Niemand
Wort. Ihr Herz klopfte noch stärker, aber auf eine beschwerte Art und Weise, dass sie kaum zu atmen wusste. Sie drehte sich nicht um. Nina überschritt die Grenzen ihres Landes, erst dann rief sie: »Ich komme wieder, wenn ich alt genug bin. Ich verspreche es!«
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Ben blieb stehen. Er wollte allein sein. Und immer, wenn er allein sein wollte, ging er am Weg zu der Welt entlang, die kein Niemandsländer je gesehen hatte, von der jeder im neuen Ninaland jedoch alles besser zu wissen glaubte.
Nur er – Ru Ben Malik Baptist I – wusste, dass dort in dem Land, wo die Menschen lebten, ein Mädchen wohnte, das ihn zum Abschied geküsst hatte. Ein Kuss, süßer als jeder leckerlieblichzuckersüße Erdbeerduft. Ein Mädchen mit dem schönen Namen Nina, der geheimnisvoll auf der Zunge prickelte. Nina, die er lieben wollte, bis ans Ende seiner Tage. Sein Herz raste. Er drückte die rechte Hand dagegen und schloss die Augen.
»Nina, Nina, Nina«, flüsterte er. »Niiiinnnnnaaaaaa! Komm zurück. Bitte. Ich warte.«
ENDE/ANFANG
Zum Plausch
Hallo! Da sind Sie ja. Hätte ich Sie warnen sollen? In Anbetracht der Tatsache, dass diese Zeilen sehr lang werden, habe ich aus Rücksichtnahme auf den Verlag, und natürlich auf Sie, das Vorwort weggelassen. Möglicherweise sind Sie jedoch ein Nachwort-vor-dem-Roman-Leser – so wie ich –, in dem Fall heiße ich Sie herzlich willkommen beim Vorwort! Für alle anderen gilt: Schön, dass Sie das Niemandsland bis hierher durchquert haben.
Warum und aus welchen Gründen Sie auch hierhin gelangt sind: Wenn Sie schon einmal da sind, möchten Sie sicherlich ein paar Worte zur Entstehung des Buches lesen.
Das kann aber dauern. Knabbergebäck, Erdbeeren, eine Kanne Tee oder Kaffee kann ich Ihnen leider nicht reichen, aber vielleicht gehen Sie schnell in die Küche und versorgen sich selbst.
Niemandsland nennen wir ein Gebiet rings um eine Straßenkreuzung, von der aus drei verschiedene Städte erreicht werden können, nicht weit von meiner Heimat entfernt. Passiert dort ein Unfall, kümmern sich drei verschiedene Polizeistationen darum … oder keine – je nachdem. Zumindest war das vor einigen Jahren so. In dieses Niemandsland habe ich zwei Fensterladenhalter geworfen und ein Baby, das dort verloren ging. Irgendwie kamen mir Spaghettihaare in den Sinn. Nun konnte ein Baby keine Spaghettihaare haben, also übersprang das Baby die jungen Jahre und wurde zu einem blonden Mädchen. 2006 müsste das gewesen sein.
Das war es erst einmal. Andere Projekte verdrängten das Niemandsland. Doch ich verspürte einen inneren Zwang, ein Muss, in »mein Märchen« einzutauchen. Nichts anderes war es: mein Märchen. Ich schrieb es für mich. Ich mag Märchen, und ich hatte Lust etwas zu schreiben, das ich mich noch nie getraut hatte. Ein bisschen bescheuert, durchgeknallt, zweideutig, durchgedreht, lustig, schräg, aber leckerlieblichzuckersüß. Denn, hey, ich habe Humor, trockenen zuweilen, oft zweideutigen, aber keinen schmutzigen, und bisher durfte und konnte ich ihn in den Büchern nur selten oder gar nicht anbringen. Sollten Sie andere Bücher von mir gelesen haben, wissen Sie, was ich meine.
Mein Märchen bekam keinen Titel. Wozu? Es war meins, an dem ich immer dann arbeitete, wenn es die Zeit zuließ.
Es entwickelte sich langsam. Ich nannte das Mädchen mit den blonden Spaghettihaaren Nina. Ein schöner Name. Und Niemand? Wie kam ich auf Niemand? Nun, seien Sie gewiss, ich weiß es, aber auch Autoren brauchen ihre Geheimnisse.
Als ich Arschkriecher oder Schleimscheißer durch das Niemandsland kreuchen ließ, das glauben Sie jetzt sicherlich nicht, dachte ich niemals an irgendeine bestimmte Person. Ich kann heute nicht mehr sagen, wie ich auf die wahnwitzige Idee kam, Schimpfwörter zum Leben zu erwecken. Die Zweideutigkeit hatte mich anscheinend während des Schreibens an meinem Märchen stets im Griff. Ich erinnere mich aber gut daran, dass die Abrissbirnenkatze in einem Mailaustausch mit der Schriftstellerin Brigitte Melzer geboren wurde. Wie und warum – das ist mir entfallen, allerdings habe ich eine vage Ahnung, dass das Wurzelmännchen in den gleichen E-Mails zum Leben erweckt wurde. Ich glaube, ich war zu dem Zeitpunkt mächtig böse – nicht auf Brigitte. Nein, nein.
Mister Dings und Misses Bums wurden geboren und getauft bei einem ausgelassenen Abendessen mit meiner Familie. Hibbel und Gibbel sind ebenso entstanden. Auch meine Zeit bei Twitter bescherte mir
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