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Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil

Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil

Titel: Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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daß wir heraufgekommen sind,« sagten die Kinder. »Es war die höchste Zeit!« Und sie kamen sich
     ungeheuer wichtig vor.
    Während die Kinder oben auf dem Berge arbeiteten, waren Vater und Mutter daheim, und als eine Weile vergangen war, sehnten
     sie sich danach zu erfahren, wie es den Kindern wohl gehen möge. Es war ja natürlich nur Unsinn, daß Kinder einen Wald pflanzen
     sollten, aber es konnte doch auf alle Fälle ganz lustig sein zu sehen, wie es damit ging. Und siehe da, auf einmal waren Vater
     und Mutter auf dem Wege zum Walde hinauf. Als sie auf den Sennpfad kamen, begegneten sie mehrere von ihren Nachbarn. »Wollt'
     ihr zum Brandplatz hinauf?« – »Ja, dahin wollen wir.« – »Und euch nach den Kindern umsehen?« – »Ja, wir wollen einmal sehen,
     was sie treiben.« – »Es wird natürlich nichts als Spielerei sein!« – »Viele Bäume werden sie doch nicht pflanzen können!«
     – »Wir haben den Kaffeekessel mitgenommen,damit sie etwas Warmes bekommen können, sonst müßten sie ja den ganzen Tag von trockner Kost leben.«
    So kamen denn Vater und Mutter auf den Berg hinauf, und zuerst dachten sie an nichts weiter, als wie hübsch es doch aussah
     mit allen den roten Wangen auf dem grauen Berge. Aber dann beobachteten sie, wie die Kinder arbeiteten, wie einige die Pflanzen
     hineinsetzten, während andere Furchen zogen und Samen säten, und wieder andere das Heidekraut herausrissen, damit es die jungen
     Bäumchen nicht ersticken sollte. Und sie sahen, daß die Kinder es ernsthaft mit der Arbeit nahmen, und so eifrig waren, daß
     sie kaum Zeit hatten, aufzusehen.
    Der Vater stand eine Weile da und sah zu, dann fing auch er an, Heidekraut herauszureißen. Nur zum Scherz, natürlich! Die
     Kinder waren die Lehrmeister, denn jetzt kannten sie die Kunst, und sie mußten Vater und Mutter zeigen, wie sie es zu machen
     hatten.
    Es endete damit, daß alle Erwachsenen, die gekommen waren, um nach den Kindern zu sehen, teil an der Arbeit nahmen. Nun wurde
     es natürlich noch lustiger als vorher. Und es währte nicht lange, da bekamen die Kinder noch mehr Hilfe.
    Sie brauchten mehr Gerätschaften da oben, und ein paar Jungen mit langen Beinen wurden in das Dorf hinabgeschickt, um Hacken
     und Spaten zu holen. Als sie an den Häusern vorbeirannten, kamen die Leute, die daheim saßen, heraus und fragten: »Was ist
     da los? Ist ein Unglück geschehen?« – »Nein, nein, aber das ganze Dorf ist da oben auf dem Brandplatze und pflanzt Wald!«– »Wenn das ganze Dorf dort da oben ist, dann wollen wir auch nicht daheimbleiben!«
    So strömten sie denn alle zusammen nach dem abgesengten Berg hinauf. Anfänglich standen sie nur da und sahen zu, dann aber
     konnten sie es nicht lassen, sich an der Arbeit zu beteiligen. Denn es kann ja vergnüglich sein im Frühling, auf das Feld
     zu gehen und die Saat auszustreuen und daran zu denken, wie sie nun aus dem Boden aufsprossen wird, aber dies hier war doch
     noch viel verlockender.
    Aus dieser Saat sollten nicht nur schwache Halme emporsprossen, sondern starke Bäume mit hohen Stämmen und mächtigen Zweigen.
     Hier rief man nicht nur die Ernte eines Sommers hervor, sondern Wachstum für viele Jahre. Es handelte sich darum, Insektengesumm
     und Drosselgesang und Auerhahnbalzen und zahlloses Leben auf dem öden Brandplatze wachzurufen. Und außerdem war es gleichsam
     ein Denkmal, das man für die kommenden Geschlechter errichtete. Man hätte ihnen einen kahlen, nackten Berg als Erbe hinterlassen
     können, statt dessen erhielten sie nun einen stolzen Wald. Und wenn die Nachkommen das einst erkannten, dann würden sie verstehen,
     daß ihre Vorfahren gute und kluge Leute gewesen waren, und sie würden mit Ehrfurcht und Dankbarkeit ihrer gedenken.

XXXIX. Ein Tag in Hälsingeland
Ein großes, grünes Blatt.
    Donnerstag, 16. Juni.
    Am nächsten Tag flog Niels Holgersen über Hälsingeland. Mit lichtgrünen Schossen an den Nadelbäumen, frischbelaubten Birkengehölzen,
     jungem Gras auf den Wiesen und saftig sprossender Saat auf den Feldern lag es unter ihm. Es war ein hochgelegenes, bergiges
     Land, aber mitten hindurch zog sich ein offenes, helles Tal, und von diesem aus erstreckten sich nach beiden Seiten andere
     Täler, einige kurz und eng, andere breit und lang. »Dies Land werde ich wohl mit einem Blatt vergleichen müssen,« dachte Niels
     Holgersen, »denn es ist grün wie ein Blatt, und die Täler verzweigen sich ungefähr auf dieselbe Weise wie die

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