Niemandsland
und Gelächter endete. Schließlich
häuften wir die Teller voll — scheußlich-gelbes Steingut, das sich schrecklich
mit den unglücklich-orangefarbenen Kacheln auf der Küchenbar biß — und trugen sie
zur Eßecke. Und stürzten uns wie hungrige Wölfe darauf.
Als ich zwischendurch einmal aufsah,
starrte mich Ripinsky an. »Stopfen Sie sich immer auf die Weise voll, gnädige
Frau?«
»Meistens schon.«
»Wie bleiben Sie dann so dünn?«
»Gute Veranlagung.«
Er nickte und wandte sich wieder seinen
Eiern zu.
Als wir fertig waren, tauchten wir das
Geschirr in ein Spülbecken mit schäumendem Wasser. Ripinsky sagte: »Ich sollte
besser gehen, bevor ich so müde werde, daß ich Sie um Bereitstellung Ihrer
Couch bitten muß.« Dann sah er mich an. »Kommen Sie mit mir nach oben?«
»Klar.« Ich griff nach meiner Jacke und
ging mit ihm hinaus.
Es war schon einige Zeit nach zwei. Die
frühen Morgenstunden in der Hochwüste sind sehr frisch. Unser Atem bildete
weiße Wölkchen, als wir zu seinem Wagen gingen.
»McCone«, sagte Hy, »haben Sie eine
Schießausbildung?«
»Ja.«
»Gute Schützin?«
»Ich bin gut. Eine Frau in diesem Beruf
muß das sein.« Jetzt hielt ich mich zurück, so wie er zuvor, als er nicht näher
auf die Jahre eingehen wollte, die er nicht am Tufa Lake verbracht hatte. Dabei
hielt ich nicht so sehr Tatsachen zurück, sondern mehr emotionale
Begleiterscheinungen zu Dingen, die ich hatte tun müssen und die ich manchmal
gern ungeschehen sähe.
Er fragte mich: »Haben Sie eine Waffe
bei sich?«
»Nein, die liegt zu Hause. Ich habe sie
früher immer im Handschuhfach meines Wagens aufbewahrt, aber nachdem es einmal
aufgebrochen und die Pistole gestohlen wurde, ist mir das zu riskant geworden.«
Wir erreichten seinen Morgan. Mit
gekreuzten Armen und ernstem Gesicht, auf das der Schein der
Sicherheitsbeleuchtung am Empfangsgebäude fiel, lehnte er sich dagegen. »Ich
würde Ihnen ja eine von meinen Pistolen leihen, aber bis ich sie geholt und
hergebracht hätte — «
»Machen Sie sich keine Mühe. Ich kann
auch ganz gut mit einem Schürhaken umgehen.«
Seine Lippen zuckten, aber er wurde
schnell wieder sachlich. »Ich weiß nicht, vielleicht übertreibe ich ja. Aber
alte Gewohnheiten sterben nur langsam. Tun Sie mir einen Gefallen — legen Sie
den Schürhaken ganz nah neben Ihr Bett heute nacht.«
»Das tue ich.«
Er machte keine Anstalten, in sein Auto
zu steigen. Ich trat von einem Fuß auf den anderen — nicht wegen der Kälte oder
aus Ungeduld, sondern weil mir plötzlich schwindelig wurde.
Hy sagte: »Kommen Sie, McCone. Lehnen
Sie sich an.«
Ohne Zögern ging ich auf ihn zu. Er
hielt mich fest an sich gedrückt, und ich spürte seinen warmen Atem auf meiner
Stirn. Diese Nähe erschien uns so natürlich wie beim Tanzen bei Zelda’s. Nach
ein paar Sekunden ließ er mich los. Auf seinen Lippen lag ein melancholisches
Lächeln.
»Bis später«, sagte er und klappte
seinen langen Körper zusammen, um in den Morgan zu gelangen.
7
Ich schlief weder tief noch lang, und
um sieben war ich auf den Beinen und angezogen. Ein kurzer Blick in Anne-Maries
Zimmer sagte mir, daß sie sich in ihr Bett vergraben und die Kissen zum Schutz
vor dem Rauschen der Dusche über den Kopf gezogen hatte. Sie war bereits im
Bett verschwunden, als ich zurückgekommen war. Sie mußte also sehr müde gewesen
sein. Selten hatte ich erlebt, daß sie ihre Neugier auf etwas so Provokatives
zurückgehalten hatte wie die Tatsache, daß ich mich von Ripinsky bei Zelda’s
zum Tanzen hatte überreden lassen.
Ich machte mir eine Tasse Pulverkaffee,
zog meine Jacke an und trat auf die Veranda. Die grauen Umrisse der Weiden
umrahmten den pinkfarben gestreiften See. Über die Oberfläche glitten
Wasservögel und suchten, Köpfchen in das Wasser, Schwänzchen in die Höh’, nach
Futter. Möwen und Regenpfeifer vollführten unentwegt Touch-and-go-Landungen auf
den kleinen Tuffsteininseln.
Mein Blick blieb am nahen Anlegesteg
hängen, auf dem eine Gestalt saß, ein Knie angewinkelt und den Blick dem See
zugewandt. Offensichtlich Ned Sanderman, der ebenfalls nicht mehr schlafen
konnte. Fast wäre ich schon wieder hineingegangen, aber dann stieg ich mit dem
Kaffee in der Hand die Stufen hinab. Als die Bohlen unter meinen Schritten
zitterten, drehte er sich um.
»Guten Morgen«, sagte ich. »Es sieht
aus, als würde es ein schöner Tag.«
Er nickte knapp.
»Etwas dagegen, wenn ich mich zu Ihnen
setze?«
»Wenn
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