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Niemand

Niemand

Titel: Niemand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Rensmann
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trug das kleine Trauerklößchen, das nicht mehr traurig war, in seinen Stummelsackarmen umher. Er war glücklich.
    Nina nicht.
    Sie wollte nicht glauben, dass ihr der Thron zustehen sollte.
    Alle hatten gekämpft, weit über ihre Fähigkeiten hinaus, und sich eine Auszeichnung verdient. Und sie gehörte nicht einmal in dieses Land. Nina war nur ein Mädchen von der anderen Seite der Grenze. Sie hatte abgelehnt und die Legenden angezweifelt, die über den Thron erzählt worden waren. Eine kleine Kacknase hatte sich als mutig erwiesen und sie eines Besseren belehrt. Sie setzte sich auf den Thron und opferte sich. Ihre Seele wummerte nun in einem Aquamarin am rechten Thronbein. Danach hatte sich keiner mehr in die Nähe des Throns gewagt, außer Nina.
    Sie drehte sich um. »Ich kann nicht herrschen. Ich bin viel zu jung dafür. Das hast du selbst gesagt, Niemand … Ben! Ich muss wieder zurück!« Noch nie hatte Nina so viel geweint wie in den letzten Stunden. Sie vermisste das alles jetzt schon. Alle. Vor allem Ben.
    »Du hast recht.« Ben stand auf und ging auf Nina zu.
    Lilly sah erstaunt zwischen den beiden hin und her.
    Der Nikolaus erhob sich. »Aber so kannst du nicht rumlaufen.« Er wandte sich an das Himmlische Kind und zeigte auf dessen Jeans.
    Das Himmlische Kind, wieder stumm, protestierte wie ein Pantomime.
    »Los. Du hast doch noch dein Hemd an. Ben aber ist fast nackt. Und meine Jacke ist auf Dauer zu schwer. Mein Hemd ist zu weit, und meine Hosen … ach, die sind nun wirklich nichts für einen schlanken, jungen Mann.«
    Das Himmlische Kind drückte dem Nikolaus das Goldene Horn in die Hände, öffnete die Knöpfe seiner Jeans und zog sich aus. Das weiße Hemd reichte bis zur Hälfte der Oberschenkel. Als es sein Goldenes Horn an sich drückte, dachte Nina an den Rauschgoldengel, der jedes Jahr zu Weihnachten im Baum ihrer Oma hing.
    Es pustete einmal in sein Horn. Es war ein wütender Ton, dem ein »Pling« folgte und Fräulein Klimper saß beim Himmlischen Kind auf der Schulter.
    »Oh, nein. Eine Wimper. Das war die Wimper, die du wegpusten solltest, als ich keine Wünsche erfüllen konnte. Aber nein, du hast sie in dein Horn geworfen. Es ist ein Kreuz mit dieser Wünscherei. Schnell! Nenn mir einen Wunsch!«
    »Neue Hosen wären doch klasse. Bluejeans sähen bestimmt heiß aus.« Lilly leckte sich eine Pfote. »Nicht wahr, Fräulein Klimperlein?«
    Doch das Himmlische Kind wünschte sich ein Buch mit leeren Seiten.
    »Ein Buch mit leeren Seiten? Warum wünschst du dir nicht ein Buch mit sieben Siegeln. Das könnte spannend werden.« Lilly leckte sich eine Schramme am Bauch, die sie vom Kampf mit Niemand Sonst zurückbehalten hatte.
    Das Himmlische Kind lächelte verschmitzt und bedankte sich bei Fräulein Klimper mit einem Kuss. Ben zog die Jeans an und warf sein Leibchen zur Seite. Perfekt. Mit nacktem Oberkörper, barfuß und den schulterlangen braunen Locken sah er zum Verlieben aus.
    Nina schloss die Augen. Sie würde ihn nie vergessen.
    »Lass uns gehen.« Ben reichte Nina eine Hand.
    Fräulein Klimper wischte sich übers Gesicht, feuchte Küsse und Tränen fort. »Dann musst du mich auch mitnehmen, ich will nicht hierbleiben und Wünsche erfüllen. Das macht mich krank.«
    Lilly öffnete die Schnauze und klappte sie wieder zu. Die Fee warf sich um ihren Hals. »Ich werde dich vermissen, meine Birnen-Raubkatze. Du.«
    »Du bleibst hier.« Nina zupfte sich eine Wimper aus und pustete sie weg. »Ich habe drei Wünsche frei!« Sie biss sich auf die Lippen und blickte auf ihre dreckigen Sneakers. »Auf ewig.«
    Anton drückte Nina an sich, Petit im linken Sackarm schlummernd. »Du wirst wiederkommen. Nicht wahr? Das machst du doch?«
    Nina antwortete nicht.
    Sie umarmte Anton noch einmal, liebkoste Petit, drückte Lilly an sich, streichelte Fräulein Klimper über ihr Haar, küsste das Himmlische Kind auf den Mund und presste ihr nasses Gesicht in den dicken Wanst des Nikolaus. »Ich glaube fest an dich«, flüsterte sie ihm zu.
    Dann ging sie, ohne sich umzusehen. Ben blieb dicht bei ihr. Ein einziges Mal streifte er ihre Hand, dann griff er danach und hielt sie so fest, dass es schmerzte.
      
    Der Rückweg schien ihr kürzer. In den Wäldern tauchten Niemandsländer auf, neugierig, winkend, trauernd. Manche riefen Ninas Namen, andere wünschten ihr Glück, die meisten schwiegen. Sie begleiteten Nina und Ben stumm auf ihrem Weg zurück zur Grenze in das Land, über das alle etwas zu wissen

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