Night School 02 - Der den Zweifel saet
Haar.
»Und du bist sicher, dass dir niemand gefolgt ist?«, fragte die Frau.
»Absolut«, erwiderte Rachels Vater.
»Das arme Ding. Sie muss völlig erschöpft sein. Ich habe Rachel nicht geweckt; wir können es ihr morgen früh immer noch sagen.«
Als Allie die Wagentür öffnete, verstummte das Gespräch.
Die Frau, mit der sich Mr Patel unterhielt, war dunkelblond und hatte helle Haut. Sie trug Jeans und eine lange, blaue Strickjacke, die sie sich fest um den Körper gewickelt hatte.
»Äh … hi«, sagte Allie unsicher.
»Allie«, sagte Mr Patel. »Darf ich vorstellen: Linda, Rachels Mutter.«
Um sie herum war es so dunkel, dass Allie kaum etwas sah. Schemenhaft erkannte sie so die Umrisse eines Gebäudes. Im Erdgeschoss brannte ein einsames Licht, und eine Tür stand offen.
Sie versuchte immer noch, sich zu orientieren, als Mrs Patel den Arm um sie legte und sie ins Haus geleitete.
»Was du jetzt brauchst, ist eine heiße Schokolade und ein Bett. Ich hab dir ein paar von Rachels Sachen rausgelegt. Sie werden dir vielleicht ein bisschen zu groß sein, aber es wird schon gehen. Ist ja nicht für lange.«
Allie bekam einen dampfenden Becher in die müden Hände gedrückt, dann führte Mrs Patel sie eine Treppe hinauf in ein geräumiges Zimmer mit blassgelben Wänden, in dem ein flauschiger, cremefarbener Teppich lag. Eine Nachttischlampe tauchte den Raum in sanftes Licht, und die zitronenfarbene Decke auf dem gemachten Doppelbett war zurückgeschlagen.
»Das Badezimmer ist hier.« Mrs Patel deutete auf eine Tür. »Und die Kleider, die ich dir zurechtgelegt habe, sind in der Kommode. Fühl dich wie zu Hause. Rachel wird dich morgen früh zum Frühstück abholen.« Mit einem aufmunternden Lächeln schloss sie die Tür hinter sich. »Schlaf gut. Morgen können wir in Ruhe über alles sprechen.«
Allie blieb eine ganze Weile auf dem Bett sitzen. Sie wusste, dass sie aufstehen, sich das Gesicht waschen und einen Schlafanzug suchen sollte. Aber sie schleuderte nur die Schuhe von sich und ließ sich, wie sie war, in die Kissen fallen.
Dann drehte sie sich zur Seite, rollte sich zu einer kleinen Kugel und zählte ihre Atemzüge.
Drei
»Schön, dass du wieder da bist!« Isabelle trat aus dem imposanten viktorianischen Klinkerbau, der die Cimmeria Academy beherbergte. Leichten Schrittes kam sie die alte Steintreppe hinunter und legte den Arm um Allies Schultern. »Ich bin so froh, dich heil wiederzusehen«, sagte die Rektorin.
»Ja, zum Glück ist noch alles dran«, erwiderte Allie mit einem Lächeln.
Nach der Londoner Rettungsaktion hatte Allie ein paar Tage Zuflucht bei Familie Patel genommen. Die meiste Zeit hatte sie am Swimmingpool herumgehangen. Und sie war das erste Mal geritten. Während Mrs Patel Allie ständig bemutterte und bekochte und stets um Allies Sicherheit besorgt war, folgte Rachels jüngere Schwester Minal den beiden auf Schritt und Tritt – sie wollte bei allem dabei sein, was die beiden taten. Die Patels waren genau die Art von Familie, nach der sich Allie immer gesehnt hatte. So, wie ihre Familie beinahe einmal gewesen war. Es war eine bittersüße Erinnerung.
Rachels Vater und Isabelle waren dann zu dem Schluss gekommen, dass Allie in Cimmeria sicherer aufgehoben war. Und so hatte Mr Patel die Mädchen ins Internat zurückgebracht, obwohl die Schule erst in zehn Tagen beginnen sollte.
Da war sie also nun.
Für Allie sah die Schule noch genauso aus wie im Sommer – massiv und furchteinflößend, mit ihrem Schieferdach, den unzähligen gotischen Türmchen und den Kreuzblumen, die sich wie schwarze Messer in den Himmel bohrten. Die symmetrisch angeordneten, überwölbten Fenster schienen zu beobachten, wie die beiden Mädchen ihre Taschen aus dem Auto wuchteten.
Die Rektorin hatte ihre hellbraunen Haare mit einer Haarspange straff nach hinten frisiert. Sie trug ein weißes Cimmeria-Poloshirt und Jeans. Allie konnte sich nicht erinnern, Isabelle je zuvor in Jeans gesehen zu haben.
»Danke, dass du mir Mr P zur Rettung geschickt hast«, sagte Allie zu Isabelle. »Ich weiß nicht, was ohne ihn passiert wäre.«
»Du hast meine Anweisungen perfekt befolgt«, erwiderte die Rektorin. Sogar an einem wolkigen Tag wie heute schienen ihre goldbraunen Augen zu leuchten. »Du warst sehr tapfer. Ich kann gar nicht sagen, wie stolz ich auf dich bin.«
Allie errötete und betrachtete verlegen ihre Füße.
Taktvoll lenkte Isabelle die Aufmerksamkeit auf Allies Begleiter. »Rachel, meine
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