendete den Übersetzungscode an. Die Übersetzung lautete: »Starhaven hat sie geschrieben.«
    Nicodemus stutzte, doch da fiel ihm seine Frage wieder ein: »Wie kann ich euch geschrieben haben?«
    Abermals packte ihn die Angst. »Wer hat diesen Zauber geschickt?«, wiederholte er und drehte sich erschrocken nach dem mysteriösen Schreiber um. »Wer ist da?«
    Kein Laut war zu vernehmen, doch als sich Nicodemus diesmal umdrehte, schwebte dort wieder ein purpurner Zauber in der Luft.
    Vorsichtig

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