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Nie Wirst Du Entkommen

Nie Wirst Du Entkommen

Titel: Nie Wirst Du Entkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Rose
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diesem Fall?«
    »Nein, in einem anderen, an dem ich arbeite.«
    Sie nickte kleinlaut. »Der kleine Junge, dessen Autopsiebericht ich gestern Morgen auf Ihrem Tisch gesehen habe.«
    »Ja.« Er war stolz, dass er das Wort an dem Klumpen in seiner Kehle vorbeidrücken konnte.
    Sie verzog traurig die Lippen, und Aidan knirschte mit den Zähnen. Diese Frau hatte Lippen, die geradezu danach schrien, geküsst zu werden. »Tut mir leid«, sagte sie leise. »Darf ich Ihnen etwas auf die Hand tun? Es sieht ziemlich böse aus.« Als er zögerte, zwang sie diese vollen Lippen zu einem Lächeln. »Ich bin Ärztin, müssen Sie wissen.«
    Er sollte gehen. Sofort. Aber seine Füße wollten nicht. »Ja, das sind Sie wohl. Ich vergesse immer, dass auch Psychiater in die Kategorie Dr. med. gehören.«
    »Das vergessen die meisten.« Sie ging in die Küche und kehrte mit einem Erste-Hilfe-Koffer zurück. »Aber ich habe genauso Medizin studiert wie alle anderen Ärzte. Dabei habe ich auch Jonathan Carter kennengelernt. Wir sind schon lange befreundet.« Ihr Kopf senkte sich über seine Hand, und ihr Haar fiel wie ein schwarzer, welliger Vorhang über ihr Gesicht. Im Nacken war das Haar noch immer feucht, und der Duft des Shampoos, der von dort aufstieg, peinigte seine Nase. Es bedurfte keine außerordentlichen deduktiven Fähigkeiten, um zu folgern, dass sie geduscht hatte, was darauf schließen ließ, dass sie eben unter dem Hausmantel nackt gewesen war. Er biss fest die Zähne zusammen, als ungewollt das Bild ihres schönen Körpers, nass und eingeseift, vor seinem inneren Auge auftauchte.
    »Er meint, er müsse mich beschützen«, fuhr sie fort und sah wieder zu ihm auf. Ihre Wangen wurden plötzlich rot, und was immer sie noch hatte sagen wollen, blieb ihr in der Kehle stecken. Hastig senkte sie wieder den Blick und räusperte sich. »Tja …« Sie holte ein paarmal tief Atem. »Wenigstens ist kein Dreck reingekommen. Achtung. Das kann jetzt ein bisschen brennen.«
    Das tat es, aber das Brennen fand an ganz, ganz anderer Stelle statt. »Der Kerl hat mir ein Bier ins Gesicht geschüttet, so dass ich duschen musste, sobald ich ihn abgeliefert hatte. Dabei habe ich die Wunde gereinigt.«
    Ihr heiseres, leises Lachen sandte ihm einen Schauder den Rücken herab, und seine Hand zuckte automatisch. Sie verharrte einen Moment lang, dann betupfte sie die Schramme erneut. »Heißt es nicht, dass Bier gut für den Teint ist?« Sie wickelte eine Mullbinde um die Knöchel und befestigte sie mit Pflaster. Dann trat sie zurück und betrachtete ihn, der Blick nun wieder kühl. Vor zwei Tagen noch hatte er geglaubt, dass dieser Blick ihre Emotionslosigkeit verriet. Jetzt wusste er, dass sie sich nur dahinter verbarg. Das Wissen, dass sie diesen Schutz brauchte, weckte in ihm den Wunsch, Dinge zu tun, die er keinesfalls tun sollte. »Sehen Sie zu, dass die Wunde trocken bleibt«, murmelte sie. »Ich denke, Sie werden es überleben.«
    Aidan hielt den Umschlag in seiner Hand hoch. »Ich werde mich um die Briefe kümmern. Haben Sie noch weitere Anrufe erhalten?«
    »Nein.«
    »Wären Sie gewillt, uns Ihre Leitung anzapfen zu lassen, so dass wir mithören können, falls noch etwas kommt?«
    Sie schwieg einen Moment. »Ja. Machen Sie es. Ich unterschreibe die Erlaubnis. Aber nur für meinen Privatanschluss. Nicht für die Praxis.«
    Das war mehr, als er gehofft hatte. »Wir brauchen außerdem eine Stimmprobe von Ihnen, um sie mit der Nachricht auf Adams’ Anrufbeantworter zu vergleichen.«
    »Ich komme morgen früh rein. Meine ersten beiden Termine sind abgesagt worden.«
    »Das tut mir leid.«
    Sie hob die Schultern. »Es war zu erwarten. Nach dem Artikel im
Bulletin.
«
    Er hatte das Thema Patientenkartei lange genug vor sich hergeschoben, und mit einem Seufzen verfluchte er im Stillen Todd Murphy. »Es kann wieder passieren. Das wissen Sie.«
    Ihr Kinn kam hoch, aber ihr Blick blieb kühl. »Ja, ich weiß.«
    »Es ist wichtig, dass wir den nächsten Schachzug voraussehen können. Ich muss Sie um Ihre Patientenkartei bitten.«
    Sie zuckte mit keiner Wimper. »Sie wissen, dass ich das nicht machen kann. Die Vertraulichkeit, die meine Patienten erwarten, ist nicht einfach eine nette Geste meinerseits. Es ist Gesetz, Detective.«
    Sie klang nicht verärgert, dachte er. Eher resigniert, als hätte sie die Forderung schon lange erwartet. »Sie haben uns aber von Winslow und Adams erzählt.«
    »Ich darf Informationen preisgeben, wenn es zur Aufklärung

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