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Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil

Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil

Titel: Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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sein Herr und die Hausfrau Per Ola suchten, aber tat nichts, um ihnen auf die richtige
     Spur zu helfen. Er blieb im Gegenteil ganz ruhig liegen, als gehe ihn das ganze nichts an.
    Späterhin am Tage fanden sie Per Olas Fußstapfen unten am Landungsplatz, Und dann fiel es ihnen auf, daß der alte, lecke Prahm
     nicht mehr am Ufer lag. Da wurde ihnen der ganze Zusammenhang plötzlich klar.
    Der Bauer und seine Knechte schoben sogleich die Boote in den See und ruderten hinaus, um den Kleinen zu suchen. Sie ruderten
     bis spät am Abend umher, ohne die geringste Spur von ihm zu entdecken. Sie konnten nicht anders glauben, als daß das alte
     Boot gesunken sei und das Kind tot auf dem Grunde des Sees liege.
    Am Abend wanderte Per Olas Mutter am Ufer des Sees umher. Alle anderen waren überzeugt, daß der Kleine ertrunken sei, nur
     sie konnte es nicht glauben und fuhr fort zu suchen. Sie suchte zwischen Röhricht und Binsen, sie ging an dem sumpfigen Ufer
     hin und her, ohne darauf zu achten, wie tief sie einsank, oder wie naß sie schon war. Sie war unsagbar verzweifelt. Es stach
     und nagte in ihrem Herzen. Sie weinte nicht, aber sie rang die Hände und rief mit lauter, klagender Stimme nach ihrem Kinde.
    Rings umher hörte sie Schwäne und Enten und Brachvögel schreien. Es war ihr, als folgten sie hinter ihr drein, und als klagten
     und jammerten auch sie. »Sie haben auch wohl Kummer, da sie so klagen,«dachte sie. Aber dann besann sie sich. Es waren ja nur Vögel, die sie hörte. Die hatten wohl keinen Kummer.
    Es war merkwürdig, daß sie nicht verstummten, jetzt, wo die Sonne untergegangen war. Sie hörte, wie alle diese zahllosen Vogelscharen,
     die am Täkernsee lebten, einen Schrei nach dem andern ausstießen. Mehrere von ihnen folgten ihr auf Schritt und Tritt, andere
     kamen mit hastigem Flügelschlag vorbeigesaust. Die ganze Luft war angefüllt von Klage und Jammer.
    Aber die Angst, die sie selber empfand, öffnete ihr das Herz. Sie fand, daß sie allen den anderen lebenden Wesen gar nicht
     so fern stand, wie dies sonst bei den Menschen der Fall ist. Sie verstand viel besser als je zuvor, wie den Vögeln zumute
     war. Sie hatten ihre ständigen Sorgen für Haus und Kinder, ganz so wie sie. Es war wohl kein so großer Unterschied zwischen
     ihnen und ihr, wie sie bisher geglaubt hatte.
    Da mußte sie daran denken, daß es so gut wie beschlossen war, daß alle die Tausende von Schwänen, Enten und Lummen ihre Heimat
     hier am Täkernsee verlieren sollten. »Das wird schwer genug für sie,« dachte sie. »Wo sollen sie dann ihre Jungen aufziehen?«
    Sie blieb stehen und verfiel in Sinnen. Es konnte so aussehen, als sei es ein gutes und wohlgefälliges Werk, einen See in
     Äcker und Wiesen zu verwandeln, aber das mußte wohl ein anderer See als der Tåkern sein, ein See, der nicht so vielen Tausenden
     von Tieren zur Heimat diente.
    Sie dachte daran, daß am nächsten Tage die Trockenlegung des Sees endgültig beschlossen werden sollte, und sie fragte sich,
     ob wohl deswegen ihr kleiner Junge gerade heute verschwunden war. Ob es vielleicht Gottes Absicht sei, gerade heute ihr Herz
     der Barmherzigkeit zu erschließen, ehe es zu spät war, die grausame Handlung zu verhindern?
    Sie kehrte schnell auf den Hof zurück und sprach mit ihrem Mann über dies alles. Sie sprach von dem See und von den Vögeln
     und sagte ihm, sie glaube, Per Olas Tod sei eine Strafe, die Gott über sie beide verhängt habe. Und sie merkte bald, daß ihr
     Mann derselben Ansicht war wie sie.
    Das Gehöft, das sie besaßen, war schon vorher groß, kam aber die Trockenlegung des Sees zustande, so würde ihnen ein so großes
     Stück von dem Seegrunde zufallen, daß sich ihr Besitz ungefähr verdoppelte. Weshalb waren sie auch eifriger für das Unternehmen
     gewesen als irgendein anderer der Grundbesitzer. Die andern hatten die Ausgaben gescheut und befürchtet, das Trockenlegen
     werde nicht besser gelingen als das letztemal. Per Olas Vater wußte sehr wohl, daß er sie schließlich zu dem Unternehmen beredet
     hatte. Er hatte seine ganze Überredungskunst angewendet, um seinem Sohn ein Gehöft hinterlassen zu können, das doppelt so
     groß war wie das von seinem Vater ererbte.
    Er stand nun da und dachte darüber nach, ob Gott wohl einen Zweck damit gehabt habe, daß ihm der Tåkernsee seinen Sohn genommen
     hatte, gerade andem Tage, bevor er die Urkunde zu der Trockenlegung des Sees unterschreiben wollte. Seine Frau brauchte nicht

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