Nie mehr ohne deine Küsse
genau das war, zählte nicht, solange sie nur zusammen waren.
Wenn sie Hill Chase jetzt besuchten, schliefen sie nicht mehr in ihrem kleinen Apartment, sondern im Herrenhaus. Ethan hatte ihr gezeigt, wie man das Treppengeländer runterrutschte. Und sie war in den Genuss eines besonders märchenhaften Moments gekommen, als Ethan sie auf seinen Armen die Marmortreppe hinaufgetragen hatte.
Sie arbeitete nicht mehr im Stall, durfte die Pferde jedoch so oft reiten, wie sie mochte. Ethan hatte angeboten, ihr ein eigenes Pferd zu kaufen, aber sie hing zu sehr an den anderen Pferden.
Was sie jedoch mehr als alles andere überrascht hatte, war Ethans Liebe. Sie hatte sehr lange gebraucht, bis sie wirklich an sie glauben konnte. Aber inzwischen hatte sie alle Zweifel begraben. Und heute – in wenigen Minuten – würde sie ihn heiraten.
Unten warteten etwa zweihundert Gäste auf sie. Natürlich waren viele von ihnen entrüstet, dass Ethan ein einfaches Mädchen heiratete.
Aber das interessierte weder Ethan noch Lily.
Sie drehte sich ein letztes Mal, als ihr Handy klingelte.
„Kommst du nun runter, oder bist du da oben festgewachsen?“
Ethans gespielt brummiger Tonfall brachte sie zum Lachen. Sie hörte, wie unten das Streichquartett zu spielen begann.
„Ist es schon so weit?“
„Lily, du kommst du spät zu deiner eigenen Hochzeit.“
„Ich glaube, deine Uhr geht falsch.“
„Oder hast du etwa im letzten Moment kalte Füße bekommen?“, neckte er sie.
„Ich genieße bloß jeden einzelnen Moment.“
„Und ich verspreche dir, dass es sogar noch besser wird, wenn du jetzt runterkommst.“
„Hast du es etwa eilig, Ethan?“
„Oh, ja, ich kann es nicht erwarten.“
Ein freudiger Schauder erfasste sie, als sie die Aufrichtigkeit und leichte Anzüglichkeit in seiner Stimme hörte. Am liebsten hätte sie ihn in diesem Moment zu sich in ihr Zimmer zitiert.
„Ich bin schon unterwegs.“
In diesem Moment steckte auch schon ihre Hochzeitsplanerin Leslie den Kopf durch die Tür.
„Es ist so weit, Lily.“
„Ich bin fertig. Auf geht’s.“
„Du siehst wunderschön aus“, sagte Leslie voller Bewunderung. „Wie eine Prinzessin.“
„Ich fühle mich auch wie eine.“
Alle Augen waren auf sie gerichtet, als sie auf den Treppenabsatz trat und zu den Gästen unter ihr in der Empfangshalle hinabschaute.
Und dann sah sie Ethan, der am Fuß der Marmortreppe stand. Stark und gut aussehend und so wundervoll, dass ihre Knie weich wurden. War das wirklich kein Traum?
Ethan liebte sie. Obwohl sie ihm jede einzelne Sünde ihrer Vergangenheit gestanden hatte, jedes dunkle Geheimnis, das sie vergessen wollte. Ethan liebte sie dennoch und wollte sie heiraten. Und er hatte ihr dabei geholfen, ihre alten Wunden zu heilen. Sie hatte umgekehrt das Gleiche für ihn getan. Ihre Vergangenheit würde sie beide in der Zukunft nicht mehr belasten.
Realität und Happy End schlossen einander doch nicht aus.
Denn sie war heute die Cinderella.
Und am Fuß dieser strahlend glänzenden Marmortreppe wartete ihr Happy End auf sie.
– ENDE –
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