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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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getan.«
    »Und dann?«
    »Jetzt bin ich wieder hier, für immer.«
Es klang auch endgültig. Ende der Diskussion.
    Ich schloß die Tür auf, und wir traten
ein. Als Anne-Marie hereinkam, hatte ich schon Feuer im Kamin gemacht.
    »Ned brauchte ein bißchen, um
hochzukommen«, sagte sie, »aber er ist unterwegs. Möchte jemand Kaffee?«
    Ripinsky schüttelte den Kopf. »Ich
nehme ein Bier, wenn eines da ist.«
    »Für mich einen Brandy«, sagte ich.
    »Und für Ned ein Selters und für mich
einen Kräutertee.« Sie ging in die Küche und murrte laut über die Leute mit
ihren Sonderwünschen.
    Es waren noch keine fünf Minuten um,
als Sanderman in frisch gebügelter Cordhose und Pullover zur Tür hereinkam, die
Haare nach hinten über die beginnende Glatze drapiert. Er hatte die Zeit
genutzt und geduscht — und sich wahrscheinlich auch noch rasiert — , aber diese
rituellen Waschungen hatten seine Stimmung nicht spürbar gehoben. Sein Gesicht
wirkte wie das eines Kindes, das man grob aus dem Schlaf gerissen hatte, und
wenn ich mir seine vorgeschobene Unterlippe ansah, wäre ich nicht überrascht
gewesen, wenn er gleich losgebrüllt hätte. Er saß steif auf einem der Stühle in
der Eßecke und nahm das Glas Selters entgegen, das Anne-Marie ihm anbot.
Mißbilligend nahm er zur Kenntnis, daß sie Hy ein Bier und mir einen Brandy
reichte.
    Ripinsky sagte, wir sollten ganz am
Anfang beginnen, und zeigte auf mich. Ich erzählte ihnen, was ich den Tag über
im Stone Valley getrieben hatte, von meinem Besuch bei Hy, von unserer Fahrt zu
Zelda’s. Als ich bei der Entdeckung von Lily Nickles am anderen Ende der
Tanzfläche angekommen war, bekam Anne-Marie einen nachdenklichen
Gesichtsausdruck. Ich wußte, daß ich mit einigen Fragen zu rechnen hatte, wenn Hy
und Ned gegangen waren. Doch als ich von der Leiche im See berichtete, wurde
ihr Gesicht sehr ernst. Sanderman bekam einen in sich gekehrten Blick.
Wahrscheinlich versuchte er, sich die Szene bildlich vorzustellen.
    Als ich zu Ende war, sagte Ripinsky:
»Wie man sieht, ist das eine verdammt seltsame Häufung von Umständen. Vorher
hatte niemand jemals von diesem Franklin Tarbeaux etwas gehört oder gesehen.
Dann taucht ein im Laufe des Tages oder des Abends erschossener Mann im See auf,
und er hat Tarbeaux’ Ausweis in der Brieftasche. Und dieser Ausweis sieht wie
eine Fälschung aus. Meiner Meinung nach sollten wir — «
    Sanderman unterbrach ihn mit scharfer
Stimme. »Wie hieß er noch wirklich?«
    »Erickson. Michael M. Wohnhaft in
Barbary Park, San Francisco. Wie gesagt — «
    »Woher wollen Sie wissen, daß Tarbeaux
nicht sein richtiger Name war? Vielleicht ist der Erickson-Ausweis der
falsche.«
    Hy seufzte. »Ich habe genug gefälschte
Ausweise gesehen, um das unterscheiden zu können.«
    Nachdem er nicht fortfuhr mit dem, was
er vor der Unterbrechung durch Sanderman sagen wollte, fragte Anne-Marie mich:
»Meinst du, dieser Erickson könnte im Zusammenhang mit dem Landverkauf ermordet
worden sein?«
    »Das ließe sich denken.« Ich überlegte
einen Augenblick lang. »Die Tatsache, daß Erickson möglicherweise eine falsche
Identität benutzt hat, wirft ein schlechtes Licht auf den ganzen Handel.
Vielleicht hat jemand aus dem Umfeld von Transpacific Erickson zum Schweigen
gebracht, damit nicht herauskam, daß es Tarbeaux gar nicht gab.«
    »Aber er hatte den Ausweis bei sich«,
erinnerte sie mich.
    »In einem Geheimfach seiner
Brieftasche«, erinnerte Ripinsky sie. »Das mußte der Mörder nicht unbedingt
gewußt haben.«
    Sanderman stand auf und ging mit hinter
dem Rücken verschränkten Armen und gesenktem Kopf im Zimmer auf und ab. »Wenn
das der Fall ist«, sagte er, »muß einer der bewaffneten Wachleute im
Minengelände der Mörder gewesen sein.«
    »Könnte sein oder auch nicht. Im
Augenblick können wir nicht zu solch einer Schlußfolgerung springen«, sagte
ich.
    »Na gut, aber was können wir denn schlußfolgern?« fragte er.
    »Noch gar nichts«, sagte ich.
    »Großartig, wirklich großartig!«
    »Nimm’s nicht so schwer, Ned«,
beruhigte Anne-Marie ihn.
    Sanderman blieb mit dem Rücken zu uns
am Fenster stehen und schlug mit der Faust gegen den Rahmen. Anne-Marie sah
besorgt aus. Ripinsky beobachtete ihn mit zusammengekniffenen Augen.
    »Darf ich einen Vorschlag machen?«
sagte ich. »Ich möchte mit den Leuten reden, die ich heute im Stone Valley
nicht angetroffen habe. Auch mit dem Mann, der mich mit dem Gewehr vertrieben
hat. Ich nehme Lily

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