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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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wir uns nicht.«
    »Das war aber nicht sehr erhellend«, sagte sie und kniff den Mund auf eine Weise zusammen, die schon zu ihrer privaten Körpersprache gehörte und bedeutete, etwas mehr mußt du schon erzählen.
    »Das ist doch gar nicht so schwierig«, lächelte er. »Es stimmt doch, daß wir hier einen Liebesurlaub verbringen…«
    Er senkte die Stimme und sah sich um, als machte ihn möglicherweise die Wortwahl verlegener als die Sache selbst.
    »Hör mal zu. Es stimmt doch. Du bist Anna Erikadotter, die bei der Sporthochschule in Stockholm dienstfrei genommen hat, und ich bin Åke Stålhandske, ein einfacher Major im Urlaub. Wir haben keinen einzigen Gegenstand im Gepäck, der etwas anderes sagt als die Wahrheit. Wir verstoßen gegen kein Gesetz und sind auf unserer Reise sogar ziemlich glücklich. Wir wären nur dann Spione, wenn wir es selbst glauben.«
    Er breitete die Arme aus, als hätte er damit alles erklärt.
    »Wir sind nicht ziemlich glücklich«, sagte sie nach kurzer Bedenkzeit. »Wir sind sehr glücklich.«
    »Nun ja«, erwiderte er verlegen und sah sich erneut um.
    »Natürlich sind wir verteufelt glücklich.«
    Sie ließ ein langes, glockenhelles Lachen hören, und er schien überhaupt nicht zu begreifen, was so komisch war.
    Verteidigungsminister Anders Lönnh sah sehr wohl ein, daß es eine wichtige Angelegenheit war. Wenn der Oberbefehlshaber kurzfristig um ein Treffen bat und gleichzeitig mitteilte, daß der Chef des Nachrichtendienstes zweckmäßigerweise dabeisein sollte, war es wichtig. Trotzdem ließ er sie ein wenig warten, sozusagen aus Prinzip.
    Im Wartezimmer, das kein Wartezimmer war, sondern nur ein etwas breiterer Abschnitt des Korridors vor der hohen braunen Eichentür mit dem Messingschild, auf dem es kurz und bündig DER MINISTER hieß, saßen der Oberbefehlshaber des Landes und Samuel Ulfsson. Sie fühlten sich sowohl körperlich als auch seelisch beengt und waren übellaunig. Neben dem Kopf des OB summte ein Kopiergerät, und zweimal zwängten sich irgendwelche Sekretärinnen an ihm vorbei, um zu kopieren.
    »Verdammt merkwürdiger Platz für eine solche Maschine«, knurrte er, als er zum zweiten Mal hatte aufstehen müssen.
    Samuel Ulfsson antwortete nicht. Er war schon früher in merkwürdigen Angelegenheiten hier gewesen, die in der Regel mit den Aufträgen eines frischgebackenen Kapitäns zur See zu tun hatten. Er betrachtete die graugrünen Muster auf Textilien und Teppich. Der Teppich war von roten Linien durchzogen, um gleichsam den nüchternen Eindruck aufzulockern. Er hob den Blick zu dem Marmorfries über der schweren Eichentür. Graugrüner Marmor, vermutlich aus Kolmården, zu etwas geformt, was an ein griechisches Tempeldach erinnern sollte. Die Stehlampen hinter dem kleinen Sofa waren ein klarer Stilbruch. Sie sahen aus wie fliegende Untertassen. Entweder war es etwas Italienisches und Teures oder aber IKEA. Samuel Ulfsson klopfte prüfend an die Wand hinter sich. Es war falscher Stein. Holz, das mit einem marmorierten Muster bemalt war.
    »Ja«, stellte er ohne jeden Sinn fest, »hier sitzen wir und können nicht anders.«
    »Ja, aber versuch doch um Himmels willen, das Positive zu sehen. Stell dir vor, wir hätten unter der früheren Regierung hier gesessen. In der gleichen Angelegenheit wie heute.«
    »Es gehört nicht zu meinem Job, in allem das Positive zu sehen. Du bist es doch, der mich immer wieder daran erinnert«, knurrte Samuel Ulfsson. »Und außerdem, unter der vorigen Regierung…? Ich habe das Gefühl, daß wir dann gar nicht hier gesessen hätten. So verstanden ist es also doch etwas Positives. Wir sind gesetzestreu und die guten Diener der Demokratie.«
    Der OB quittierte das mit einem zweideutigen Lächeln. Er war nicht sicher, wieviel Ironie in Samuel Ulfssons Kommentar lag.
    Als die Sekretärin des Ministers erschien, standen beide fast wie von der Tarantel gestochen auf und marschierten hinein und gleich nach rechts, folglich in das falsche Zimmer, da im Zusammenhang mit dem Regierungswechsel sich ein paar praktische Veränderungen ergeben hatten. Verlegen zogen sie sich aus einer Konferenz zurück, in die sie völlig unerwartet hineinplatzten. Die Sekretärin führte sie ins richtige Zimmer.
    Der Verteidigungsminister stand mitten im Raum, als verfolgte er damit irgendeinen Hintergedanken, und begrüßte sie fast übertrieben freundlich.
    »Ich lerne die Herren keinen Tag zu früh kennen. Ich freue mich wirklich auf diese Begegnung«, sagte

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