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Nicodemus

Nicodemus

Titel: Nicodemus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Charlton
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wie Ihr und war überglücklich, in unserer Sprache keine Fehler zu machen. Er blieb über den ganzen Herbst und auch noch den Winter, schlief am Tag und studierte in der Nacht. Blass ist er geworden, und irgendwann war sein Körper mit wunderschönen Tätowierungen überzogen. Herrliche Geschöpfe hat er geschrieben, genau wie Ihr.«
    Nicodemus nickte. »Doch dann hat er von dem Bestiarium erfahren?«
    Lautlos seufzte Tulki und seine Schultern hoben und senkten sich dabei. »Und dann konnte ihn nichts anderes mehr zufrieden stellen,er musste darin lesen. Das Lesen selbst hat nur einen Moment gedauert. Er hat die Seiten berührt und ist dann zu Boden gefallen. Als wir ihn fragten, was geschehen sei, lachte er bloß. ›Kauderwelsch!‹, sagte er. ›Sie hat mir gezeigt, dass ich der Fehler bin, und mir das Wesen der Kakographie offenbart.‹«
    »Was hat er denn damit gemeint?«, fragte Nicodemus mit klopfendem Herzen.
    Tulki zuckte die Achseln. »Wir haben ihn gefragt, aber der Junge hat uns nur angeschrien. Sagte, das Buch hätte ihn mit dem Wissen bestraft, was Kakographie wirklich bedeutet und wer die Chthonen wirklich seien. ›Kauderwelsch!‹, rief er in einem fort. ›Alles Kauderwelsch!‹ Wir haben versucht, vernünftig mit ihm zu reden, doch er hat keine Antwort mehr gegeben. Am nächsten Abend war er verschwunden und ist nie wieder zurückgekehrt.«
    Als er zu Ende gelesen hatte, schluckte Nicodemus schwer. »Was soll das heißen ›das Wesen der Kakographie‹? Was hat er nur herausgefunden?«
    »Was schreibt der Geist?«, fragte Shannon.
    »Magister«, sagte Nicodemus barsch. »Das versuche ich gerade herauszufinden.«
    Der alte Linguist murmelte eine Entschuldigung.
    »Erzählt doch weiter«, drängte Nicodemus. »Was hat er über die Kakographie erfahren?«
    Wieder zuckte der Geist mit den Achseln. »Er hat es uns nicht verraten.«
    Nicodemus presste sich die kalten Fingerspitzen seiner rechten Hand gegen die Lippen und holte tief Luft. »Könnt Ihr Euch noch an seinen Namen erinnern?«
    Offensichtlich dachte Tulki darüber nach. »Ich glaube …«, schrieb er zögerlich . »Ich glaube, er hieß James Berr.«
    »Bei Los’ feurigem Blute«, fluchte Nicodemus leise. James Berr, die personifizierte bösartige Kakographie!
    Mit seinen großen bernsteinfarbenen Augen musterte ihn der Geist. »Er sah Euch ähnlich: schwarzes Haar, olivbrauner Teint, grüne Augen. War James Berr vielleicht einer Eurer Vorfahren?«
    »Nein!«
    Erschrocken fuhr der Geist zusammen. »Verzeiht mir. Habe ich Euch gekränkt?« Nicodemus überhörte die Frage. »Hat er Euch gesagt, warum er Starhaven verlassen hat?«
    Tulki schüttelte den Kopf. »Ich habe Euch alles gesagt, was ich weiß.«
    »Nicodemus, was hat dich denn so verstimmt?«, fragte Deidre.
    Nicodemus ging nicht auf sie ein, nach wie vor hatte er die Augen auf Tulki geheftet. »Aber was hat er aus dem Bestiarium über die Kakographie erfahren? Was hat er mit ›Alles Kauderwelsch‹ gemeint?«
    Abermals schüttelte der Geist den Kopf. »Ihr seid schon jetzt sehr aufgebracht. Es wird nichts Gutes dabei herauskommen, wenn Ihr Euch auf das Bestiarium einlasst.«
    Nicodemus schloss die Augen und holte zitternd Atem.
    »Nicodemus, bitte sag uns, was los ist«, bat Shannon.
    Mit geschlossenen Augen antwortete er: »Der Geist sagt, es sei möglicherweise gefährlich, im Bestiarium zu lesen. Wie gefährlich, kann er nicht genau sagen. Ich wollte es eigentlich vor Euch verheimlichen. Und ich sage es Euch jetzt nur, weil selbst Los mich nicht mehr davon abhalten könnte. Der letzte Mensch, der in dem Bestiarium gelesen hat, war auch ein Kakograph. Wie ich hatte auch er die chthonischen Sprachen erlernt. Er sah mir sogar ähnlich, und beim Lesen in diesem Folianten hat er etwas Wesentliches über die Kakographie erfahren.«
    Nicodemus wandte sich den dreien zu: drei sorgenvolle Gestalten im fahlen Mondlicht.
    »Ich habe schreckliche Angst«, gab er unumwunden zu. »Ich habe mit diesem Kakographen von damals viel gemein. Ich muss einfach herausfinden, wer er wirklich war und was er in dem Bestiarium entdeckt hat.«
    »Aber warum denn?«, wollte Deidre wissen.
    »Weil ich vielleicht genau bin wie er.«
    Nun ergriff Shannon das Wort. »Und wer war dieser andere Junge?«
    »James Berr.«
    Shannon und John zuckten zusammen, und Deidre sah verwirrtzwischen den beiden hin und her. Einen Moment lang herrschte Schweigen. Dann sagte Shannon: »Nicodemus, wenn auch nur die geringste

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