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Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Titel: Niederschlag - ein Wyatt-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PULP MASTER Frank Nowatzki Verlag GbR
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sie das Bedürfnis nach Distanz, nach Rückzug mit ihm teilte. Ihre Traurigkeit kam seiner gleich. Als dieses Gefühl schwand, gingen sie zu Bett. Wyatt fragte sich, ob sie noch da sein werde, wenn er am Morgen erwachte.
    Auch das war traurig.
    Aber wenn sie da wäre — falls er sie nicht fortgetrieben oder ihr das Gefühl gegeben hatte, sie müsse gehen —, dann musste er einen Weg finden, ihr zu vermitteln, dass er wolle, dass sie bleibe. Er fragte sich, wie die anderen das machten. Sprachen sie es offen aus? Für gewöhnlich teilte er seine Gefühle genauso mit, aber war das überhaupt ausreichend?
    Sie war noch da, als er um vier Uhr morgens aufwachte. Mondlicht erhellte das Haus, also brauchte er das Licht nicht anzuschalten. Er tappte nackt in die Küche, trank ein Glas Wasser und stand versonnen am Fenster. Vermutlich rettete ihm das das Leben, denn wäre sein Blick nicht so über das offene, mondbeschienene Gelände geschweift, ohne festen Bezugspunkt, hätte Wyatt das Flimmern am Ende des Baumgürtels, der das Haus von der Straße abschirmte, niemals ausgemacht. Es war schwach und wiederholte sich nicht, es hatte etwas Verstohlenes, aber es hatte nichts von den Bewegungen eines nachtaktiven Tiers.
    Wyatt trat vom Fenster weg und ging schnell zurück ins Schlafzimmer. Er hielt Liz den Mund zu, wartete erst, bis sie aufwachte, sich instinktiv wehrte und dann nachgab, bevor er flüsterte: »Wir haben Besuch.«
    Sie stemmte sich gegen seine Hand. Er ließ sie los. »Wer?«, wollte sie wissen.
    Â»Sprich leise. Ich weiß nicht, ob sie hinter dir oder hinter mir her sind. Sie zeigen sich nicht.«
    Ganz in der Nähe knackte es. »Versteck dich im Kleiderschrank«, zischte Wyatt ihr zu.
    Liz stieß die Bettdecke weg und eilte quer durchs Zimmer. Sie hatte weder Fragen noch Einwände, nur stellte Wyatt fest, dass sie sich wieder angezogen hatte, während er geschlafen hatte.
    Das erinnerte ihn daran, dass er nackt war. Rasch schlüpfte er in Jeans und Wanderstiefel und streifte ein Sweatshirt über. Anschließend kauerte er sich auf den Boden, um den Revolver zu lösen, einen .38er, den er an der Unterseite des Bettes versteckt hatte. Nach einem kurzen Moment des Nachdenkens stopfte er umherliegende Kissen unter das Bettzeug, um den Eindruck zu erwecken, es schlafe jemand im Bett. Als Letztes platzierte er ein dunkles Taschentuch auf eines der Kissen.
    Wyatt wünschte sich nur mehr Zeit, um sich mit dem Haus unter dem Gesichtspunkt der Verteidigung beschäftigen zu können. Er wusste, wie er daraus entkommen konnte — Zimmer, Türen, Fenster, ihre Lage und Position waren in seinem Kopf gespeichert —, aber wie das Haus einsetzen? Er ging in sich, um sich die Bereiche zu vergegenwärtigen, wo wenig Licht — ob natürlich oder künstlich — eindrang. Es gab einige: zwischen der Küchentür und dem Kühlschrank, hinter der Couch ...
    Ihm lief die Zeit davon. Im Flur, in der Nähe des Schlafzimmers, waren Schritte zu hören. Wyatt rollte sich über den Teppich bis zur Wand. Er lag flach ausgestreckt, verlagerte sein Gewicht auf Bauch und Ellbogen und richtete den .38er auf die offene Tür.
    Es hätte funktionieren können, wäre der Schütze ein Draufgänger gewesen. Wyatt wünschte ihn sich im Türrahmen, sogar mitten im Zimmer, aber was er bekam, war der kurze Anblick eines Gewehrlaufes. Er hatte es mit einem Sturmgewehr und einem Mann zu tun, der zu vorsichtig war, um sich als Zielscheibe zu präsentieren. Wyatt sah den Lauf, drückte einen Schuss aus seinem .38er, dann brach ein Inferno los und Wyatt platzten fast die Trommelfelle im ohrenbetäubenden Stottern einer Automatik. Doch im Mündungsfeuer hatte er ein Gesicht gesehen. Es war Steer, der gekommen war, um mit ihm abzurechnen, nicht Raymond.

    SIEBENUNDDREIßIG

    Sein Auftritt an Deck von Quincys Trawler und sein Kommando »Stehen bleiben!« hatten Steer die Genugtuung beschert, auf einen vor Furcht schlotternden Raymond zu treffen, der sich fast in die Hosen gepinkelt hätte.
    Dann, ein paar Stunden später — der Schlepper war die ganze Zeit durch schwere See gepflügt —, sah er einen sich krümmenden, seekranken Raymond und auch das war Genugtuung, zwar nicht die ultimative — die sollte noch kommen —, aber Genugtuung. Steer hätte Raymond bereits in Melbourne wegpusten

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