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Niemand hört dich schreien (German Edition)

Niemand hört dich schreien (German Edition)

Titel: Niemand hört dich schreien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Burton
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sie. Seine Lenden wurden hart vor Begierde. Er wollte sie berühren.
    Seine Gedanken waren sündhaft, böse. Und doch gelang es ihm nicht, sie zu vertreiben. Er wollte sie nicht vertreiben. Bei Ruth hatte er sein Begehren unterdrückt, und Judith war so kampfeslustig gewesen, dass für Lust kein Raum gewesen war. Aber Rachel war anders. Die süße, sanfte Rachel schritt einher wie eine üppige Göttin. Er wusste, es würde beinahe unmöglich sein, sein sexuelles Verlangen zu zügeln.
    Normalerweise mochte er die Kälte nicht. Sie erinnerte ihn an die Zeiten, als er auf der Flucht gewesen war und sich hatte verstecken müssen. Nicht immer hatte er Geld für Essen oder Heizung gehabt. Aber heute Abend war ihm die Kälte willkommen, und er betete, dass sie seine sündigen Gedanken abkühlte. Er öffnete den Reißverschluss seiner Jacke, bis er vor Kälte heftig zitterte.
    Dennoch brannte in ihm immer noch die Versuchung, sie zu nehmen. Langsam begann Allen, auf dem Gehweg auf- und abzugehen. Die Gedanken wirbelten in seinem Kopf herum. Noch war es nicht Sonntag. Noch war es nicht an der Zeit, Rachel in der Familie willkommen zu heißen. Aber weitere vier Tage zu warten, fühlte sich wie eine Ewigkeit an.
    Er griff in seine Jackentasche und zog eine Zigarette heraus. Mit zitternder Hand führte er sie an die Lippen, zündete sie an und nahm einen Zug. Er inhalierte tief und genoss das Brennen. Einen Augenblick lang behielt er den Rauch in der Lunge, dann atmete er langsam aus.
    »Mein ist die Geduld«, murmelte er.

14
    Freitag, 18. Januar, 11:00 Uhr
    Kendalls Kameramann Mike schaltete das Licht über der Kamera ein und gab ihr mit einem Nicken das Zeichen zum Einsatz.
    Sie setzte ihr berühmtes Lächeln auf. »Hier ist Kendall Shaw mit einem Bericht von der Eröffnung des Central Virginia Frauenzentrums, einer Beratungsstelle für Frauen, die ein neues Leben beginnen wollen, nachdem sie Opfer häuslicher Gewalt geworden sind. Gründerin des Zentrums ist Lindsay O’Neil Kier, die sich schon seit Langem für die Belange von Frauen einsetzt.«
    Öffentliche Auftritte gehörten zu dem neuen Job als Nachrichtenmoderatorin. Kendall mochte so etwas eigentlich nicht, nahm es jedoch in Kauf. Aber diese Veranstaltung war ganz nach ihrem Geschmack.
    Mike richtete die Kamera an Kendall vorbei auf das Gebäude. Vor über hundertfünfzig Jahren, als es erbaut worden war, wurde es als Tabakdepot genutzt. Später hatte es einmal als Lagerhaus für Lebensmittel gedient. Bis vor Kurzem hatte der Bau mehrere Jahre lang leer gestanden, doch dann hatten Lindsay und die Vorsitzende ihres Vorstands, Dana Miller, die Stadt davon überzeugt, ihnen das Gebäude zu überlassen. Die beiden Frauen hatten eine Armee freiwilliger Helfer mobilisiert und die Räumlichkeiten innerhalb von sechs Monaten in Besprechungszimmer und Klassenräume verwandelt.
    Sobald sie im Gebäude war, schlenderte Kendall zu Lindsay hinüber, die strahlend in die Kamera lächelte. Lindsay war eine große, schlanke Frau mit schulterlangem blondem Haar. Neben ihr stand Dana, die äußerst elegant wirkte, stark geschminkt war und ihr schwarzes Haar straff nach hinten gebunden hatte.
    »Ms O’Neil und Ms Miller, herzlichen Glückwunsch zur großen Eröffnung«, gratulierte Kendall. »Das muss ein aufregender Tag für Sie sein.«
    Lindsay nickte. »Danke, Kendall. Wir freuen uns sehr über die neuen Räume.«
    Dana lächelte breit. Da sie nicht im Hintergrund stehen wollte, ergänzte sie: »Lindsay hat fabelhafte Arbeit geleistet, als sie all das auf die Beine gestellt hat. Sie ist großartig.«
    Kendall fiel die leichte Anspannung in Lindsays Gesicht auf. Sie hatte Erfahrung mit Politik und war bereit, sich um ihrer Einrichtung willen zu fügen. »Ohne Dana hätte ich es nicht geschafft. Sie hat die führenden Leute in der Stadt und im Geschäftsleben zusammengetrommelt und diese großartige Eröffnungsfeier ermöglicht.«
    In der großen Eingangshalle wimmelte es von lokalen Honoratioren. Der Raum war mit bunten Ballons geschmückt, eine lange Tafel, die sich unter den Speisen bog, stand in der Mitte, und an einer frei liegenden Backsteinmauer befand sich eine Bar, die mit Mineralwasser und nicht alkoholischen Getränken bestückt war.
    Kendall fragte Lindsay über die Einrichtung aus und hörte zu, während Lindsay ihr einen Überblick gab. Dana steuerte ein paar Details bei. Kurz vorher hatten sie geprobt, was Lindsay und Dana sagen würden, und das Interview lief genau

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