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Niels Bohr - Physiker und Philosoph des Atomzeitalters

Niels Bohr - Physiker und Philosoph des Atomzeitalters

Titel: Niels Bohr - Physiker und Philosoph des Atomzeitalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Peter Fischer
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mit dem Ehepaar Bohr zu berichten. In Kriegszeiten kann aber selbst die Erwähnung von harmlosen Namen verdächtig vorkommen und als Übertragung einer geheimen Nachricht gedeutet werden.
    In Deutschland hatte man rascher reagiert als in England. So war Werner Heisenberg bereits Ende September 1939 vom Heereswaffenamt zu einem Treffen der führenden deutschen Kernforscher eingeladen worden, die sich bald in Form eines Uranvereins organisierten. Außerdem gab es Gerüchte um erste ernsthafte Bemühungen der Nationalsozialisten, sich die Uranvorräte etwa in Böhmen und Belgien zu sichern.
    Als Einstein diese Information in Amerika erhielt, wurde ihm die Bedrohlichkeit der Lage klar, und er beschloss, den heute berühmten Brief an den amerikanischen Präsidenten Roosevelt zu schicken. Er brachte die USA dazu, das umfassende Manhattan-Projekt in die Wege zu leiten, das sein Ziel einer einsatzfähigen Atombombe in der Mitte der 1940er Jahre erreicht hat. Einstein verfasste sein folgenreiches Schreiben vom 2. August 1939 zusammen mit dem ungarischen Physiker Leo Szilard (1898–1964), der als Erster die
oben skizzierte Möglichkeit einer nuklearen Kettenreaktion erahnt und die Gefahren der zeitgenössischen Wissenschaft erkannt hatte. In Einsteins Brief an Roosevelt heißt es unter anderem:
    Einige mir im Manuskript vorliegende neue Arbeiten von E. Fermi und L. Szilard lassen mich annehmen, dass das Element Uran in eine neue wichtige Energiequelle verwandelt werden könnte... Im Laufe der letzten vier Monate wurde... die Möglichkeit geschaffen, in einer großen Uranmenge atomare Kettenreaktionen zu erzeugen, wodurch gewaltige Energiemengen... ausgelöst würden.
    Das neue Phänomen würde auch zum Bau von Bomben führen, und es ist denkbar – obwohl weniger sicher –, dass auf diesem Wege neuartige Bomben von höchster Detonationsgewalt hergestellt werden können. Eine einzige Bombe dieser Art, auf einem Schiff befördert oder in einem Hafen explodiert, könnte unter Umständen den ganzen Hafen und Teile der umliegenden Gebiete völlig vernichten. Möglicherweise würden solche Bomben infolge ihres Gewichts den Transport auf dem Luftweg ausschließen . . .
    Im Hinblick auf diese Situation mögen Sie es für wünschenswert erachten, dass ein ständiger Kontakt zwischen der Regierung und der Gruppe von Physikern in Amerika hergestellt wird, die an dem Zustandekommen der Kettenreaktion arbeiten . . .
    Ihr sehr ergebener Albert Einstein.
    Roosevelt antwortete Einstein am 19. Oktober 1939, indem er ihm mitteilte: »Ich habe einen Ausschuss ins Leben gerufen, bestehend aus dem Chef des Bureau of Standards und Vertretern des Heeres und der Flotte, um die von Ihnen angedeuteten, das Element Uran betreffenden Möglichkeiten gründlich zu prüfen.«
    Mit anderen Worten, die Entwicklung, die zur Atombombe führen sollte, war in Gang gekommen, offenbar unaufhaltsam.
    Es wird oft gefragt, ob es eine Möglichkeit gegeben hätte, die Entwicklung auf dem Weg zur Atombombe an einer Stelle anzuhalten
und umzuleiten. Die Literatur zu diesem Thema ist schwer zu überblicken, und eine definitive Antwort wird es nicht geben. Oder vielleicht doch? Der Münchner Dichter Eugen Roth (1895–1976) betrachtete in seinen Gedichten über den Menschen auch den Weg zur Atombombe, und unter dem Titel »Das Böse« erzählte er von den Physikern, die daran beteiligt waren. Innerhalb des Gedichts treten nacheinander auf: Planck, Einstein, Bohr, Hahn, Fermi, Oppenheimer und zuletzt wir alle:

Das Böse
    Ein Mensch – was noch ganz ungefährlich – / Erklärt die Quanten (schwer erklärlich). / Ein zweiter, der das All durchspäht, / Erforscht die Relativität, / Ein dritter nimmt, noch harmlos, an, / Geheimnis stecke im Uran. / Ein vierter ist nicht fernzuhalten, / Von dem Gedanken, kernzuspalten. / Ein fünfter – reine Wissenschaft! – / Entfesselt der Atome Kraft. / Ein sechster, auch noch bonafidlich, / Will die verwerten, doch nur friedlich. / Unschuldig wirken sie zusammen: / Wen dürfen, einzeln, wir verdammen? / Ist’s nicht der siebte oder achte, / Der Bomben dachte und dann machte? / Ist’s nicht der Böseste der Bösen, / Der’s dann gewagt, sie auszulösen? / Den Teufel wird man nie erwischen: / Er steckt von Anfang an dazwischen.

September 1941
    War diese Entwicklung tatsächlich unaufhaltsam? Heisenberg scheint nicht dieser Ansicht gewesen zu sein, wenn man den Hinweisen in seiner Autobiographie Glauben schenkt, mit denen er seinen

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