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Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil

Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil

Titel: Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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hier gelegt.«
    »Ach so, die Menschen haben dich selbst hier hineingelegt,« sagte Cäsar. »Dann wollen sie dich wohl wieder gesund machen.
     Ich für mein Teil finde ja freilich, es würde vernünftiger sein, dich zu verzehren, jetzt, wo du in ihrer Gewalt bist. Aber
     hier in der Stube bist du gefeit. Du brauchst nicht so erschreckt auszusehen. Wir sind jetzt nicht auf dem Tåkernsee.«
    Damit ging Cäsar und legte sich vor dem flammenden Herdfeuer schlafen. Sobald Jarro sich klar darüber war, daß diese fürchterliche
     Gefahr überstanden war, befiel ihn die große Mattigkeit von neuem, und er schlief wieder ein.
    Als er das nächstemal erwachte, sah er, daß eine Schüssel mit Grütze und Wasser vor ihm stand. Er fühlte sich zwar noch sehr
     elend, aber er war doch hungrig und begann zu fressen. Als die Bäuerin sah, daß er fraß, ging sie hin und streichelte ihn
     und sah erfreut aus. Und dann schlief Jarro wieder ein. Mehrere Tage lang tat er nichts weiter, als fressen und schlafen.
    Eines Morgens fühlte Jarro sich so wohl, daß er aus seinem Korb aufstand und durch die Stube ging. Aber er war noch nicht
     weit gekommen, als er umfiel und liegen blieb. Da kam Cäsar, öffnete sein großes Maul und packte ihn. Jarro glaubte natürlich,
     daß der Hund ihn totbeißen wollte, Cäsar aber trug ihn wieder nach dem Korb zurück, ohne ihm ein Leid zutun. Dadurch gewann Jarro so großes Vertrauen zu Cäsar, daß er bei seinem nächsten Ausflug ins Zimmer hinaus zu dem Hund
     hinging und sich neben ihn legte. Und infolgedessen wurden Cäsar und er gute Freunde, und Jarro lag jetzt jeden Tag mehrere
     Stunden zwischen Cäsars Pfoten und schlief.
    Aber noch größere Liebe als für Cäsar empfand Jarro für die Bäuerin. Vor der war er gar nicht bange, er strich seinen Kopf
     gegen ihre Hand, wenn sie kam und ihm Fressen brachte. Ging sie aus der Stube, so seufzte er vor Kummer, und kam sie wieder
     herein, so rief er ihr auf seine eigene Sprache Willkommen entgegen.
    Jarro vergaß ganz, wie bange er früher vor Menschen und Hunden gewesen war. Er fand, sie waren sanft und gut, und er liebte
     sie. Er hatte nur den einen Wunsch, wieder gesund zu sein, dann wollte er nach dem Tåkernsee hinabfliegen und den Stockenten
     erzählen, daß ihre alten Feinde nicht gefährlich seien, und daß sie gar nicht vor ihnen bange zu sein brauchten.
    Er hatte beobachtet, daß sowohl die Menschen als auch Cäsar ruhige Augen hatten, in die hineinzusehen gut tat. Die einzige
     in der Stube, deren Blick er nicht gern begegnete, war Klorina, die Hauskatze. Sie tat ihm nichts zuleide, aber er konnte
     nicht recht Vertrauen zu ihr fassen. Außerdem foppte sie ihn immer damit, daß er die Menschen liebte. »Du glaubst wohl, daß
     sie dich pflegen, weil sie dich gern haben,« sagte Klorina. »Warte du nur, bis du hinreichendfett bist! Dann drehen sie dir den Hals um. Ich kenne sie, das kannst du mir glauben!«
    Jarro hatte ein zärtliches und liebevolles Herz, wie es die Vögel in der Regel haben, und er ward unsagbar traurig, als er
     das hörte. Er konnte sich nicht denken, daß ihm die Bäuerin den Hals umdrehen würde, und er glaubte so etwas auch nicht von
     ihrem Sohn, dem kleinen Jungen, der stundenlang an seinem Korb sitzen und mit ihm plaudern konnte. Er meinte merken zu können,
     daß sie ihn ebenso lieb hatten wie er sie.
    Eines Tages, als Jarro und Cäsar auf ihrem gewohnten Platz vor dem Feuer lagen, saß Klorina oben auf dem Herd und belustigte
     sich damit, den Enterich zu foppen.
    »Ich möchte wohl wissen, was ihr Stockenten im nächsten Jahr anfangen wollt, wenn der See trockengelegt und in Ackerland verwandelt
     wird,« sagte Klorina. – »Was sagst du da, Klorina?« rief Jarro und fuhr ganz entsetzt in die Höhe. – »Ich vergesse immer,
     Jarro, daß du die Sprache der Menschen nicht so verstehen kannst wie Cäsar und ich,« erwiderte die Katze. »Sonst hättest du
     ja hören müssen, daß die Männer, die gestern hier in der Stube waren, erzählten, daß alles Wasser aus dem Tåkernsee abgelassen
     werden soll, so daß der Boden des Sees im nächsten Jahr so trocken daliegt wie der Fußboden in einer Stube. Und nun möchte
     ich nur wissen, was ihr Grasenten dann anfangen wollt!« – Als Jarro diese Worte hörte, wurde er so wütend, daß er fauchte
     wie eineNatter: »Du bist gerade so boshaft wie ein Bläßhuhn,« schrie er Klorina an. »Du willst mich nur gegen die Menschen aufreizen.
     Ich glaube nicht,

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