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Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil

Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil

Titel: Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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neckische Streiche liebte, so war doch eigentlich nichts Böses in ihr. Man konnte sehr
     wohl merken, daß sie am schlimmsten gegen diejenigen war, die zanksüchtig und geizig und boshaft waren, brave Leute und kleine
     arme Kinder nahm sie oft in Schutz. Und alte Leute erzählen, daß einmal, als die Askerser Kirche nahe daran war, abzubrennen,
     Ysätters-Kajsa gefahren kam und sich mitten in Feuer und Rauch auf dem Kirchendach niederließ und die Gefahr abwehrte.
    Und doch waren die Leute in Närke der Ysätters-Kajsa oft recht überdrüssig, aber sie ermüdete nie, sie zum Besten zu haben.
     Wenn sie oben auf dem Rand einer Wolke saß und auf Närke hinab sah, das freundlich und wohlhabend unter ihr lag mit ansehnlichen
     Gruben und Bergwerken oben in den Berggegenden, mit der trägen Svartå und den seichten, fischreichen Seen in der Ebene, mit
     der guten Stadt Örebro, die sich rings um das ernste Schloß mit den festen Ecktürmen ausdehnte, dann dachte sie wohl: »Hier
     würde es den Leuten zugut ergehen, wenn sie mich nicht hätten. Sie würden stumpfsinnig und langweiligwerden. Sie haben so eine wie mich nötig, die Leben in sie bringen und sie bei Laune erhalten kann.«
    Und dann lachte sie wild und gellend wie eine Elster und fuhr davon, tanzend und wirbelnd, von einer Ecke der Ebene bis zur
     anderen. Und wenn die Leute in Närke sahen, wie sie ihre Staubschleppe über die Ebene hinfegen ließ, könnt m sie sich eines
     Lächelns nicht erwehren. Denn häßlich und neckisch war sie freilich, aber gute Laune hatte sie. Es war ebenso belebend für
     die Bauern, sich mit der Ysätters-Kajsa zu tummeln, wie für die Ebene, von dem Sturmwind gepeitscht zu werden.
    Heutzutage behauptet man, die Ysätters-Kajsa fei tot und heimgefahren, wie alle Kobolde. Aber das kann man nicht recht glauben.
     Es ist, als wolle man erzählen, daß in Zukunft die Luft über der Ebene immer still stehen und der Wind nicht mehr mit Saufen
     und Brausen, und frischer Luft und Gewitterschauern darüber hintanzen solle.
    Wer da meint, die Ysätters-Kajsa sei tot und heimgefahren, du soll jetzt hören, was sich in Närke in dem Jahr zutrug, als
     Niels Holgersen über die Gegend dahinflog, dann kam er ja selber sagen, was er glaubt.
Der Jahrmarktabend.
    Mittwoch, 27. April.
    Es war am Tage vor dem großen Viehmarkt in Örebro, und es regnete, so daß Himmel und Erde ineinander verschwammen. Es war
     ein Regen ohne Sinn und Verstand. Er stürzte in reißenden Strömen vom Himmel herunter, und manch einer dachte bei sich: »Das
     ist jaganz so wie zu Ysätters-Kajsas Zeiten. Nie hatte sie so viele Streiche vor, als wenn Jahrmarkt sein sollte. Es sieht ihr
     wirklich ähnlich, so einen Regen am Abend vor dem Markt herabzusenden.«
    Je weiter der Tag verschritt, um so ärger wurde der Regen. Gegen Abend war es ein förmlicher Wolkenbruch. Die Wege waren ganz
     grundlos, und die Leute, die mit ihrem Vieh von Hause gegangen waren, um Örebro am nächsten Morgen rechtzeitig zu erreichen,
     waren übel dran. Kühe und Ochsen hatten die Wanderung so satt, daß sie keinen Fuß mehr vorwärts setzen wollten, und viele
     von den armen Tieren warfen sich auf dem Wege nieder, um zu zeigen, daß sie nicht weiter gehen wollten. Alle Leute, die am
     Wege wohnten, mußten ihre Häuser den Marktgästen aufschließen und ihnen Nachtquartier geben, so gut sie konnten. Es war nicht
     nur in den Stuben, sondern auch in den Ställen und Scheunen überfüllt.
    Wem es möglich war, der suchte doch, sich bis zum Wirtshaus durchzukämpfen, aber wenn man so weit kam, bereute man fast, nicht
     in einem der Häuser am Wege geblieben zu sein. Jeder Stand im Kuhstall und jedes Spilltau im Pferdestall war längst besetzt.
    Es blieb nichts anderes übrig, als die Pferde und Kühe draußen im Regen stehen zu lassen. Mit genauer Not konnten ihre Besitzer
     Dach über dem Kopf bekommen.
    Die Nässe und der Morast und das Gedränge auf dem Hof, spotteten jeder Beschreibung. Die Tiere standen zum Teil geradezu in
     einer Lache und konnten sich nicht einmal hinlegen. Einige von den Bauern verschafften ihren Tieren ja freilich Stroh, worauf
     sie liegen konnten, undbreiteten Decken über sie, andere aber saßen drinnen in der Schenke und tranken und spielten und vergaßen völlig die, für
     die sie zu sorgen hatten.
    An jenem Abend hatten der Junge und die Wildgänse einen Werder im Hjelmar erreicht; der war nur durch einen niedrigen und
     schmalen Sund vom Lande getrennt,

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