NIGHT WORLD - Jägerin der Dunkelheit
ihre bisherigen Erfahrungen übertraf.
Kapitel Sechs
Was sie empfand, war wie ein Stromstoß, der von der Innenfläche ihrer Hand beginnend ihren Arm hinaufschoss. Er hinterließ ein Kribbeln. Doch der eigentliche Schock spielte sich in ihrem Kopf ab.
Ihr Geist explodierte. Das war die einzige Beschreibung, die es traf. Eine geräuschlose, kalte Explosion, die sie vollkommen erschütterte. Mit einem Mal konnte Rashel sich nicht mehr halten. Sie spürte Quinns Arme, die sie stützten.
Sie nahm den Raum um sich herum nicht mehr wahr. Sie schwebte in einem weißen Licht, und das einzig Feste, an das sie sich klammern konnte, war Quinn. Es war so etwas wie das Entsetzen, das sie schon früher verspürt hatte... Aber es war nicht nur Entsetzen. Unglaublicherweise war das, was sie empfand, eher wilder Jubel.
Ihr wurde bewusst, dass Quinn sie so fest hielt, dass es wehtat. Aber noch stärker als die Wahrnehmung seiner Arme war das Gefühl, das sie für seinen Geist hatte. Es schien sich ein direkter Kanal zwischen ihnen aufgetan zu haben. Sie konnte seine Verwirrung spüren, seinen Schock, sein Staunen. Und sie wusste, dass er spüren konnte, was in ihr vorging.
Es ist Telepathie, sagte ein ferner Teil ihrer selbst, und suchte verzweifelt, die Kontrolle zurückzugewinnen. Es ist ein neuer Vampirtrick.
Aber sie wusste, dass es kein Trick war. Quinn war genauso erstaunt wie sie - sie konnte es fühlen. Vielleicht war er noch schlimmer dran. Er atmete schnell und flach, und ein feines Zittern hatte von seinem Körper Besitz ergriffen.
Rashel hielt sich an ihm fest und dachte verrückte Dinge. Sie wollte ihn trösten. Sie konnte spüren -wahrscheinlich besser als er selbst wie schrecklich verletzbar er unter diesem erstarrten Äußeren war.
Wie ich, nehme ich an, dachte Rashel schwindlig. Und dann begriff sie plötzlich, dass er ihre Verletzbarkeit genauso spüren konnte, wie sie die seine. Eine so starke Furcht stieg in ihr auf, dass sie in Panik geriet.
Sie suchte nach einer Möglichkeit, ihn auszusperren, genauso wie sie sich der Gedankenkontrolle widersetzte - aber sie wusste, dass es sinnlos war. Er hatte ihre Abwehrmechanismen bereits durchbrochen. Er war in ihr.
»Es ist alles gut«, sagte Quinn, und sie begriff, dass er aufgehört hatte zu zittern. Seine Stimme war beinahe leidenschaftslos, und gleichzeitig war sie auf eine irrsinnige Weise sanft. Als hätte er entschieden, ebenso gut komplett durchdrehen zu können, wenn er schon nicht dagegen ankämpfen konnte.
Das Seltsamste von allem war, dass sie seine Worte tröstlich fand.
Und da war Feuer unter dem Eis, das ihn zu umhüllen schien. Sie konnte es jetzt spüren, und sie hatte das schwindelerregende Gefühl, dass sie die Erste war, die es je entdeckt hatte.
Irgendwie mussten sie auf den Boden gefallen sein, und sie saßen direkt am Rand des weißen Lichts. Quinn hielt sie an den Schultern fest, und Rashel staunte über ihre eigene Reaktion auf diesen geradezu klinischen Griff. Er raubte ihr den Atem und zwang sie, sich vollkommen reglos zu halten.
Dann ertastete Quinn mit präzisen, bedächtigen Bewegungen das Ende ihres Schals und begann, ihn abzuwickeln.
Er war noch immer erfüllt von dieser wahnsinnigen Sanftheit, dieser irrsinnigen Ruhe. Und sie hinderte ihn an nichts. Er würde ihr Gesicht entblößen, und sie unternahm rein gar nichts dagegen.
Sie wollte, dass er es tat. Trotz ihrer panischen Angst wollte sie, dass er sie sah, dass er erfuhr, wer sie war. Sie wollte ihm in diesem seltsamen Licht, das ihrer beider Geist Umschlag, von Angesicht zu Angesicht gegenüber sitzen. Es spielte keine Rolle, was danach geschah.
Sie sagte: »John.«
Er wickelte weiter den Schal ab, so konzentriert, als mache er eine archäologische Entdeckung. »Du hast mir deinen Namen nicht genannt.« Es war eine Feststellung. Er drängte sie nicht.
Sie hätte ihren Namen ebenso gut auf ein Todesurteil setzen und es ihm reichen können. Quinn konnte sich Menschen offenbaren - aber andererseits konnte Quinn, wenn er wollte, vollkommen verschwinden, konnte sich in einer verborgenen Vampirenklave verschanzen, wo ihn kein Mensch fand. Rashel hatte diese Möglichkeit nicht. Er wusste, dass sie eine Vampirjägerin war. Wenn er ihren Namen und ihr Gesicht kannte, würde er jede Macht haben, sie zu vernichten.
Und das Erschreckendste von allem war, dass ein Teil von ihr sich nicht darum scherte.
Er hatte den Schal fast abgewickelt. In einer Sekunde würde ihr Gesicht
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