Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil
reden. Er öffnete eine Pforte und ging auf dem schmalen Pfad, der über die Wiesen führte, nach dem See hinab. So lange
man ihn vom Hause aus sehen konnte, ging er langsam, aber dann fing er an zu laufen. Er war sehr bange, daß seine Mutter oder
sonst jemand ihm zurufen würde, daß er nicht da hinabgehen dürfe. Er wollte ja nichts Böses tun, sondern nur Jarro überreden;
wieder zu ihnen zu kommen, aber er hatte ein Gefühl, daß die daheim sein Vorhaben nicht billigen würden.
Als Per Ola an den See hinabkam, rief er Jarro mehrmals. Dann stand er lange da und wartete, aber es kam kein Jarro. Er sah
verschiedene Vögel, die ihm glichen, aber sie flogen vorüber, ohne ihn zu beachten, und daraus schloß er, daß keiner von ihnen
der Rechte war.
Als Jarro nicht kam, dachte der kleine Junge, es würde gewiß leichter sein, ihn zu finden, wenn er sich auf den See hinausbegab.
Es lagen mehrere gute Boote am Ufer, aber sie waren alle festgebunden. Das einzige, das da los und ledig lag, war ein alter,
lecker Prahm, so schlecht, daß es niemand einfiel, ihn zu benutzen. Aber Per Ola kletterte da hinein, ohne sich daran zu kehren,
daß der ganze Boden unter Wasser stand. Die Ruder konnte er nicht handhaben, statt dessen aber setzte er sich hin und wippte
und schaukelte in dem Prahm. Einem erwachsenen Menschen wäre es wahrscheinlich niemals gelungen, einen Kahn aufdiese Weise auf den Tåkernsee hinauszubringen, aber wenn der Wasserstand hoch ist und das Unglück es will, haben kleine Kinder
eine merkwürdige Fähigkeit, aufs Wasser zu kommen. Per Ola trieb bald auf dem Tåkernsee herum und rief nach Jarro.
Als der alte Prahm so auf dem See schaukelte, wurden die Ritzen, die er hatte, noch größer, und das Wasser strömte förmlich
herein. Aber daran kehrte sich Per Ola nicht im geringsten. Er saß auf der kleinen Bank am vorderen Ende, rief jeden Vogel
an, den er sah, und wunderte sich, daß Jarro nicht kam.
Schließlich gewahrte Jarro wirklich Per Ola. Er hörte, daß ihn jemand mit dem Namen rief, den er bei den Menschen gehabt hatte,
und er begriff, daß sich der Junge auf den Tåkernsee hinausgewagt hatte, um ihn zu suchen. Jarro freute sich unsagbar, als
er sah, daß einer von den Menschen ihm wirklich liebte. Wie ein Pfeil schoß er zu Per Ola hinab, setzte sich neben ihn und
ließ sich streicheln. Sie waren beide sehr glücklich über das Wiedersehen.
Aber plötzlich merkte Jarro, wie es mit dem Prahm beschaffen war. Er war halb voll Wasser und kurz davor zu versinken. Jarro
versuchte, Per Ola begreiflich zu machen, daß er, der weder fliegen noch schwimmen könne, versuchen müsse, an Land zu kommen.
Aber Per Ola verstand ihn nicht. Da besann sich Jarro keinen Augenblick, sondern eilte von dannen, um Hilfe zu holen.
Nach einer Weile kehrte er zurück und trug auf seinem Rücken einen kleinen Wicht, der viel kleiner warals Per Ola. Hätte er nicht sprechen und sich bewegen können, so würde Per Ola geglaubt haben, es sei eine Puppe. Und dieser
kleine Wicht befahl Per Ola sofort, eine lange Stange zu nehmen, die auf dem Boden des Prahms lag, und zu versuchen, das Boot
nach einer der kleinen Schilfinseln hinüberzustängeln. Per Ola gehorchte, und er und der Wicht halfen einander, den Prahm
vorwärtszutreiben. Mit ein paar Stößen erreichten sie eine kleine schilfumkränzte Insel, und nun erhielt Per Ola den Befehl,
an Land zu gehen. Im selben Augenblick, als er den Fuß an Land setzte, lief der Prahm voll Wasser und versank.
Als Per Ola dies sah, wurde es ihm klar, daß sein Vater und seine Mutter sehr böse auf ihn sein würden. Hätte er nicht gleich
etwas anderes zu denken gehabt, so würde er sicher geweint haben. Aber da kam eine Schar großer, grauer Vögel und ließ sich
auf der Insel nieder, und der kleine Wicht nahm ihn zu ihnen hin und erzählte ihm, wie sie hießen und was sie sagten. Und
das war so lustig, daß Per Ola alles andere vergaß.
Indessen hatten die Leute auf dem Bauernhofe entdeckt, daß der Junge verschwunden war und hatten angefangen, nach ihm zu suchen.
Sie suchten in den Wirtschaftsgebäuden, guckten in den Brunnen hinab und sahen im Keller nach. Dann gingen sie auf Wege und
Stege hinaus, eilten auch nach dem Nachbargehöft und fragten, ob er sich nicht dahin verirrt habe; sie spähten auch unten
am Tåkernsee nach ihm aus. Aber soviel sie auch suchten, er war nicht zu finden.
Cäsar, der Hund, verstand sehr wohl, daß
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