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Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil

Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil

Titel: Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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hielten sie sich zu gut, mit so einer zu zanken. Aber die kleine Lumme tauchte wieder nieder
     und schnappte nach ihren Füßen. Das tat ihnen schrecklich weh, aber das schlimmste war, daß es ihrer Würde Abbruch tat. Plötzlich
     aber machten sie dem Spiel ein Ende. Sie begannen, die Luft mit den Flügeln zupeitschen, so daß ein Getöse entstand, fuhren eine weite Strecke über das Wasser hin, gleichsam springend, bekamen endlich
     Luft unter die Flügel und schwangen sich hoch empor.
    Es wurde so sonderbar leer, als sie weg waren, und diejenigen, die sich am allermeisten über den Einfall der kleinen Lumme
     belustigt hatten, schalten sie jetzt wegen ihrer Unverschämtheit aus.
    Der Junge ging nun wieder an Land. Dort stellte er sich hin und sah dem Spiel der Schnepfen zu. Sie glichen winzig kleinen
     Kranichen, hatten wie diese einen kleinen Körper, hohe Beine, einen langen Hals und leichte, schwebende Bewegungen, nur waren
     sie nicht grau, sondern braun. Sie standen in einer langen Reihe am Strande, gerade da, wo die Wellen heraufspülten. Sobald
     eine Welle gerollt kam, lief die ganze Reihe rückwärts. Sobald sie wieder hinausgesogen wurde, folgten sie ihr. Und das setzten
     sie stundenlang fort.
    Die hübschesten von allen Vögeln waren aber doch die Brandenten. Sie waren gewiß mit den zahmen Enten verwandt, denn sie hatten
     wie diese einen schwerfälligen, breiten Körper, einen flachen Schnabel und Schwimmfüße, aber sie waren viel prachtvoller ausgestattet.
     Das Federkleid selbst war weiß, aber um den Hals hatten sie ein breites, gelbes Band und an den Flügeln einen Spiegel, der
     in Grün, Rot und Schwarz schimmerte, die Flügelspitzen waren schwarz, und der Kopf war schwarzgrün und metallschimmernd.
    Sobald einige von ihnen sich am Strande blickenließen, sagten die andern Vögel: »Nein, seht die doch an! Die verstehen es weiß Gott, sich zu putzen!« – »Wären sie nicht
     so ausstaffiert, brauchten sie sich wohl nicht in die Erde hineinzugraben, sondern könnten unter offenem Himmel wohnen, wie
     unsereins,« sagte eine braune Grasente. – »Sie können sich anstrengen, so viel sie wollen, mit der Nase, die sie haben, werden
     sie doch niemals Staat machen,« sagte eine graue Gans. Und das verhielt sich wirklich so. Die Brandenten hatten einen großen
     Buckel auf der Nase, der ihr ganzes Gesicht entstellte.
    Am Uferrande entlang fuhren Möwen und Seeschwalben über dem Wasser hin und her und fischten. – »Was für Fische fangt ihr denn
     da?« fragte eine wilde Gans. – »Das sind Stichlinge. Das sind öländische Stichlinge. Das ist der beste Fisch in der ganzen
     Welt!« sagte eine Möwe. »Willst du einmal kosten?« Und sie flog auf die Gans zu, den ganzen Mund voll von den kleinen Fischen
     und wollte sie ihr geben. – »Pfui! Huh! Glaubst du, daß ich solch Jux essen mag?« sagte die wilde Gans.
    Am nächsten Morgen war es noch immer ebenso nebelig. Die wilden Gänse gingen auf der Wiese und weideten, aber der Junge war
     an den Strand hinab gegangen, um Muscheln zu sammeln. Es waren genug davon da, und da ihm einfiel, daß er vielleicht morgen
     irgendwo hinkommen würde, wo er gar kein Essen bekommen konnte, beschloß er, sich einen kleinen Beutel zu machen, den er mit
     Muscheln füllen konnte. Am Ufer stand eine ganze Menge welken Röhrichts, dassteif und zäh war, und nun machte er sich daran, einen Ranzen daraus zu flechten. Die Arbeit nahm mehrere Stunden in Anspruch,
     aber er war auch sehr zufrieden damit, als sie beendet war.
    Um die Mittagszeit kamen alle wilden Gänse zu ihm gelaufen und fragten, ob er nichts von dem weißen Gänserich gesehen habe.
     »Nein, er ist nicht hier bei mir gewesen,« sagte der Junge. – »Er ist noch ganz kürzlich mit uns zusammen gewesen,« sagte
     Akka, »aber jetzt wissen wir nicht, wo er geblieben ist.«
    Der Junge erschrak heftig. Er fragte, ob sich ein Fuchs oder ein Adler habe blicken lassen, oder ob irgendein Mensch in der
     Nähe gewesen sei. Aber niemand hatte etwas Gefährliches bemerkt. Der Gänserich hatte sich nur im Nebel verirrt.
    Aber für den Jungen war das Unglück gleichgroß, auf welche Weise er auch weggekommen sein mochte, und er machte sich sofort
     auf den Weg, um nach ihm zu suchen. Der Nebel beschützte ihn, so daß er laufen konnte, wohin er wollte, ohne gesehen zu werden,
     aber er hinderte ihn auch, selbst zu sehen. Er lief in südlicher Richtung an der Küste entlang, ganz hinab bis an den Leuchtturm
    

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