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Niemalsland

Titel: Niemalsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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wenn sein Inneres nach außen gekehrt wäre. Es war ein gigantischer und reichverzierter, in den Felsen gehauener spiralförmiger Weg, der um einen Schacht herumlief. Und am oberen Ende des Schachts, ein paar tausend Meter über dem festem Boden, hing der Aufzug. Er schwankte ein wenig.
    Richard holte tief Luft und trat auf den hölzernen Sims. Dann schaute er, obwohl er wußte, daß das keine gute Idee war, hinab. Zwischen ihm und dem Felsboden, Tausende von Metern weiter unten, war nichts als ein Holzbrett.
    Eine lange Planke führte von dem Sims, auf dem sie standen, zum oberen Ende der drei Meter entfernten Felsstraße.
    »Und ich schätze«, sagte er, erheblich weniger unbekümmert, als er vorgehabt hatte, »dies ist auch kein guter Zeitpunkt, um darauf hinzuweisen, daß ich schreckliche Höhenangst habe.«
    »Es ist ungefährlich«, sagte Lamia. »Oder zumindest war es das das letzte Mal, als ich hier war. Schauen Sie.«
    Sie ging über das Brett, ein Rascheln schwarzen Samtes. Sie hätte ein Dutzend Bücher auf ihrem Kopf balancieren können, ohne eins davon fallenzulassen. Als sie den Steinweg erreicht hatte, blieb sie stehen, drehte sich um und lächelte ihnen ermutigend zu.
    Hunter folgte ihr hinüber, wandte sich dann um und wartete neben ihr am Rand.
    »Siehst du?« sagte Door. Sie streckte die Hand aus und drückte Richards Arm. »Alles in Ordnung.«
    Richard nickte und schluckte. In Ordnung.
    Door ging hinüber. Es schien ihr keinen Spaß zu machen, aber sie ging trotzdem.
    Die drei Frauen warteten auf Richard, der einfach dastand. Er stellte fest, daß er sich offenbar nicht anschickte, die Holzplanke zu überqueren, trotz der ›Gehen!‹-Kommandos, die er an seine Beine sandte.
    Hoch über ihnen wurde ein Knopf gedrückt.
    Richard hörte das Klonk und das entfernte Knirschen eines alten Elektromotors. Die Tür des Aufzugs knallte zu, so daß Richard nun ohne einen Halt auf einer schmalen hölzernen Plattform stand, die nicht breiter war als die Planke selbst.
    »Richard!« schrie Door. »Beweg dich!«
    Der Aufzug begann nach oben zu entschwinden. Richard trat von der wackligen Plattform auf das Holzbrett, dann spürte er, wie seine Beine unter ihm nachgaben, und schon klammerte er sich mit allen vieren an die Planke und fürchtete um sein liebes Leben.
    In seinem Verstand funktionierte noch ein winziger, rationaler Teil, der über den Aufzug nachgrübelte: Wer hatte ihn wieder hochgeholt, und warum? Der Rest seines Hirns war jedoch damit beschäftigt, all seinen Gliedmaßen zu befehlen, die Planke fest zu umklammern, und so laut zu schreien, wie es seiner geistigen Stimme möglich war: »Ich will nicht sterben!« Richard schloß die Augen, so fest er konnte, denn er war sicher, wenn er sie öffnete und die Felswand unter sich sah, würde er die Planke einfach loslassen und fallen und fallen und –
    »Ich habe keine Angst vorm Fallen«, sagte er sich. »Wovor ich Angst habe, ist der Teil, an dem man aufhört zu fallen und anfängt, tot zu sein.« Aber er wußte, daß er sich etwas vormachte. Es war das Fallen, wovor er sich fürchtete – hilflos rudernd durch die Luft zu segeln, zu wissen, daß es nichts gab, was er tun konnte, daß kein Wunder ihn retten würde …
    Langsam wurde ihm bewußt, daß jemand mit ihm redete.
    »Klettere einfach die Planke entlang, Richard«, sagte jemand.
    »Ich … kann nicht«, flüsterte er.
    »Du hast Schlimmeres durchgemacht, um an den Schlüssel zu kommen, Richard«, sagte jemand. Es war Door.
    »Ich habe wirklich Höhenangst«, sagte er trotzig, das Gesicht gegen das Holzbrett gepreßt. Dann: »Ich will nach Hause.«
    Er spürte, wie sich das Holz der Planke an sein Gesicht drückte.
    Und dann begann die Planke zu wackeln.
    Hunters Stimme sagte: »Ich weiß nicht, welche Last das Brett tragen kann. Sie beide stellen sich zum Ausgleich hier hin.«
    Die Planke vibrierte, während sich jemand in Richtung auf ihn zu darauf entlangbewegte. Er umklammerte sie mit geschlossenen Augen. Dann sagte Hunter leise und zuversichtlich in sein Ohr: »Richard?«
    »Mm.«
    »Schieben Sie sich einfach vorwärts, Richard. Stück für Stück. Kommen Sie …« Ihre Karamelfinger streichelten seine Hand, die sich um die Planke krampfte. »Kommen Sie.« Er holte tief Luft, und schob sich ein kleines Stück vorwärts. Und erstarrte wieder.
    »Das machen Sie gut«, sagte Hunter. »Sehr gut. Weiter. «
    Und Zentimeter für Zentimeter ließ sich Richard von ihr überreden, die Planke

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