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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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unsicher zurück.
    »Ja«, sagte Carl ungeduldig und ging auf die Stelle zu, wo die Hirsche eben noch gestanden hatten. Er zog Åke Stålhandske mit. »Natürlich sind sie alle weggelaufen. Aber das Kalb ist tot, falls du dich das fragst. Du hast genau dort getroffen, wo ich es dir gesagt habe.«
    »Aber warum ist es weggelaufen?« fragte Åke Stålhandske mit etwas lauterer Stimme, da Carl jetzt mit langen Schritten vor ihm herging.
    »Weil es kein Mensch war. Wenn einer von uns eine bleiummantelte 300 Winchester Magnum durch die Lungen bekommen hätte, wäre er nicht weggelaufen. Komm jetzt.«
    Carl fand schnell die Blutspur, zeigte sie Åke Stålhandske mit dem Zeigefinger und setzte ihn auf die Fährte wie einen Hund. Die Erde war mit einer dünnen Schneedecke bedeckt, und das hellrote Blut war deutlich zu sehen. Nach kurzer Zeit fanden sie das Kalb.
    Carl zog sein Messer und hielt einen kurzen Vortrag über die Kunst, ein Tier auszuweiden. Als er damit fertig war, nahm er lächelnd das Gewehr an sich, hängte es sich um die Schulter und zeigte auf das Hirschkalb. Åke Stålhandske warf sich das tote Tier nach einigem Zögern über die Schulter und folgte Carl zum Haus zurück. Dieser schien mit seinen Gedanken schon wieder ganz woanders zu sein.
    »Hast du dir überlegt, wie wir die Einsatzgruppe zusammensetzen sollen?« fragte Åke Stålhandske. Er keuchte vor Anstrengung, als er Carl eingeholt hatte. Nur wenige Jäger hatten die Kraft, ein Rothirschkalb allein auch nur hinter sich herzuschleifen, und es auf den Schultern zu tragen wie ein Reh war etwas, wovon kein normal gebauter Mann auch nur träumen konnte. Aber Åke Stålhandske, der jetzt glaubte, sich wie ein normaler Jäger zu verhalten, war kein normal gebauter Mann.
    »Der Auftrag ist an sich ja nicht sonderlich schwierig«, sagte Carl unsicher. »Ich meine, wichtig scheint mir nur zu sein, daß wir bei der Rückkehr ein funktionierendes back up haben. Ich hatte mir gedacht, daß du das übernimmst. Eventuell können wir die Fallschirmjäger die grobe Arbeit übernehmen lassen. Ich verstehe nicht, warum wir uns selbst damit abgeben sollen. Luigi wird sicher enttäuscht sein, wenn er nicht fahren darf, aber ich glaube, daß ich ihn diesmal lieber hinter den Linien behalten möchte.«
    »Es gibt aber eine Komplikation«, sagte Åke Stålhandske fast etwas verlegen. »Etwas, was ich noch nicht erzählt habe.«
    »Ach so?« sagte Carl und hob erstaunt die Augenbrauen.
    »Und was wäre das für eine Komplikation?«
    »Alle menschlichen Gewebereste müssen zerstört werden«, sagte Åke Stålhandske in einem Atemzug.
    Carl blieb abrupt stehen. Er drehte sich langsam um und sah Åke Stålhandske an. Er konnte schnell feststellen, daß er sich nicht verhört hatte.
    »Teufel auch«, sagte er. »Zerstört? So, daß alle verdammten DNA-Moleküle vernichtet werden? Es soll nicht möglich sein, irgendwelche biologischen Überreste zu identifizieren?«
    »Genau«, erwiderte Åke Stålhandske. »Das wird nicht ganz einfach sein, vor allem wenn ich daran denke, daß große Kälte herrscht.«
    Carl wandte sich wieder dem Weg zu und begann, energisch und mit langen Schritten zu gehen, so daß der schwerbeladene Åke Stålhandske Mühe hatte, ihm zu folgen.
    »Einzelne Zähne, zusammengenagelte Knochengelenke, also die Spuren irgendwelcher Operationen, außerdem noch Fleisch, Fettgewebe und Skelett-Teile, vor allem die Schädel, natürlich«, brummelte Carl mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Richtig«, sagte Åke Stålhandske leise. »Ungefähr so.« Carl blieb stehen und blickte vor sich auf den Erdboden.
    »Wissen wir weshalb?« fragte er kurz.
    »Nein«, erwiderte Åke Stålhandske vorsichtig. »Man kann sich ja eine Reihe von Gründen vorstellen, aber spielt das eine Rolle?«
    »Nein«, sagte Carl sacht, »das spielt natürlich keine Rolle. Aber es verändert einige Voraussetzungen. So wird es ja nicht gerade der nette kleine Spaziergang im Park, wie man hätte glauben können. Damit ergeht folgender Befehl…«
    Carl überlegte eine Weile und ging dabei langsamer. Jetzt hatte er es nicht mehr eilig, zu den Frauen zurückzukommen. Sein Eifer schien wie weggeblasen.
    »Also befehle ich wie folgt«, wiederholte er mit einem Seufzer. »Du fährst nach Karlsborg runter, siehst zu, daß unsere Ausrüstung mit einer Motorsäge, Spaten und solchen Dingen ergänzt wird, wie sie die neue Lage erfordert. Achte darauf, daß wir die passende Ausrüstung für acht Mann

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