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Night School 02 - Der den Zweifel saet

Night School 02 - Der den Zweifel saet

Titel: Night School 02 - Der den Zweifel saet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Daugherty
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noch zum Vergnügen lief. Auch jetzt fühlten sich ihre Schritte mechanisch an, so machte es keinen Spaß.
    Sie erreichte die alte Steinmauer und folgte ihr bis zu dem von einem Bogen überspannten Tor, durch das man den friedlich daliegenden Friedhof betrat. Im wässrigen Licht sahen die alten Grabsteine, die inmitten des ausgedünnten herbstlichen Rasens standen, trostlos aus. Ohne das Laub der Bäume hatte der Friedhof den sonnengesprenkelten Charme der Sommermonate verloren und wirkte nun irgendwie gespenstisch.
    Instinktiv lief sie schnurstracks zu der knorrigen Eibe, wo sie und Carter sich im Sommer so oft getroffen hatten und deren Rinde nun vom Regen glitschig und dunkel war, doch da war niemand.
    Sie ging weiter zur Kapelle und musste beide Hände zu Hilfe nehmen, um die alte, bogenförmige Tür aufzubekommen. Mit unheilvollem Knarren schwang die Tür nach außen auf.
    Drinnen war es kälter, die Luft roch nach Weihrauch und Bohnerwachs. Bunte Glasfenster färbten das einfallende Licht lavendelfarben. Wie immer zogen die aufwendigen mittelalterlichen Wandmalereien – in der Hölle schmorende Sünder, die von Dämonen mit Forken gestochen wurden, während sich Drachen in die Lüfte schwangen – ihren Blick magisch an. So wie der Satz über der Tür:
Exitus acta probat
– Der Zweck heiligt die Mittel.
    Carter stand vor dem Altar und zündete die Kerzen in einem eisernen Kandelaber an, der ihn um einiges überragte.
    »Hey«, sagte er, ohne sich umzudrehen.
    »Selber hey«, erwiderte Allie fröstelnd, während sie die Tür hinter sich schloss. Wegen der Steinwände und des Steinfußbodens kam es ihr in der unbeheizten Kapelle noch kälter vor als draußen. »Ich dachte, wir dürfen nicht mehr mit Feuer spielen.«
    »Das Licht geht nicht.« Das Streichholz war bis auf seine Finger heruntergebrannt, fluchend schüttelte er es aus. Er leckte sich die Fingerspitzen, um sie zu kühlen, und zündete dann ein neues an. »Und es wird bald dunkel, deshalb dachte ich, ich sorg mal für Helligkeit.«
    »Cool«, sagte Allie und setzte sich in die erste Kirchenbank.
    Er warf ihr einen Blick über die Schulter zu und schenkte ihr dieses verhaltene Lächeln, das ihr jedes Mal ein Kribbeln über den Rücken jagte. »Bin gleich fertig.«
    »Und danach zünden wir eine von den Bänken an.« Allie rubbelte sich die Arme. »Saukalt hier drin.«
    »Ja«, sagte er. »Vielleicht ist der Strom abgeschaltet, und deswegen geht die Heizung auch nicht.«
    »Uncool«, erwiderte sie.
    Doch als die mindestens zwei Dutzend Kerzen erst einmal brannten, verbreiteten sie wenigstens eine Illusion von Wärme. Und dann setzte er sich neben sie, zog sie an sich und küsste sie. Ohne Zögern erwiderte sie den Kuss, und sie spürte, wie sein Herz schneller schlug, als er seine Finger fester gegen ihren Rücken presste.
    Jetzt alles um uns herum vergessen. Und nur das tun …
    Mit einem Seufzer des Bedauerns löste sie sich aus seiner Umarmung.
    »Lass uns lieber aufhören«, sagte sie und deutete auf das große Kruzifix. »Der Heiland schaut zu.«
    Carter kicherte mit hochroten Wangen, doch der Gedanke an die bevorstehende Aufgabe ernüchterte ihn.
    »Also dann …« Sie zog den Notizblock aus ihrer Tasche und schlug die Seite mit den vorbereiteten Fragen auf. »Bringen wir’s hinter uns. Dann können wir zurück in die Wirklichkeit.«
    Er rutschte von ihr weg bis zur hohen Lehne der Kirchenbank und hob erwartungsvoll die Braue.
    »Schieß los«, sagte er.
    Sie seufzte unglücklich und begann mit den ersten Fragen: »Vor-und Zuname. Geburtsdatum. Name der Eltern. Name der Großeltern.«
    »Carter Jonathan West«, antwortete er mit beiläufiger Attitüde, die sie sofort durchschaute. »Vierundzwanzigster September …«
    Ihr stockte der Atem. »Moment mal«, sagte sie und starrte ihn an. »Du hattest
letzten Monat
Geburtstag? Und hast nichts gesagt?«
    Er zuckte die Achseln, als wäre es die unwichtigste Sache der Welt. »Ich hasse Geburtstage. Ich feiere meinen nicht.«
    »Carter, wie kann es sein, dass du deinen eigenen Geburtstag nicht feierst? Das ist ja schrecklich.« Sie konnte es sich nicht erklären, aber sie war gekränkt. Er hatte es vor ihr verheimlicht. Er hatte Geburtstag gehabt und es ihr nicht erzählt. Er war jetzt siebzehn. »Du hast nichts gesagt. Ich habe dir nichts geschenkt und dir keinen Kuchen gebacken …«
    Er versuchte, sie zu beruhigen, als wäre ihre Reaktion unbegründet. »Tut mir leid, Al. Ich hab nur … Ich feiere

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