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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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er und gab ihnen ein Zeichen, auf der englischen Sitzgruppe Platz zu nehmen, was keiner der beiden tat, bevor der Minister sich gesetzt hatte.
    »Ja, dies ist die berühmte Sitzgruppe«, fuhr Anders Lönnh fort und erkannte an den fragenden Mienen seiner Besucher, daß sie über diese Sitzgruppe nicht informiert waren.
    »Nun ja«, sah er sich genötigt fortzufahren, »dies ist also die Sitzgruppe, für die ich Mittel der Streitkräfte verschwendet habe, wie die sozialistische Abendpresse meint. Ich will aber verdammt sein, wenn sie mehr gekostet hat als die Sitzgruppe meines Vorgängers. Nun, soviel über Sofas. Worum geht es?«
    Der abrupte Übergang von der Sitzgruppe zur Kernwaffenproblematik traf die beiden unvorbereitet. Sie warfen einander einen kurzen Seitenblick zu, obwohl selbstverständlich war, wer anfangen sollte.
    »Es geht um Kernwaffen«, begann der OB knapp.
    »Ich hätte nicht gedacht, daß wir uns Kernwaffen anschaffen sollen. Selbst der Verteidigungswille eines Konservativen hat irgendwo eine Grenze«, scherzte der Verteidigungsminister fröhlich, womit er beide Besucher auf einmal aus dem Gleichgewicht brachte.
    »Nein, so etwas wollten wir auch nicht vorschlagen«, fuhr der OB verlegen fort. »Ich fürchte, das wäre eine weit einfachere Frage als die, die wir jetzt im Gepäck haben.«
    Damit hatte er allen weiteren Scherzen zu diesem Thema vorgebeugt, und ob nun Witzbold oder nicht, mußte der Verteidigungsminister sich jetzt damit abfinden, eine Zeitlang nur zuzuhören. Zunächst machte er ein höfliches, neutrales und unberührtes Gesicht, doch nach einiger Zeit begann sich Unruhe darauf abzuzeichnen.
    Als der OB nach rund drei Minuten mit seinem Vortrag fertig war, saß der Verteidigungsminister still mit der Faust unterm Kinn da und dachte nach.
    »In der Sache geht es also um folgendes«, faßte er nach einiger Zeit zusammen. »Wir haben eine amerikanische Forderung, die angeblich mit der sowjetischen Regierung abgesprochen ist, daß schwedisches Personal auf sowjetischem Territorium einen Kernwaffenschmuggel vereiteln soll. Die Schmuggler sollen beseitigt, die geschmuggelten Gefechtsköpfe markiert werden, worauf das Personal sich zurückzieht, am besten nach Schweden. Ist das richtig?«
    »Ja, das ist… korrekt«, erwiderte der Oberbefehlshaber, der mitten im Satz hörbar schluckte.
    »Dann habe ich zunächst einige Fragen«, teilte der Verteidigungsminister in einem Tonfall mit, der feindseliger klang, als er gemeint war.
    »Um was für Kernwaffen handelt es sich?«
    »Das wissen wir nicht. Vermutlich bedeutend schwerer als das, was man als taktische Waffen bezeichnet. Es dürfte sich um eine Vernichtungskapazität handeln, die etwa drei Weltstädten entspricht.«
    »Aha. Bekommen wir auf diese Frage später noch eine Antwort?«
    »Wahrscheinlich ja.«
    » Können wir diese Operation durchführen, ich meine, rein technisch?«
    »Ja.«
    »Interessant, sehr interessant. Wer ist für die praktische Durchführung des Unternehmens verantwortlich?«
    »Kapitän zur See Hamilton.«
    »Ach! Er ist vor kurzem hier gewesen, und wir haben uns über ganz andere… nun ja, das kann man vielleicht verstehen. Haben Sie schon irgendwelche Vorbereitungen getroffen?«
    »Ja.«
    »Nämlich welche?«
    »Wir haben damit begonnen, eine Gruppe zusammenzustellen. Einige Männer haben mit einer Übung begonnen, und außerdem wird einiges ergänzendes Material beschafft.«
    »Wo?«
    »Bei der Fallschirmjägerschule in Karlsborg. Es geht also um ein Luftlandeunternehmen.«
    »Luftlandeunternehmen? Haben Sie vor, sowjetisches Territorium zu überfliegen?«
    »Nein. Der Anflug erfolgt über finnisches Territorium. Wir bereiten verschiedene Möglichkeiten vor, das Ganze so durchzuführen, daß die sowjetische Luftabwehr nicht alarmiert wird.«
    »Und die finnische?«
    »Es besteht wahrscheinlich ein hohes Risiko, daß die Finnen uns entdecken, wenn wir für ein paar Minuten in ihren Luftraum eindringen. Es besteht jedoch eine gute Chance, dies zu tun, ohne daß sie die Herkunft der Maschine feststellen können.«
    Der Verteidigungsminister überlegte kurz, bevor er fortfuhr.
    »Nun ja«, sagte er, »das ist eine politische Frage. Ich meine, entweder machen die Finnen es selbst – das ist wohl am wahrscheinlichsten?«
    »Ja, zu dem Urteil sind wir auch gekommen. Was für uns selbstverständlich ist, sollte es auch für sie sein.«
    »Genau. Oder, wenn sie es nicht selbst machen, würde es mir schwerfallen zu

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