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Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil

Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil

Titel: Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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befand. Klement konnte sich nicht entsinnen, den vornehmen alten
     Herrn schon früher gesehen zu haben, der aber hatte Klement offenbar einmal bemerkt, als er Violine spielte, denn er hielt
     ihn an und ließ sich auf ein Gespräch mit ihm ein.
    »Guten Tag, Klement,« sagte er. »Wie geht es dir? Du bist doch nicht krank? Ich finde, du bist in der letzten Zeit so mager
     geworden.«
    Der alte Herr hatte etwas so unbeschreiblich Freundliches, daß Klement Mut faßte und ihm erzählte, wie sehr er unter dem Heimweh
     leide.
    »Aber hör' einmal!« sagte der alte vornehme Herr. »Du sehnst dich nach Hause, wenn du in Stockholm bist? Das kann doch nicht
     möglich sein!«
    Und der vornehme alte Herr sah beinahe beleidigt aus. Aber dann mochte ihm wohl einfallen, daß der, zu demer sprach, nur ein unwissender alter Bauersmann aus Helsingland war, und da wurde er wieder so wie vorher.
    »Du hast wohl noch nie gehört, wie Stockholm entstanden ist, Klement. Wüßtest du das, so würdest du verstehen, daß es nur
     eine Einbildung von dir ist, wenn du dich von hier wegsehnst. Komme mit mir nach der Bank da, dann will ich dir ein wenig
     von Stockholm erzählen.«
    Als der vornehme alte Mann sich auf die Bank gesetzt hatte, sah er erst eine Weile auf Stockholm hinab, das in all seiner
     Pracht unter ihm ausgebreitet lag, und dann atmete er tief auf, als wolle er die ganze Schönheit der Stadt einatmen. Darauf
     wandte er sich an den Spielmann.
    »Sieh einmal, Klement,« sagte er, und während er sprach, zeichnete er in dem Kiesgang zu ihren Füßen eine kleine Karte. »Hier
     liegt Uppland, und hier schiebt es nach Süden zu eine Landzunge vor, in die eine Menge Buchten einschneiden. Und hier kommt
     Sörmland mit einer anderen Landzunge, die ebenso eingeschnitten ist und schnurgerade nach Norden geht. Und hier kommt ein
     See von Westen her, der ist voller Inseln: das ist der Mälar. Und hier kommt von Osten her ein anderes Gewässer, das vor lauter
     Inseln und Schären kaum weiterkommen kann, das ist die Ostsee. Und hier, Klement, wo Uppland sich mit Sörmland begegnet, und
     der Mälarsee mit der Ostsee zusammentrifft, läuft ein kleiner Fluß, der heißt Norrström, und mitten im Norrström liegen drei
     Werder.
    Anfangs waren diese Werder nichts weiter als gewöhnliche Werder mit ein paar Bäumen darauf, von der Art, wie sie noch heute
     zahlreich im Mälar liegen, und sielagen lange Zeit ganz unbewohnt da. Eine gute Lage hatten sie ja freilich, da sie mitten zwischen zwei Gewässern und zwei
     Landschaften lagen, aber das beachtete niemand. Ein Jahr nach dem anderen ging dahin. Die Leute siedelten sich auf den Mälarinseln
     und draußen in den Schären an, aber die drei Werder im Strom bekamen keine Einwohner. Ausnahmsweise konnte es wohl einmal
     geschehen, daß ein Schiffer bei einem von ihnen anlegte und sein Zelt für die Nacht dort aufschlug.
    Niemand aber blieb dauernd dort.
    Es war schon spät im Sommer, und das Wetter war noch schön, obwohl die Abende bereits anfingen, dunkel zu werden. Der Fischer
     zog sein Boot an Land, legte sich daneben, den Kopf auf einem Stein und schlief ein. Als er erwachte, war der Mond schon lange
     aufgegangen. Er stand gerade über seinem Kopf und leuchtete gar prächtig, so daß es fast ganz hell war.
    Der Mann fuhr in die Höhe und wollte eben das Boot ins Wasser schieben, als er eine Menge schwarzer Punkte sich draußen auf
     dem Meer bewegen sah. Es war eine große Schar Seehunde, die in voller Fahrt auf den Werder zukamen. Als der Fischer sah, daß
     die Seehunde scheinbar an Land kriechen wollten, duckte er sich nieder, um nach seinem Spieß zu suchen, den er immer im Boot
     bei sich hatte. Als er sich aber wieder aufrichtete, waren keine Seehunde mehr zu sehen; statt ihrer standen am Ufer des Sees
     die schönsten jungen Mädchen in schleppenden, grünen seidenen Gewändern und mit Perlenkränzen im Haar. Da begriff der Fischer,
     daß es Meerjungfrauen waren, die auf den öden Schären, weit draußen im Meerwohnten, und die nun Seehundkleider angelegt hatten, um an Land zu schwimmen und sich im Mondschein auf den grünen Werdern
     zu belustigen.
    Ganz leise legte er den Spieß wieder hin, und als die Meerjungfrauen auf den Werder hinaufkamen, um zu spielen, schlich er
     hinterdrein und betrachtete sie. Er hatte gehört, daß die Meerjungfrauen so schön und anmutig sein sollten, daß niemand sie
     sehen könne, ohne von ihrer Schönheit bezaubert zu sein, und er mußte

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