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Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil

Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil

Titel: Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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graue
     Hütten standen. Als die Kühe auf den Platz zwischen den Hütten kamen, brüllten sie vergnügt, als erkennten sie den Ort wieder
     und machten sich gleich daran, von dem grünen, saftigen Gras zu fressen. Unter Scherzen und fröhlichem Geplauder holten die
     Leute Wasser und Brennholz und trugen alles, was sie auf dem Karren mitgebracht hatten, in die größte der Hütten. Bald stieg
     Rauch aus dem Schornstein auf. Und dann setzten sich die Sennerinnen, der Hirtenjunge und die erwachsenen Männer rings um
     einen flachen Stein und hielten draußen im Freien ihre Mahlzeit.
    Der Adler Gorgo war fest überzeugt, daß er Klement Larsson unten den Leuten finden würde, die sich auf dem Weg in den Wald
     befanden. Sobald er einen Sennerzug erblickte, ließ er sich hinabsinken und untersuchte ihn mit scharfem Auge. Aber es verging
     Stunde, auf Stunde ehe er ihn fand.
    Nach vielem Hin- und Herfliegen kam der Adler gegen Abend in eine bergige und einsame Gegend, die östlichvon dem großen Haupttal lag. Wieder sah er eine Sennhütte unter sich. Die Leute und das Vieh waren schon angekommen. Die
     Männer waren damit beschäftigt, Holz zu hauen, und die Mägde molken die Kühe.
    »Sieh doch!« sagte Gorgo. »Ich glaube, jetzt haben wir den Mann!«
    Er ließ sich hinab, und Niels sah zu seiner großen Verwunderung, daß der Adler recht hatte. Da stand wirklich der kleine Klement
     Larsson und spaltete Holz auf der Wiese.
    Gorgo flog in den dichten Wald, eine Strecke vom Hause entfernt, hinab. »Jetzt habe ich ausgeführt, was ich übernommen hatte,«
     sagte er und machte eine stolze Bewegung mit dem Kopf. »Nun mußt du sehen, daß du mit dem Manne sprichst. Ich werde mich da
     oben in den dichten Tannenwipfel fetzen und auf dich warten.«
    Die Neujahrsnacht der Tiere.
    Auf der Sennhütte war die Arbeit beendet und das Abendbrot gegessen, aber die Leute blieben noch sitzen und plauderten. Es
     war lange her, seit sie eine Sommernacht im Walde zugebracht hatten, und sie fanden, es sei ein Jammer, sich hinzulegen und
     zu schlafen. Es war so hell wie am lichten Tage, und die Sennerinnen waren mit ihrer Handarbeit beschäftigt, von Zeit zu Zeit
     aber sahen sie auf, schauten in den Wald hinein und lächelten still vor sich hin. »Ja, nun sind wir wieder hier,« sagten sie.
     Das Dorf mit all seiner Unruhe entschwand aus ihrer Erinnerung und der tiefe Friede des Waldes umfing sie.Wenn sie daheim auf dem Hof daran dachten, daß sie den ganzen Sommer hier oben im Walde allein zubringen müßten, konnten
     sie kaum begreifen, wie sie das aushalten sollten, sobald sie aber in die Sennhütte hinaufgekommen waren, fühlten sie, daß
     dies ihre allerbeste Zeit war.
    Von den in der Nähe gelegenen Sennhütten waren einige junge Mädchen und Burschen zu Besuch gekommen, so war es denn eine ganz
     stattliche Anzahl, die sich in dem Gras vor den Hütten gelagert hatte, aber es wollte keine richtige Unterhaltung in Gang
     kommen. Die Burschen mußten am nächsten Tag wieder in das Dorf hinab, und die Sennerinnen gaben ihnen allerlei kleine Aufträge
     und schickten Grüße an die zu Hause Gebliebenen durch sie ins Tal hinab. Viel mehr wurde nicht geredet.
    Da sah die Älteste der Sennerinnen von ihrer Arbeit auf und sagte munter: »So still braucht es hier auf der Alm doch heute
     abend nicht zuzugehen, denn wir haben doch zwei Männer unter uns, die sonst gern etwas erzählen. Der eine ist Klement Larsson,
     der hier neben mir sitzt, und der andere ist Bernhard von Sunnansee, der da drüben steht und nach dem Blackaasen hinaufsieht.
     Ich finde wirklich, wir sollten sie bitten, daß uns jeder eine Geschichte erzählt, und wer die schönste erzählt, der soll
     das Halstuch haben, an dem ich hier stricke.«
    Dieser Vorschlag fand großen Beifall. Die beiden, die miteinander wetteifern sollten, machten natürlich anfangs Einwendungen,
     fügten sich jedoch bald. Klement schlug vor, daß Bernhard beginnen sollte, und dieser hatte nichts dagegen. Er kannte Klement
     Larsson kaum, ging aber von der Voraussetzung aus, daß dieser irgendeine alteGeschichte von Gespenstern und Kobolden zum besten geben würde, und da er wußte, daß die Leute dergleichen gern hörten, hielt
     er es für das klügste, auch so etwas zu wählen.
    »Vor mehreren hundert Jahren,« begann er, »geschah es, daß ein Propst hier in Delsbo in einer Neujahrsnacht mitten durch den
     dichten Wald ritt. Er saß in seinem Pelz und mit einer Pelzmütze auf seinem

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