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Niemand

Niemand

Titel: Niemand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Rensmann
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versteinerten Nachteulen stürzten nicht selten von ihren Ästen und zerbarsten in tausend Stücke. All die anderen Nachtmahre verbrachten das erste Mal in ihrem jeweiligen langen oder kurzen Leben ihren steinigen Tageschlaf zwischen den Niemandsländern.
    Der Tod auf Urlaub kostete seine Tages-Immunität aus. Er machte sich wieder an die Arbeit und sammelte die namenlosen Geister ein. Die Toten wurden beerdigt, die Verletzten gepflegt, die Trauernden getröstet. Nina und Ben kümmerten sich um alle und verteilten neben Umarmungen und Worten vor allem eins: Namen!
    Nun hieß der Besserwisser Klaus und ein Jammerlappen Sybille. Die Schleimscheißer machten ihrem Namen alle Ehre und wurden nach zigtausenden schleimigen Komplimenten zu Bernd, Bruno, Basti, Bine, Beppo, Benita, Beate, Bela, Benny, Bertholt, Belinda, Birk, Britta, Bogomir, Bernfried, Balduin … – kurz: die B-Gruppe. In der C-Gruppe hielten sich die ebenfalls zu den Stromschwimmern gehörenden Arschkriecher auf und hießen fortan Cäsar, Cleo, Christa, Christoph, Casimir, Carsten, Carolina, Chantalle, Chili, Chris, Cosima, Claus, Colette, Clive, Clark, Claudia, Carmina, Crispin, Cornelius, Carina, Cora, Corrado …
    Natürlich gab es noch die D-Gruppe, die E-Gruppe und die F-Gruppe, die zu den ursprünglichen Stromschwimmern gehörten. Die A-Gruppe hatten Nina und Ben vergessen.
    Der Brummbär war ein Mädchen und wurde nun zur Bärbel, gehörte aber keiner Gruppe an.
    Nicht für jeden fanden Nina und Ben auf Anhieb einen Namen, und nicht alle Niemandsländer wollten anders heißen als Bunter Hund oder Kleinkarierter. Lilly, Anton und Petit hatten sich längst an ihre Namen gewöhnt und bekamen keine neuen.
    Der Nikolaus, das Christkind, der Heilige Geist, Jesus und das Wurzelmännchen bestanden darauf, nicht umgetauft zu werden. Nur Fräulein Klimper bat leise: »Ein Name vor meinem Namen wäre schon toll.«
    »Einen Vornamen? Aber du hast doch schon einen. Fräulein reicht doch«, frotzelte Lilly und musste sich anschließend auskitzeln lassen. Doch bevor sie sich kranklachte, plingte es und Fräulein Klimper musste zu Arbeit. »Ich will nicht gehen, ich habe keine Lust«, schimpfte die kleine Klimper-Wünsche-Fee.
    Überhaupt Niemand bat darum, ein Hajo zu werden. Und so sollte es sein, doch sichtbar machte der Name Bens Onkel nicht. Aber das machte ihn nicht traurig, er war auch nicht wütend, sondern zufrieden und geduldig. Die Geduld hatte er im Gebüsch gefunden, als er mit all den anderen zum Zeitschalter gegangen war.
    Die Butterflügelchen und die Glücksgeflügelten wurden durchgezählt. Die Heulsuse flehte unter Tränen, nur noch Suse genannt zu werden. Und obwohl Nina für den Korinthenkacker den wohlklingenden Namen Klemens fand, würde er auch weiterhin Korinthen kacken müssen – Tag für Tag.
    Tusnelda Laberbacke liebte ihren Namen und bat um keinen anderen. Sie quasselte wie die Quasselstrippe – jetzt Quinny – viel und laut und lang und versorgte alle Niemandsländer auf Lebenszeit mit Frikadellen und Koteletts, die sie an Knie und Ohren laberte. Für die Vegetarier kochte der Nikolaus seine berühmte Zahn-Pasta. Und die Gewitterhexe spendierte ein paar letzte Giftgnocchi, die jedoch alle dankend ablehnten.
    Sie hätten in die Burg gehen können, doch das dunkle Gemäuer erschien ihnen kalt und ungeeignet, Schutz zu spenden. Angst vor einem neuen Angriff der Goldgelockten-Giganten-Greislinge hatten sie nicht. Das war gut, denn der Kampfgeist hatte sich erschöpft unter einen Busch gelegt und schlief fest. Neben der physischen Erschöpfung hatte sich die Hoffnung zwischen die Niemandsländer gesellt. Sie saßen zusammen, redeten, weinten, lachten und warteten, bis die Angst, die Sorge, das Gefühl des Verlustes und diese Euphorie des Abenteuers von ihnen abfielen.
    Als die Sonne an höchster Stelle stand, erstrahlte die Bergkuppe mit einem Mal so hell, dass alle die Augen schließen und zuhalten mussten, dann zukneifen und anschließend nur blinzelnd oder durch gespreizte Finger das Leuchten betrachten konnten, bis sich die Augen daran gewöhnt hatten.
    Ein Sonnenstrahl traf auf das von den Greislingen angebrachte goldene G, das den Strahl reflektierte und zum Thron schickte. Die unterschiedlich großen und farbenreichen Edelsteine luden sich mit Sonnenlicht auf, glühten und ließen ein leuchtendes, stummes Feuerwerk über den Berg herabregnen. Eine Farbdusche, unter der die Greislinge zu Giganten hätten mutieren können. So

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