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Night School 02 - Der den Zweifel saet

Night School 02 - Der den Zweifel saet

Titel: Night School 02 - Der den Zweifel saet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Daugherty
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mitzubekommen, wie Allie auf Jos High Heels über den unebenen Boden stakste, um die Ecke bog und den unbeleuchteten Weg zum Nutzgarten einschlug. Ein schwacher Geruch nach würzigem Zigarettenrauch hing in der Luft, und gelegentlich klang das gedämpfte Lachen der Raucher, die sich am Hintereingang drängten, herüber, doch Allie war bereits in der Nähe der Grotte und überdies durch Bäume verborgen.
    Vor dem kleinen, weißen Marmorbau blieb sie stehen. Sein Kuppeldach wölbte sich über der zarten Statue einer Frau, die, mit durchsichtigen Schleiern drapiert, in ewigem Tanz erstarrt war. Die Lippen waren zu einem Lächeln verzogen, als würde es ihr Spaß machen, in der Kälte zu tanzen, den einen Fuß für immer angehoben.
    Allie streckte die Hand aus und berührte den weichen, eiskalten Stein. Sie dachte an den Abend, als Sylvain ihr nachgegangen war und hier Kampftechniken mit ihr geübt hatte.
    »Du hast ja gar keinen Mantel an.«
    Aus irgendeinem Grund überraschte seine Stimme sie nicht, obwohl sie ihn nicht hatte kommen hören. Erst wusste sie nicht, was sie tun sollte und schloss einfach die Augen. Dann drehte sie sich um. Sylvain stand einen Meter entfernt am Treppenabsatz, der hinauf zur Statue führte. Als ihre Blicke sich trafen, erbebte Allie wieder. Sie deutete auf seinen Smoking. »Du doch auch nicht.«
    »Ja, aber zu meinem Smoking gehört wenigstens eine Jacke.« Er streifte die schwarze Jacke mit Seidenbesatz ab und hielt sie ihr hin. Sein schneeweißes Hemd leuchtete in der Dunkelheit.
    »Aber jetzt wirst du frieren«, bemerkte sie, ohne die Jacke anzunehmen.
    Er lächelte. »Ich werd’s überleben.«
    Sie zögerte kurz, dann nahm sie doch an. Wie sie es erwartet hatte, hielt die Jacke noch seine Körperwärme und duftete nach seinem Aftershave.
    »Du hast dir die Haare gefärbt.« Sein Blick streifte ihre Locken. »Steht dir.«
    »Danke«, erwiderte sie und fingerte nervös an ihrem Haar herum. »Es war nicht meine Idee. Jo kann sehr … überzeugend sein.«
    »Habe ich auch gehört. Tut mir leid wegen meiner Eltern«, sagte er dann. »Aber sie wollten dich unbedingt kennenlernen.«
    Allie zuckte die Achseln, um anzudeuten, dass sie sich mit Eltern auskannte. »Deine Mutter sieht klasse aus.«
    »Ich werd’s ihr ausrichten. Sie liebt Komplimente«, sagte er trocken.
    Damit hatten sie ihre Small-Talk-Munition offenbar verschossen, und ein schreckliches Schweigen entstand zwischen ihnen. Allie verlagerte ihr Gewicht auf eine der grazilen Sandaletten und stützte sich mit dem Zeh des anderen Fußes ab. Sylvain lehnte an einer Steinsäule und betrachtete sie.
    »Was machst du hier in der Kälte, Allie?«, fragte er leise.
    Das weißt du doch. Sonst wärst du nicht auch hier.
    »Ich weiß nicht … Ich glaub, ich hab einfach ein bisschen frische Luft gebraucht.« Ihre Augen forderten ihn heraus. »Und du?«
    Er richtete sich auf und sagte leise: »Ich bin dir gefolgt.«
    Ihr stockte der Atem. »Warum?«, flüsterte sie.
    »Le cœur a ses raisons, que la raison ne connaît point.«
    Das Französisch kam zu plötzlich für sie, und sie schüttelte den Kopf. Dass sie nicht verstand, was er gesagt hatte, machte sie beinahe panisch. » Ich verstehe nicht. Was bedeutet das?«
    Doch sein Blick und das Verlangen, das sie darin sah, waren Antwort genug. »Das bedeutet, dass ich mit dir zusammen sein will. Dass ich dich nicht aus meinem Kopf kriege.« Mühsam kontrolliert, schlug er mit der Faust gegen die Säule. »Ich habe einfach alles probiert, aber du bist immer noch da.«
    Einatmen, ausatmen.
    »Ich … Ich denk auch an dich.« Vor lauter Herzklopfen hörte sie ihre eigenen Worte kaum. »Aber …«
    Unwillkürlich schossen ihre Gedanken zurück zum Sommerball. An der Art, wie seine blauen Augen blitzten, erkannte sie, dass er wusste, woran sie dachte.
    »Ich habe was Schlimmes getan, ich weiß. Etwas schrecklich Dummes. Aber man kann sich auch ändern, Allie«, sagte er leidenschaftlich, fast verzweifelt. »Man kann dazulernen. Wenn nicht, wozu dann das Ganze hier?« Sein Arm deutete auf das Schulgebäude, das durch die Bäume zu erkennen war. »Wozu leben? Du hast dich verändert, seit du hier bist – ich hab zugesehen, wie du dich verändert hast. Auch ich habe mich geändert. Was ich an jenem Abend getan habe, tut mir leid. Wenn ich es irgendwie ungeschehen machen könnte …«
    Plötzlich waren Allie der Sommerball und alles andere egal. Sie hatte so viel Zeit damit verbracht, sich Sorgen

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