Nie wieder Ferienhaus
ein Gerät kaufen mussten, nur weil die beiden es durch Fußabdrücke auf den Betten und den Übergardinen schon faktisch in Besitz genommen hatten.
Es gab Wohnwagen, das wusste ich mittlerweile. Aber wie viele Ausprägungen der Spezies Wohnwagen es gab, das hätte ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht vorstellen können.
Es gab lange, extra lange, breite, extra breite, es gab sämtliche Einrichtungsstile, es gab sogar Wohnwagen, bei denen das Dach nach oben ausgestellt werden musste, und wenn man das Dach wieder einklappte, dann konnte man den Wohnwagen in die Garage stellen.
Das war natürlich eine prima Idee von dem Wohnwagenkonstrukteur, aber der hatte wahrscheinlich eine völlig andere Zielgruppe im Sinn. Eltern von zwei kleinen blonden Kindern dachten bei diesem Anblick nur amüsiert an ihre eigene Garage und schüttelten nachdenklich den Kopf.
Die Freunde von uns, die auch Kinder hatten (und wenn man Kinder hat, hat man nur noch Freunde, die auch Kinder haben!), die fuhren alle ihr Auto nicht mehr in die Garage, weil die Garage vom Fuhrpark der Kinder ausgebucht war. Zwei Bobbycars, zwei Roller, ein Fahrrad mit Stützrädern und ein Fahrrad bald nicht mehr mit Stützrädern, zwei Puky-Roller, einKickboard (Edda war noch zu klein für ein Kickboard, das würde sich spätestens zu Weihnachten ändern!) füllten so eine Garage. Und außerdem wollten wir den Wagen ja nicht kaufen, sondern nur mieten.
Es gab Wohnwagen, die hatten Polstergarnituren, dass sich Lisbeth II . da zum Tee niederlassen könnte, und manche hatten Betten, wie geschaffen, um Roger Whittaker für Autogrammkarten abzulichten.
Wir waren nahe dran aufzugeben. Und dann stand er da. Er hieß Knaus Südwind irgendwas, 540 oder 560, auf jeden Fall nicht über 1000! Der Wagen hatte vorne, also über der Deichsel, ein französisches Bett von durchaus brauchbaren Ausmaßen, daneben war eine Duschkabine, und davor konnte man eine Schiebetür zuziehen: weg! Kein Umbau, nicht jeden Morgen Betten bauen: weg!
In der Mitte war eine Sitzecke auf der einen Seite und eine kleine Küchenzeile auf der anderen Seite. Der Kühlschrank fasste achtzig Liter, das würde reichen für Margarine, Aufschnitt, Milch, zwei große Fanta und ein Sechserpack Bier. Es gab einen dreiflammigen Gasherd, auf dem man laut Prospekt Paul Bocuse durchaus Paroli bieten konnte! Dazu verfügte die Küche über einen Apothekerschrank. Das ist so eine Art Besenschrank, den man schubladenartig komplett ausziehen kann. Ich wusste beim besten Willen nicht, wofür so etwas gut sein konnte, aber Anne war völlig begeistert. Mir war klar, wenn wir uns jemals für einen Wohnwagen entscheiden würden, dann hätte dieser einen Apothekerschrank!
Im Heck des Wagens waren die Etagenbetten. Jedeshatte ein eigenes Fenster, es gab einen extra Kleiderschrank für die Kinder, und vor den Stockbetten gab es eine Schiebetür: weg!
Bei diesem Caravan musste man nicht Betten bauen, die blieben einfach stehen, und wenn man keine Lust hatte, Kissen zu ordnen, dann hatte man halt die Schiebetüren. Die Polster sahen lustig aus, es gab keinen Sand fressenden Teppichboden – das war er!
Die kompetenten Verkaufsberater mussten sich irgendwo anders in diesem Labyrinth von Wohnwagen aufhalten, aber Frau Winterscheid saß im Büro. Sie schraubte sich gerade eine Zigarette in eine Zigarettenspitze.
»Dieser Knaus Südwind 540 oder 560, auf jeden Fall unter 1000, den würden wir gerne mieten!«
Es hatte durchaus Stil, und auch der Argumentationsweg der Absage war durchaus nachvollziehbar: »Mir vermiete nur bis fünnef Meter! De jroßen Dinger künnen Se nur kaufen!«
Genau das wollten wir aber nicht.
Das war der erste Strich in unserer Liste. Aber ich hatte ja noch drei Tage Urlaub. Am nächsten Tag waren wir bei einem Fendt-Hobby-Bürstner-Händler und haben ihm unseren Wunsch-Grundriss geschildert. Französisches Bett, zwei Stockbetten und zwei Schiebetüren, und jetzt schien uns das Glück sogar besonders hold zu sein: Einen Wohnwagen mit ähnlichem Grundriss hatte er sogar »gebraucht«!
Der Wagen war laut Verkäufer nur ein einziges Mal gezogen worden. Dann hatte die Familie sich entschlossen, doch lieber wieder im Hotel Urlaubzu machen. Frohen Mutes betraten wir die ziehbare Kemenate. Ich hätte nicht geglaubt, dass man einen Wohnwagen in einem Urlaub derart zugrunde richten konnte. Der war nicht schmutzig, der war schmierig. »O.K ., der Wagen ist nicht mehr neu, aber ich könnte ihn tausend
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