NIGHT WORLD - Jägerin der Dunkelheit
da, ein junges Mädchen und ein Kind hinter sich in der Dunkelheit. Das flackernde, rubinrote Licht des Feuers hüllte ihn ein, aber Rashel konnte dennoch erkennen, dass sein Haar so rot war wie Blut. Und seine Augen waren golden.
Golden wie Habichtsaugen, wie Bernstein. Wie Lily Redferns Augen. Warum war ihr das nicht schon vorher aufgefallen?
Das Gesicht war ein Gesicht, das sie niemals vergessen würde. Es verfolgte sie jede Nacht in ihren Träumen. Es war das Gesicht des Mannes, der ihre Mutter getötet hatte. Des Mannes, der sie durch das Klettergerüst gejagt und ihr ein Eis
versprochen hatte.
Urplötzlich war Rashel wieder fünf Jahre alt, schwach, hilflos und verängstigt.
»Hallo, Quinn«, sagte Hunter Redfern.
Quinn stand absolut reglos neben Rashel. Sie hatte das Gefühl, dass er nicht einmal mehr denken konnte. Und sie begriff, warum. Sie hatte in seinen Geist gesehen; sie wusste, was Hunter für ihn darstellte. Strenge Notwendigkeit, sogar Skrupellosigkeit, aber auch Ehre. Und jetzt entdeckte er, dass all das eine Lüge war.
»Mach nicht so ein erschrockenes Gesicht«, sagte Hunter. Er trat mit einem freundlichen Lächeln vor. Der Blick seiner goldenen Augen war auf Quinn gerichtet; Rashel hatte er bisher nicht einmal bemerkt. »Es gibt einen Grund für all das.« Er deutete auf die Vampire im Raum, und seine Stimme klang sanft und vernünftig. »Wir brauchen Verbündete im Rat; die Lamia werden zu nachlässig. Sobald ich dir alles erklärt habe, wirst du es verstehen.«
Genauso, wie er Quinn dazu gebracht hatte zu verstehen, dass er ein Vampir sein musste, dachte Rashel. So wie er Quinn die Einsicht vermittelt hatte, Menschen seien Feinde. Sie zitterte am ganzen Leib, aber es war ein weißglühendes Feuer in ihr, das durch die Angst hindurchbrannte.
»Gab es einen Grund dafür, warum Sie meine Mutter getötet haben?«, fragte sie.
Der Blick der goldenen Augen richtete sich auf sie. Hunter wirkte leicht erschrocken. Quinn riss den Kopf herum.
»Ich war erst fünf, aber ich erinnere mich an alles«, sagte Rashel. Sie machte einen Schritt auf Hunter zu. »Sie haben sie einfach so getötet - ihr das Genick gebrochen. Gab es einen Grund dafür, Timmy zu töten? Er war vier Jahre alt, und Sie haben sein Blut getrunken. Gab es einen Grund dafür, meine Großtante zu töten? Sie haben ein Feuer gelegt, um mich zu erwischen, aber es hat sie erwischt.«
Sie brach ab und starrte in diese goldenen Raubtieraugen. Sie hatte zwölf Jahre lang nach diesem Mann gesucht, und jetzt schien er sie nicht zu erkennen. »Was ist los, haben Sie so viele kleine Kinder gejagt, dass Sie den Überblick verloren haben?«, erkundigte sie sich. »Oder sind Sie so wahnsinnig, dass Sie an ihr eigenes öffentliches Image glauben?«
Quinn flüsterte: »Rashel...«
Sie drehte sich um. »Ich bin mir sicher. Er war es.«
In diesem Moment sah sie, wie sich Quinns Miene unversöhnlich gegen den Mann verhärtete, der ihn zu einem Redfern gemacht hatte. Seine Augen wurden zu dunklen schwarzen Löchern - kein Licht entkam ihnen. Rashel nahm plötzlich eine gletscherhafte Kälte wahr. Allein ein Blick in diese Augen mochte reichen, um getötet zu werden, dachte sie. Aber sie hatte ihr eigenes Feuer in sich, ihre eigene Rache, die sie trieb. Das Messer in ihrem Taillenbund. Wenn sie nur nah genug herankommen konnte... Wieder bewegte sie sich auf Hunter Red fern zu. »Sie haben mein Leben zerstört. Und Sie erinnern sich nicht einmal daran, oder?«
»Ich erinnere mich«, sagte der kleine Schatten hinter ihm.
Und dann stand die Welt plötzlich auf dem Kopf, und Rashel hatte das Gefühl, als glitte der Boden unter ihr weg. Das Kind hinter Hunter trat ins Licht - und plötzlich konnte sie Plastik und alte Socken riechen, und sie konnte Kunststoff unter den Händen spüren. Erinnerungen fluteten so schnell zurück, dass sie darin schier ertrank.
Alles, was sie sagen konnte, war: »Oh, Timmy. Oh Gott, Timmy.«
Er stand da, genauso wie sie ihn zum letzten Mal gesehen hatte, vor zwölf Jahren. Glänzendes, dunkles Haar und große, schrägstehende, blaue Augen. Nur dass die Augen nicht direkt die eines Kindes waren. Sie waren eine seltsame und schreckliche Mischung aus Kind und Erwachsenem. Es lag zu viel Wissen darin.
»Du hast mich im Stich gelassen«, sagte Timmy »Ich habe dir nichts bedeutet.«
Rashel bohrte die Zähne in die Unterlippe, aber die Tränen quollen ihr trotzdem aus den Augen. »Es tut mir leid...«
»Ich habe
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