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Nie Wirst Du Entkommen

Nie Wirst Du Entkommen

Titel: Nie Wirst Du Entkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Rose
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unterzeichnet. Meistens waren es Beleidigungen, Beschimpfungen. ›Babymörder‹, ›Copkiller‹ … so was eben.« Damals hatte sie das schwer getroffen. Und es tat noch immer weh. »Einer oder eine schrieb mehr als nur einen Brief. Darin stand, dass es mir noch leidtun würde. Einen Monat später erfuhr ich hochoffiziell, dass mein Vertrag mit der Stadt nicht verlängert werden würde. Und ich dachte, darum sei es gegangen. Irgendwer warf mir einen Stein durch das Autofenster, als ich einkaufen fuhr, aber ich habe niemanden gesehen. Und dachte, auch das sei in dem Brief gemeint gewesen.«
    Reagan schaute wütend auf. »Haben Sie Anzeige erstattet?«
    »Wegen des Fensters ja, aber die Briefe habe ich nicht gemeldet. Es gab keine direkte Bedrohung.«
    »Haben Sie die Briefe noch?«
    »Irgendwo, ja. Tut mir leid, ich kann im Augenblick nicht wirklich geradeaus denken.«
    »Schon gut«, sagte er ruhig. »Lassen Sie sich Zeit.« Er nahm die Weinflasche. »Wollen Sie noch etwas?«
    »Nein.« Sie zwang sich, sich auf die Briefe zu konzentrieren, sich zu erinnern, wie sie sie bekommen hatte, was sie damit getan hatte. »Moment. Ich weiß wieder, wo die Briefe sein müssen.«
    Aidan sah zu, wie sie sich zurückzog, und ballte die Hände an den Seiten zu Fäusten. Er wusste, dass er ihren Geruch an seinen Handflächen wahrnehmen würde, wenn er dem Bedürfnis nachgab, sich das Gesicht zu reiben. Die letzten fünfzehn Minuten hatten zweifelsfrei bewiesen, dass er ein beherrschter Mensch war. Aus dem Aufzug zu steigen und sie in diesem roten Seidenmorgenmantel zu sehen, hatte ihn in einem Sekundenbruchteil in einen Zustand purer Lust versetzt. Zu sehen, wie sie sich auf Zehenspitzen stellte und diesen blonden Kerl küsste, hatte in ihm eine glühende Eifersucht geweckt, die einen Moment lang sein Gehirn vernebelt hatte.
    Sie sagen zu hören, dass der Chirurg nicht ihr Freund war, hatte in ihm den Wunsch geweckt, sie an sich zu ziehen und herauszufinden, ob dieser lange Blick im Treppenhaus für sie dieselbe Bedeutung gehabt hatte wie für ihn.
    Allein die Hände auf ihre Schultern zu legen, hatte ihn nach mehr gieren lassen. Wenn er sie so berührte, wie er es gerne gewollt hätte …
    Aber natürlich hatte er das nicht, und er würde es auch nicht. Er sah sich in ihrer Wohnung um. Das Haus lag im schickeren Abschnitt der Michigan Avenue, und die Behausung musste mindestens eine satte Million gekostet haben, die Möbel und die Kunst, die seine Schwester Annie, Innendekorateurin, in Entzückensschreie ausbrechen lassen würde, nicht eingerechnet. Eine Frau, die an einen solchen Lebensstandard gewohnt war, wollte mehr, als Aidan Reagan geben konnte. Er hatte es auf die harte Tour lernen müssen. Gebranntes Kind …
    Der Gedanke verpuffte mitsamt dem letzten Tropfen Feuchtigkeit in seiner Kehle.
    »Ich habe sie.« Ciccotelli tauchte mit einem großen braunen Umschlag in der Hand auf, dessen Klebestreifen sie gerade mit der Zunge anleckte, und Aidans Vitalfunktionen legten einen Kavaliersstart hin.
    Er zwang seine Hand, nur nach dem Umschlag zu greifen – und wurde ausgebremst.
    »Was haben Sie denn gemacht?« Ihr Ausruf warf ihn völlig aus der Bahn. Ihre Hand auf seiner tat ein Übriges.
    Aidan sog die Luft ein. Seine Fingerknöchel waren aufgeschrammt und blutig, und schuld daran war einer der elenden Freunde von Danny Morris’ Vater … Danny Morris’ Vater, der in Verdacht stand, seinen Sohn erstickt und ihn dann eine Treppe hinuntergeworfen zu haben. Aidan war auf dem Weg zu Tess in Morris’ Stammkneipe gewesen. Morris’ elender Freund saß nun in einer Ausnüchterungszelle, nachdem er im betrunkenen Zustand versucht hatte, sich mit Aidan zu prügeln. Morris selbst war noch immer wie vom Erdboden verschluckt. Seine Frau trug ein frisches Veilchen zur Schau, stritt aber immer noch ab, dass ihr Mann etwas mit dem Tod ihres Sohnes zu tun hatte.
    Und Tess Ciccotelli hielt noch immer seine Hand.
    »Ich hatte eine Kollision mit einer Mauer«, sagte er, schockiert, dass seine Stimme noch normal klang. Sein Herz tat das jedenfalls nicht. Er versuchte, sich von ihr loszumachen, aber sie hielt fest. Als sie aufsah, entdeckte er Sorge in ihren dunklen Augen.
    »Eine Mauer, die wie ein Gesicht aussah?«
    »Nein. Es war wirklich eine Mauer. Ein Verdächtiger hat Widerstand geleistet, und ich habe mir die Hand aufgeschrammt, als ich versuchte, ihn festzunehmen.« Er zog wieder, und sie ließ los.
    »War es ein Verdächtiger in

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