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Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil

Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil

Titel: Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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endlich in einen Regen von flügelschlagenden und krächzenden
     Krähen und Raben und Dohlen und Saatkrähen auflöst.
    Dann erscheinen am Himmel nicht nur Wolken allein, sondern eine Menge verschiedener Striche und Zeichen, gerade punktierte
     Linien im Osten und Nordosten. Das sind Waldvögel aus den Göinger Harden: Birkhähne und Auerhähne, die in langen Reihen in
     einem drei Ellen weiten Abstand voneinander geflogen kommen. Und die Schwimmvögel, die auf Maakläppen vor Falsterbo nisten,
     kommen jetzt in vielen wunderlichen Flugordnungen über den Öresund dahergeschwebt: in Dreiecks und in langen Winkeln, in schiefen
     Haken und in Halbkreisen.
    Zu der großen Versammlung, die in dem Jahr stattfand, als Niels Holgersen mit den wilden Gänsen umherflog, kamen Akka und
     ihre Schar später als alle die andern, und darüber konnte man sich nicht verwundern,denn Akka war über ganz Schonen geflogen, um nach dem Kullaberg zu gelangen. Außerdem hatte sie, sobald sie am Morgen erwachte,
     ausfliegen müssen, um nach Däumling zu suchen; der war viele Stunden lang gewandert und hatte den grauen Ratten auf der Flöte
     vorgespielt, um sie weit von Glimminghaus wegzulocken. Der Eulenvater war mit der Nachricht heimgekehrt, daß die schwarzen
     Ratten gleich nach Sonnenaufgang wieder daheim sein würden, und so war denn keine Gefahr mehr, wenn man die Flöte der Turmeule
     verstummen und die grauen Ratten laufen ließ, wohin es ihnen beliebte.
    Aber nicht Akka entdeckte den Jungen, wie er da mit seinem großen Gefolge ging, nicht sie ließ sich schnell zu ihm herab,
     packte ihn mit dem Schnabel und schwebte mit ihm in die Luft empor, nein, das alles tat Herr Langbein, der Storch. Denn Herr
     Langbein hatte sich ebenfalls aufgemacht, um nach ihm zu suchen, und hinterher, als er ihn in das Storchennest hinaufgebracht
     hatte, bat er ihn um Verzeihung, weil er ihn am Abend zuvor mit Geringschätzung behandelt hatte.
    Darüber freute sich der Junge sehr, und der Storch und er wurden gute Freunde. Akka war auch sehr freundlich gegen ihn, scheuerte
     ihren alten Kopf mehrmals an seinem Arm und lobte ihn, weil er denen geholfen hatte, die in Not waren.
    Aber das muß man zur Ehre des Jungen sagen: er nahm kein Lob an, das er nicht verdient hatte. »Nein, Mutter Akka,« sagte er,
     »Sie müssen nicht glauben, daß ich die Grauen weglockte, um den Schwarzen zuhelfen. Ich wollte nur Herrn Langbein zeigen, wozu ich zu gebrauchen war.«
    Kaum hatte er diese Worte gesagt, als sich Akka an den Storch wandte und fragte, ob er glaube, daß es angehe, Däumling mit
     nach dem Kullaberge zu nehmen. »Ich finde, wir können uns auf ihn verlassen wie auf uns selbst,« sagte sie. Der Storch riet
     sofort sehr eifrig zu, Däumling mitzunehmen. »Natürlich müssen Sie Däumling mit nach dem Kullaberg nehmen, Mutter Akka,« sagte
     er. »Es ist ein großes Glück für uns, daß wir ihn für alles belohnen können, was er über Nacht für uns ausgestanden hat. Und
     da es mich noch quält, daß ich mich gestern abend nicht hübsch gegen ihn aufgeführt habe, will ich ihn auf meinem Rücken ganz
     bis an den Versammlungsort tragen.«
    Es gibt nicht viel, was besser schmeckt, als Lob von denen zu empfangen, die selbst klug und tüchtig sind, und der Junge war
     nie so glücklich gewesen, wie jetzt, wo die wilde Gans und der Storch so von ihm sprachen.
    Der Junge legte also die Reise nach dem Kullaberge auf einem Storchenrücken sitzend zurück. Obwohl er wußte, daß dies eine
     große Ehre war, verursachte es ihm doch viel Angst. Denn Herr Langbein war ein Meister im Fliegen und sauste mit einer ganz
     andern Geschwindigkeit dahin als die wilden Gänse. Während Akka den geraden Weg mit gleichmäßigen Flügelschlägen flog, belustigte
     sich der Storch damit, eine Menge Fliegekunststücke zu machen. Bald lag er in einer unermeßlichen Höhe ganz still und schwamm
     aufder Luft, ohne die Flügel zu bewegen, bald warf er sich mit so starker Geschwindigkeit herab, daß man ein Gefühl hatte, als
     falle man auf die Erde wie ein Stein, bald trieb er Kurzweil, indem er sich in großen und kleinen Kreisen rund um Akka herumschwang
     wie ein Wirbelwind. Der Junge hatte noch nie etwas Ähnliches mitgemacht, und obwohl er sich in steter Angst befand, mußte
     er sich doch gestehen, daß er nie zuvor gewußt hatte, was ordentliches Fliegen war.
    Sie machten nur eine einzige Unterbrechung in der Reise, nämlich als sich Akka auf dem Bombsee den

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