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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Beim König und der Königin?«
    »Ja«, sagte er lächelnd, als er ihr Erstaunen über seine mangelnde Begeisterung sah, »aus amerikanischer Sicht bin ich wohl, wenn du entschuldigst, ein bißchen durchgedreht, denn solche Veranstaltungen sind nicht gerade das, was ich in diesem Leben erstrebt habe.«
    »Sozialismus und all das?«
    »Na ja, oder, richtiger gesagt, njaaa, aber wenn ich mich vorsichtig ausdrücken soll, kann ich nur sagen, daß wir auf solchen Veranstaltungen nicht viele Leute treffen werden, mit denen uns etwas verbindet.«
    »Aber du hast trotzdem nicht vor abzusagen?«
    »Nein, ich bin Kapitän zur See in Diensten des Oberbefehlshabers, stellvertretender Chef des militärischen Nachrichtendienstes und außerdem so eine Art Mitglied im Sicherheitsrat des Ministerpräsidenten. Nein, ich kann nicht absagen.«
    Er faltete den Brief zusammen und steckte ihn in die Innentasche seiner Lederjacke, zuckte die Achseln und lächelte sie verlegen an.
    Sie betrachtete ihn forschend, als wollte sie herausfinden, ob er irgendwie Theater spielte, aber seine Art, verlegen zu sein, war sehr überzeugend.
    »Stell dir vor, diese Blödiane haben mich jedenfalls zur Gräfin gemacht«, scherzte sie, um ihn auf andere Gedanken zu bringen.
    »Inwiefern?« sagte er erstaunt.
    »Na ja. Es steht doch da auf dem Umschlag!«
    »Ach so, das«, sagte er mit einem plötzlichen Anflug von Munterkeit. »Aber das liegt daran, daß du eine Gräfin bist.«
    »Bin ich das? Ein echter Chicano-Bastard, eine O’Connor, seit wann denn, wenn ich fragen darf?« Mit einem gespielten Temperamentsausbruch stemmte sie die Hände in die Hüften.
    »Seit du mich geheiratet hast«, sagte er. Dann ging er in Richtung Küche, drehte sich um und sah, daß sie verblüfft stehengeblieben war, ohne sich zu rühren.
    »Soso«, sagte er, »komm jetzt, Gräfin, wir müssen uns um die Marinade kümmern. Du bist durch Heirat befördert worden, falls es nun eine Beförderung ist, aber jedenfalls nicht von Gott, falls es das gewesen ist, worauf du gehofft hast.«
    Sie lachte laut auf und warf auf ihre charakteristische Weise den Kopf in den Nacken.
    Auf knallenden Absätzen ging sie mit übertriebener Grandezza an ihm vorbei, warf den Kopf in den Nacken und erklärte, als frischgebackene Gräfin bereite sie selber keine Marinade mehr zu, sondern sehe nur noch zu, wenn andere es täten. Er senkte den Kopf und ging mit unbeholfenen Schritten und schwingenden Armen hinter ihr her und bat sie im Südstaatendialekt, ihm Befehle zu erteilen, er werde sie dann schon befolgen.
    Es entstand eine Art Verzauberung, als sie ihre Rollen spielten. Er redete sie immer nur mit »Yes Mam« und »No Mam« an, und sie machte großspurige Gesten und zeigte mit ausgestrecktem Arm und nach unten gerichtetem Zeigefinger mal hierhin, mal dorthin, während er Brotscheiben schnitt und sie leicht in Butter anbriet, statt sie zu toasten. Dann bereitete er die rohen Lachsscheiben vor und öffnete zwei Dosen mit russischem Kaviar. Er wollte ein Vorgericht in Schwarz, Rosa und Grün mit Dillzweigen zubereiten, während er den Hirschrücken würzte und das Gemüse wusch.
    Als die Theaterrollen nichts mehr hergaben, bat sie ihn, zunächst von dem Wein und dann von den Gästen zu erzählen. Vom Wein zunächst deshalb, weil das wahrscheinlich am schnellsten gehe.
    »Ja«, bestätigte er, während er die Wildsauce abschmeckte.
    »Mit dem Wein geht es schnell. Kalifornischen gibt es aber nicht, jetzt müssen wir the real thing bieten, da wir kultivierte europäische Gäste haben werden. Dieser weiße Burgunder ist im Grunde von der gleichen Traube gemacht wie der kalifornische Far Niente und unsere anderen privaten heimlichen Leidenschaften, aber heute gibt es Montrachet, einfach ausgedrückt das Beste, was die Welt zu bieten hat. Der Rotwein kommt heute aus derselben Landschaft, vom Weingut Romanée Conti. In Schweden trinkt man Burgunder bevorzugt zu Wild, und einer meiner Gäste hat von meinem eigentlichen Lieblingsdistrikt in Burgund mal zuviel bekommen. Das war’s, Ende der Geschichte. Wie es schmeckt, mußt du selbst entscheiden. Weingeschmack läßt sich nicht verordnen.«
    »Und die Gäste? Anna und Åke habe ich ja schon kennengelernt, aber die anderen?« fragte sie. Damit beendete sie abrupt ihre Theaterrolle und wandte sich statt dessen ihrer eigenen besonderen Verantwortung zu, den mexikanischen Snacks zum Begrüßungsgetränk.
    »Sie kommen rechtzeitig, das wäre als erstes zu

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