Night Academy 2
nervös um. »Ich hätte mir nur einfach gewünscht, dass alles anders gelaufen wäre.«
Mir schnürte es die Kehle zu. Trevor wirkte genauso ernst wie vorhin, doch von Nahem konnte ich erkennen, dass da noch etwas anderes in seiner Miene lag. Er hatte die Stirn in Falten gelegt, machte sich offensichtlich Sorgen. Um mich. Vielleicht aber auch um die anderen im Programm.
Dieser Gedanke war mir unerträglich. »Du kannst die Zeit nicht zurückdrehen, Trevor. Die Entscheidung ist gefallen; am Montag fange ich mit der Ausbildung an.«
Mit dem Kopf deutete er auf die anderen, die näher kamen, darunter auch Cams Freunde Anna, Molly und David, und senkte die Stimme. »Das ist kein Spiel, Dancia. Du wirst mit deinen Kräften arbeiten. Wenn du die Kontrolle verlierst, kann das schlimme Folgen haben. Bei einem Autounfall kann sogar jemand sterben.«
Ich schnappte nach Luft. Eigentlich hätte ich gar nicht so überrascht sein sollen, denn seit Thanksgiving flüsterten Trevor und Anna unentwegt hinter vorgehaltener Hand über mich. Selbst Cam hatte es mittlerweile aufgegeben, das Gerede zu unterbinden. Und nach einigen unangenehmen Situationen am Mittagstisch hatte ich aufgehört, mich in der Cafeteria zu Cam und seinen Freunden zu setzen. Cam hatte keinerlei Anstalten gemacht, mich dazu zu überreden. Meistens verbrachten wir die Zeit nach der Schule im Wohnheim miteinander, trainierten zusammen im Kraftraum oder liefen den Parcours um die Schule.
Endlich kannte ich den Grund ihrer Feindseligkeiten. Trevor und Anna hielten mich für eine Art Zeitbombe.
»Denk, was du willst«, sagte ich. »Cam hat mir von dem Programm erzählt, aber letztlich hat Mr Judan entschieden, mich aufzunehmen. Ob es dir passt oder nicht, ich gehöre jetzt zu euch.«
Er schüttelte den Kopf. »Du hast das in den falschen Hals bekommen. Ich wollte doch nur sagen, dass ich auf dich aufpasse.«
Es dauerte einen Moment, bis mir die Bedeutung seiner Worte klar wurde. Er stellte mich wieder unter Beobachtung.
»Danke, aber ich komme auch ganz gut allein klar.«
»Aber du bist nicht mehr allein«, sagte Trevor leise. »Du gehörst zu uns. Für immer.«
Mit diesen harschen Worten im Ohr reckte ich das Kinn vor und drehte mich weg. Gern hätte ich behauptet, ich wäre stolz hinwegmarschiert, doch in Wahrheit trippelte ich wohl eher unbeholfen davon. Kaum war ich ein paar Schritte gegangen, rutschte ich schon im nächsten Schlammloch aus und suchte schwankend Halt.
»Huups!« Zwei starke Arme fingen mich auf. »Lass mich los, Trev…«, schrie ich und versuchte, mich zu befreien. Als ich jedoch den Kopf nach hinten wandte, sah ich statt grimmiger, eisblauer Augen einen warmen Blick und ein verführerisches markantes Kinn.
»Hey, Dancia. Ich bin’s nur, Cam.«
Ohne zu zögern warf ich mich in seine Arme. Bestimmt war er ziemlich überrascht, doch er drückte mich an sich.
»Was ist denn los?«, fragte er. »Alles in Ordnung?«
Tja, was war denn eigentlich los? Trevor hielt mich für ein wandelndes Pulverfass, und jetzt musste ich unentwegt daran denken, wen ich wohl an meinem ersten Tag versehentlich umbringen würde. Mr Fritz? Cam? Und wenn Trevor nun recht hatte? Bereits vor der Night Academy hatte ich schon gehörig Schaden angerichtet. Vor meinem zehnten Lebensjahr hatte ich schon drei Leute ins Krankenhaus gebracht. Letzten Sommer hatte ich sogar einen Mann ins Koma befördert. Gar nicht auszudenken, wozu ich mit ein wenig Ausbildung noch imstande wäre.
Ich vergrub mein Gesicht an Cams Schulter. »Ach nichts. Wahrscheinlich nur die Aufregung.«
Er hielt mich auf Armeslänge von sich weg, um mir ins Gesicht zu schauen, doch im schwachen Mondlicht und bei dem seltenen Aufleuchten der Lehrertaschenlampen konnte er wohl nicht viel erkennen. Zum Glück, denn er sollte nicht sehen, dass ich weinte.
Trevor schien wie vom Erdboden verschluckt, wofür ich äußerst dankbar war.
»Ich weiß, ich war am Anfang auch total eingeschüchtert«, sagte Cam. »Damals habe ich mich gefragt, warum die mich überhaupt genommen haben. Ich kann mich weder unsichtbar machen noch durch Wände sehen, und Kräfte wie du habe ich schon gar nicht. Aber wenn man die anderen erst einmal kennenlernt, dann ändert sich das schnell.«
Er legte den Arm um mich, und gemeinsam setzten wir uns in Bewegung. Angenehme Gefühle durchströmten mich und vertrieben all die unliebsamen Gedanken. Ich griff nach seiner Hand und genoss die Wärme, die er ausstrahlte.
»Ist
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