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Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Titel: Niederschlag - ein Wyatt-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PULP MASTER Frank Nowatzki Verlag GbR
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können, mit einem gezielten Schuss in den Gehirnkasten, als der kleine Pisser bei Chaffey hatte einsteigen wollen, aber im Garten nebenan hatte ein Nachbar herumgewerkelt, also hatte Steer beschlossen, Raymond zu verfolgen, in der Hoffnung, er führe ihn zu seinem Onkel.
    Stattdessen hatte er ihn in ein Kaff an der Küste geführt und zu Quincy und Quincys Schiff.
    Nach Steers unvermutetem Auftauchen hatte Raymond seine Fassung rasch wiedergewonnen. Er hatte geschluckt, eine erleichterte, fast schon entschuldigende Miene aufgesetzt und gesagt: »Steer? Tony? Nein Gott, Mann, ich habe gedacht, du wärst längst über alle Berge. Ich meine, als du nicht zurückgekommen bist, haben Denise und ich — «
    Steer hatte ihn seelenruhig unterbrochen: »Haben du und Denise was?«
    Â»Nun, wir haben gedacht, das war’s jetzt, du hast dich entschlossen, allein abzuhauen.«
    Â»Habt ihr gedacht?«
    Raymond hatte erneut geschluckt. Quincy hatte mit verschlafenem Blick abseits gestanden, eine Kippe im Mundwinkel und ein Tau in der Hand. Er hatte den Kopf gedreht, bemüht, so viel wie möglich von der Unterhaltung mitzubekommen.
    Â»Ja«, hatte Raymond erwidert. »Denise war derart neben der Spur. Hat gedacht, alles ist vorbei. ›Ich seh ihn nie wieder, er hat mich sitzen lassen‹, hat sie gemeint.«
    Â»Ich wurde aufgehalten.«
    Raymond war es gelungen, zu lachen. »Gut zu wissen, dass du okay bist.«
    Steer hatte Raymond ausdruckslos ein paar Sekunden beobachtet, hatte sich gefragt, auf welche Weise der kleine Scheißer die Sache hinbiegen würde.
    Â»Sie war neben der Spur?«
    Raymond hatte mit Nachdruck genickt. »Würde ich schon sagen. Einfach untröstlich. Am Ende ist sie einfach verschwunden.«
    Â»Tatsächlich?«
    Â»Ja. Sie hat gewusst, dass man sie verhaftet, wenn sie zu Hause auftaucht. Sie hat davon gesprochen, sich irgendwo in den Norden absetzen zu wollen.«
    Â»Was du nicht sagst.«
    Steers Gelassenheit hatte Raymond ermutigt und so hatte er das Heft in die Hand genommen. »Junge, hier kannst du nicht bleiben. Außerdem hast du das Schiff verpasst, das Chaffey für dich klargemacht hat. Ich weiß auch nicht, was ich jetzt vorschlagen soll.«
    Â»Das hier ist ein Schiff«, hatte Steer erwidert.
    Â»Hab völlig die Etikette vergessen«, hatte Raymond gemeint und auf den Skipper gezeigt. »Das ist Quincy. Es ist sein Kahn.«
    Â»Quincy.«
    Â»Wie der in der Fernsehserie«, hatte Quincy gesagt.
    Raymond hatte die Stirn gerunzelt, sichtlich verwirrt über den Vergleich, doch Steer war im Bilde gewesen. Dort, wo Steer sich aufgehalten hatte, waren Wiederholungen von Quincy immer populär gewesen — im Gefängnis von Long Bay, in Bathurst und in Yatala. Alle Männer hatten gehofft, der Gerichtsmediziner werde den Killer überführen, gleichzeitig aber hatten sie gehofft zu lernen, wie man einen Mord wie einen Selbstmord oder Unfall aussehen lassen konnte.
    Â»Was meinst du, Quincy?«, hatte Raymond gefragt. »Kann die Schüssel meinen Kumpel nach Neuseeland bringen?«
    Quincy war es gelungen, listig dreinzublicken. »Kostet ihn aber was.«
    Â»Kein Problem«, hatte Steer gesagt. »Zwischenfrage: Wo wollt ihr eigentlich hin?«
    Raymond hatte den Reißverschluss der roten Thomas-Cook-Tasche aufgezogen. »Wirf mal ’nen Blick rein.«
    Alte Münzen und Edelmetallbarren, sedimentverkrustet.
    Â»Das Zeug stammt von einem Wrack draußen bei den Cornwall-Inseln. Quincy bringt mich dorthin. Hoffentlich kommen wir nicht zu spät. Willst du einsteigen bei dem Deal?«
    Für Steer war Raymonds Vorhaben durchsichtig wie Glas gewesen: Lenk Steer von Denise ab und bring ihn hinaus auf hohe See, wo zwei gegen einen standen. »Klar doch«, hatte er geantwortet.
    Und jetzt stand er am Bug — vor drei Stunden hatten sie in Westernport losgemacht —, legte den Kopf in den Nacken, ließ sich buchstäblich den Wind um die Nase wehen, derweil Quincy im Ruderhaus stand und Raymond, über die Reling gebeugt, kotzte, was das Zeug hielt.
    Aus der Ausrichtung des Bugs zur Küstenlinie und den reglosen Wolken am Horizont schloss Steer, dass Quincy ein paar Grad nach Steuerbord gedreht hatte. Quincy schien desinteressiert an allem. Vermutlich wurde er für illegales Seeschnecken-Tauchen angeheuert oder verdiente sich etwas dazu, indem er ab und zu ein paar

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