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Niemand kennt mich so wie du

Niemand kennt mich so wie du

Titel: Niemand kennt mich so wie du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna McPartlin
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antwortete sie und ging zu ihrem Auto.
    Einen Augenblick lang war er regungslos stehen geblieben, weil er nicht wusste, ob er ihr nachgehen und sie schütteln oder ein paarmal tief durchatmen und zurück ins Gebäude gehen sollte. Er entschied sich für Letzteres. Er richtete sich auf, strich ein paar Falten glatt und ging hinein, ahnungslos, dass auch er beobachtet wurde.
     
    Lily steckte in einer tiefen Krise. Einerseits genoss sie jeden einzelnen Augenblick, den sie mit Eve und Clooney verbrachte, während auf der anderen Seite irgendwas in ihr Klick gemacht hatte und sie das Leben, das sie bis jetzt geführt hatte, auf einmal unerträglich fand. Sie befand sich mitten im Umbruch. Unfähig, einen Schritt nach vorn zu machen, wusste sie doch, dass auch kein Weg mehr zurückführte. Je verrückter ihr Ehemann sich aufführte, desto leichter machte er es ihr, sich von ihm abzunabeln. Jeder Tag, der verging, jede Aufgabe, die er ihr auftrug, jedes gemeine Wort, das er ihr an den Kopf warf, kratzten an dem Mitleid und dem Verständnis, die sie all die Jahre an seiner Seite gehalten hatten. Sie betrachtete ihre Kinder. Scott war ein junger Mann, und auch Daisy war mit zwölf Jahren alt genug, um es zu verstehen. Oder etwa nicht? Es wäre hart für die Kinder, wenn ihre Eltern sich trennten, aber wenn sie blieb, verlor sie vielleicht tatsächlich den Verstand. Was ist schlimmer? Gesunde geschiedene Eltern oder verrückte verheiratete Eltern? Vor dem – wie sie selbst es nannte – Klick in ihrem Kopf hatte sie stets besonnen auf die Unbesonnenheit ihres Mannes reagiert. Sie war angesichts seiner Unvernunft immer die Vernünftige gewesen. Sie war es, die alles zusammengehalten und den Dingen einen fröhlichen Anstrich verliehen hatte, damit ihre Kinder unbeschwert aufwachsen konnten. Doch all das war auf ihre Kosten gegangen. Sie wünschte, sie könnte durchhalten, bis Daisy achtzehn wurde, doch das würde ihr nicht gelingen. Es war alles zu viel. Sie ertrug es nicht, ihren Part der Scharade weiterzuspielen. Ihr Leben rieb sie völlig auf. Sie litt unter Angstzuständen, und zwar so sehr, dass Adam ihr etwas verschreiben musste. Sie rang ihm das Versprechen ab, niemandem etwas davon zu sagen.
    «Was ist los?», wollte er wissen.
    «Nichts», antwortete sie.
    «Sag nicht nichts und verlang dann von mir ein Rezept.»
    Eigentlich wollte sie sich nicht hinsetzen, sondern lieber stehen, doch als sie merkte, dass Adam nicht so nachgiebig war, wie sie gehofft hatte, setzte sie sich doch und fing sofort an herumzuzappeln.
    «Zwischen mir und Declan läuft es gerade nicht so gut», sagte sie.
    «Verstehe.»
    «Ich kann nicht schlafen …»
    «Und du isst nichts», ergänzte er mit einem Blick auf ihre ausgemergelte, zerbrechliche Figur.
    «Ab und zu einen Bissen hier und da. Es ist nicht leicht zu essen, wenn sich das Herz anfühlt, als würde es jeden Augenblick zerspringen.»
    «Kann ich irgendetwas tun?»
    «Ja. Stell das Rezept aus und halt den Mund.»
    Er schrieb etwas auf seinen Notizblock, und Lily nahm das Blatt entgegen und las, was er aufgeschrieben hatte: eine Wochenration Tabletten und den Namen einer Therapeutin.
    «Sie ist sehr gut», sagte er.
    «Danke», antwortete Lily, und als sie das Rezept eingelöst hatte, warf sie den Namen der Therapeutin in den Müll und verschwendete keinen Gedanken mehr darauf. Die Therapeutin, die meine Probleme löst, ist noch nicht geboren.
    Wenn sie nicht arbeitete, war es beinahe noch schwerer durchzuhalten. Sie vermisste die täglichen Gespräche mit Eve, selbst wenn Eve Lily oft bis an ihre Grenzen trieb, wie an jenem Tag, als sie ihre Freundin von Kopf bis Fuß musterte.
    «Irgendwas stimmt nicht», sagte Eve.
    «Alles in Ordnung.»
    «Ich bin nicht blöd.»
    «Aber klug auch nicht.»
    Oder bei einer anderen Gelegenheit …
    «Du siehst müde aus», sagte Eve.
    «Ich bin müde.»
    «Hält dich dein Unglück vom Schlafen ab?»
    «Kümmere dich um deinen eigenen Kram.»
    Eve versuchte, sie dazu zu bringen, zu entspannen und mit ihr zu essen, um ihr dabei Informationen zu entlocken.
    «Nimm die Hälfte von meinem Sandwich», sagte Eve.
    «Nein danke.»
    «Aha? Du isst wohl nur Kuchen mit Clooney, ja?» Eve zog grinsend eine Augenbraue hoch.
    «So ist das nicht», wehrte Lily sich.
    «Irgendwas ist mit dir los.»
    «Eve! Bitte!»
    «Okay, okay», sagte Eve und hielt abwehrend die gesunde Hand hoch. «Alles zu deiner Zeit, Lily B.»
    «Ich bin Lily D.»
    «Für mich nicht.»
    An

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