Niederschlag - ein Wyatt-Roman
Häuser einbrechen oder Autos stehlen? Sollte er seinen Onkel verraten oder nicht? Sollte er Denise Meickle erschieÃen oder ihr nur ins Gesicht schlagen, damit sie den Mund hielt?
»Wird er hinter dir her sein, Wyatt?«
»Darauf würde ich wetten.«
SECHSUNDDREIÃIG
Es war ein seltsames Gefühl, sie im Haus zu wissen. Wyatt ging hinaus, um einen Spaziergang zum Bach, zu den nahe gelegenen Schluchten und Bäumen zu machen, um sich bestimmte Charakteristika einzuprägen: Fallen, Orte, an denen man sich verstecken konnte, Orte für einen Hinterhalt. Die ganze Zeit über spürte er, wie sie ihn zurück ins Haus zog.
Als Wyatt durch die Tür trat, umfing ihn ein Hitzeschwall. Im Kamin prasselte ein Feuer und neben dem Kamin lag ein Durcheinander frisch gehackter Holzscheite. Er sah sich um. Er war kein unordentlicher Mensch, also hatte es nicht viel gegeben, worum man sich hätte kümmern müssen, aber am Beispiel einer akkurat zusammengefalteten alten Zeitung oder an den FuÃabdrücken auf dem ansonsten aufgerichteten Teppichflor sah er, dass Liz Redding das Haus sauber gemacht und gesaugt hatte.
Als er sich dem offenen Feuer näherte, umfing er Liz mit einem kurzen, prüfenden Blick. Hingelümmelt in einen Sessel, in einem schwarzen Trainingsanzug und mit dicken Socken an den FüÃen, das Haar wie statisch aufgeladen und glänzend im Widerschein des Feuers, sah auch Liz wie sauber geschrubbt aus und sehr entspannt. Am Ende des Kaminsimses stand eine Tasse mit Untertasse, darin ein Rest dünnen, schwarzen Tees. Er beugte sich hinunter, um Liz zu küssen.
Ihre Wange war kühl. Sie räusperte sich. Doch als sie sich aufrichtete, bekam ihre Gelassenheit Sprünge. Verlegen veränderte sie ihre Sitzposition, als wäre ihr bewusst, dass sie sich einen warmen, häuslichen Kokon geschaffen hatte, doch in Wirklichkeit weit weg war von zu Hause und von jeglicher Sicherheit.
Sie wandte sich ab und richtete ihren Blick auf den Kamin. Wyatt ging hinüber zu einer alten Anrichte und öffnete eine neue Flasche Scotch. Er füllte ein Glas gut zwei Finger breit, stellte es auf dem Kaminsims ab und wollte das Zweier-Sofa in Richtung Kamin drehen. Doch er stolperte, der Raum begann zu schwanken und das Sofa kippte mit Wyatt zu Boden.
Er hatte nur den Wunsch, liegen bleiben zu können, warm und sicher, bis sich das Summen und der Nebel verflüchtigt hatten, aber Liz nahm seinen Kopf in ihre warmen Hände. »Du darfst keine abrupten Bewegungen machen. Soll ich einen Arzt holen?« Ihre Hände spannten sich an, sie versetzte ihm ein paar Ohrfeigen. »Aufwachen!«
Wyatt rollte sich auf die Seite, rappelte sich hoch und stellte auch das Sofa wieder auf. Er lieà sich hineinfallen, dann erinnerte er sich seines Drinks.
Liz stieà ihn zurück. »Bleib liegen, ich hol ihn.«
Wyatt nutzte die Wirkung des Scotchs, um in einen Zustand abzudriften, der die Strapazen vergessen machte. Liz, die unschlüssig umherging, sank schlieÃlich in einen Sessel, als sie Wyatts mattes Lächeln sah und die Verletzlichkeit, die die gewohnte Kälte seines verschlossenen Blickes ersetzt hatte. Sie starrte auf seinen Kopf.
»Du brauchst einen Arzt.« Als er nicht reagierte, seufzte sie. »Zumindest solltest du dich etwas ausruhen.«
»Du hast Recht.«
Nach einer Weile sagte sie ein wenig beklommen: »Ich habe nicht den Eindruck, dass du mich um dich haben willst.«
Wyatt sagte nichts. Abgesehen vom Schlaf, wusste er nicht, was er wollte. Er fühlte sich sicher, geborgen, ein weiteres Kapitel war abgeschlossen. Als die Wirkung des Scotchs sich mehr entfaltete, tauchte unaufgefordert der Gedanke auf, dass er Liz sehr wohl um sich haben wollte.
Dann registrierte er, dass sie sich neben ihn setzte, spürte ihren warmen Schenkel neben seinem. Wyatt veränderte seine Position und sah im Licht des Feuers, dass Liz ihn beobachtete. Ãberrascht von seiner Begierde, von ihrer Intensität und Plötzlichkeit, umklammerte er ihren Nacken. Sie zitterte. Sie landeten auf dem Teppich und es lag etwas Verzweifeltes in ihrer Art sich zu lieben, Wyatt gab und nahm und empfand es als Befreiung.
Doch als es vorbei war, stellte sich Ernüchterung ein. Sie kannten einander nicht, empfanden Verlangen füreinander und Respekt, waren beide auf der Flucht vor dem Gesetz, aber noch genügte das nicht. Er las es in ihrem Gesicht, dass
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