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Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil

Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil

Titel: Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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Hügel und die Dächer und die Kirchtürme in Jönköping, die an dem Ufer des
     Wetternsees hervorlugten, lagen gleichsam eingehüllt in einen blauen Schimmer, der das Auge erfreute. Wenn es im Himmel Länder
     gab, so mußten sie auch gewiß so blau sein, dachte der Junge und meinte, er habe nun eine kleine Ahnung davon, wie es im Paradiese
     aussah.
    Als die Gänse späterhin am Tage auf ihrem Zuge weiterzogen, flogen sie das blaue Tal hinauf. Sie waren in allerbester Laune,
     schrien und lärmten, so daß niemand, der Ohren hatte, umhin konnte, sie zu bemerken.
    Es traf sich so, daß es der erste wirklich schöne Frühlingstag dort in der Gegend war. Bisher hatte der Lenz seine Arbeit
     in Regen und Sturm verrichtet, und als nun plötzlich schönes Wetter geworden war, erfaßte die Menschen da unten auf der Erde
     eine solche Sehnsucht nach Sommer, Wärme und grünen Wäldern, daß es ihnen schwer wurde, bei ihrer Arbeit zu bleiben. Und als
     die wilden Gänse vorüberzogen, frei und fröhlich, hoch oben über der Erde, war da auch nicht ein einziger, der nicht die Arbeit,
     mit der er beschäftigt war, einen Augenblick ruhen lieh, um ihnen nachzusehen.
    Die ersten, die eines Tages die wilden Gänse sahen, waren die Grubenarbeiter auf dem Taberge, die ganz oben an der Oberfläche
     des Berges Erz brachen. Als sie sie gackern hörten, hielten sie inne mit dem Bohren ihrer Sprenglöcher, und einer von ihnen
     rief den Vögeln zu: »Wo reist ihr hin?« Die Gänse verstanden nicht, was er sagte, der Junge aber beugte sich über den Gänserücken
     und antwortete für sie: »Dahin, wo weder Hacke noch Schlägel ist!« Als die Grubenarbeiter die Worte hörten, dachten sie, ihr
     Sehnen habe gewiß bewirkt, daß das Gackern der Gänse wie Menschenrede geklungen habe. »Wir wollen mit! Wir wollen mit!« riefen
     sie. – »Dies Jahr nicht!« schrie der Junge. »Dies Jahr nicht!«
    Die wilden Gänse flogen in der Richtung des Tabergflusses nach dem Mönchsee hinab, und beständig machten sie denselben Lärm.
     Hier auf dem schmalen Landstreif zwischen dem Mönchsee und dem Wetternsee lag Jönköping mit seinen großen Fabrikanlagen. Zuerst
     flogen die wilden Gänse über die Munkeseer Papierfabrik. Die Mittagspause war gerade beendet und die großen Arbeiterscharen
     strömten auf das Fabriktor zu. Als sie die wilden Gänse hörten, standen sie einen Augenblick still, um ihnen zu lauschen.
     »Wo reist ihr hin? Wo reist ihr hin?« rief ein Arbeiter. Die wilden Gänse verstanden nicht, was er sagte, der Junge aber antwortete
     für sie: »Dahin, wo es weder Maschinen noch Dampfkessel gibt.« Als die Arbeiter die Antwort hörten, glaubten sie, ihr eigenes
     Sehnen habe bewirkt, daß das Gänsegeschnatter so klinge wie Menschenrede.»Wir wollen mit! Wir wollen mit!« riefen eine ganze Menge von ihnen. »Dies Jahr nicht!« antwortete der Junge. »Dies Jahr
     nicht!«
    Dann flogen die Gänse über die weltberühmte Streichhölzerfabrik, die am Ufer des Wetternsees liegt, so groß wie eine Festung,
     und deren hohe Schornsteine zum Himmel aufragen. Auf den Höfen rührte sich kein Mensch, aber in einem großen Saal saßen junge
     Arbeiterinnen und füllten Streichholzschachteln. Sie hatten ein Fenster geöffnet, weil das Wetter so schön war, und der Ruf
     der wilden Gänse bis zu ihnen hineindrang. Diejenige, die dem Fenster zunächst saß, lehnte sich mit einer Streichholzschachtel
     in der Hand hinaus und rief: »Wo reist ihr hin? Wo reist ihr hin?« – »Nach dem Lande, wo man weder Licht noch Streichhölzer
     nötig hat,« sagte der Junge. Das junge Mädchen glaubte ja, daß das, was sie gehört hatte, nichts gewesen sei als Gänsegeschnatter,
     da sie aber doch meinte, ein paar Worte unterscheiden zu können, rief sie als Antwort: »Ich will mit! Ich will mit!« – »Nicht
     dies Jahr!« antwortete der Junge. »Nicht dies Jahr!«
    Östlich von den Fabriken erhebt sich Jönköping auf dem schönsten Fleck, den sich eine Stadt wünschen kann. Der schmale Wetternsee
     hat hohe, steile Südabhänge an dem östlichen und an dem westlichen Ufer, aber gerade nach Süden zu sind die Sandmauern niedergebrochen,
     wie um einem großen Tor Platz zu machen, durch das man an den See hinausgelangt. Und mitten in dem Tor, mit Bergen zur Rechten
     und Bergen zurLinken, mit dem Mönchsee hinter sich und dem Wetternsee vor sich, liegt Jönköping.
    Die Gänse flogen über die lange, schmale Stadt hin und machten hier ebensoviel Lärm

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