NIGHT WORLD - Jägerin der Dunkelheit
doch er schaute ins Leere, verloren in dunklen Gedanken.
Dies war eine neue Seite an Quinn. Rashel hatte ihn in fast jeder Stimmung von Verzweiflung bis Wahnsinn erlebt, aber sie hatte noch nie zuvor mit ihm gearbeitet. Jetzt wurde ihr klar, dass er ein starker und einfallsreicher Verbündeter sein würde.
Plötzlich schien Quinn sich zu konzentrieren.
»Ich hab's«, sagte er. Dann lächelte er, spöttisch, aber ohne Verbitterung. »Wenn Gewalt nicht funktioniert, gibt es keine bessere Entscheidung, als es mit Überredungskunst zu versuchen.«
»Das ist nicht witzig.«
»Soll es auch nicht sein.«
»Du willst sagen: >Bitte, tötet keine jungen Mädchen mehr«
»Ich werde sagen: >Bitte, tötet keine jungen Mädchen mehr, oder ich werde euch beim Rat der Nachtwelt anzeigen. < Hör zu, Rashel.« Er fasste sie an den Armen, und seine Augen leuchteten vor Erregung. »Mein Wort gilt einiges in der Nachtwelt - ich bin der Erbe der Redferns. Und Hunter Redferns Wort gilt noch mehr. Mit vereinten Kräften können wir diesen verwandelten Vampiren alle möglichen Probleme bereiten.«
»Aber Fayth - eine Freundin von mir -sagte, sie wären sehr mächtig.« Im Eifer des Gefechts bemerkte Rashel kaum, dass sie Fayth soeben als ihre Freundin bezeichnet hatte.
Quinn schüttelte den Kopf. »Nein, du musst verstehen. Es sind ja keine Einzelgänger, sondern Bürger der Nachtwelt. Und was sie tun, ist absolut illegal. Man kann nicht einfach ohne Erlaubnis eine ganze Truppe von Mädchen aus einem einzigen Gebiet töten. Sklaverei ist illegal, Blutfeste sind illegal. Und ganz gleich, wie mächtig diese Vampire sein mögen, gegen den Rat der Nachtwelt haben sie keine Chance.«
»Aber...«
»Wir drohen ihnen eine Bloßstellung gegenüber dem Rat an. Gegenüber Hunter Redfern - und den Lamia. Die Lamia werden verrückt werden bei dem Gedanken daran, dass verwandelte Vampire in irgendeiner Art von Allianz zusammenkommen. Sie werden darin die Gefahr eines Bürgerkriegs sehen.«
Das könnte funktionieren, dachte Rashel. Die verwandelten Vampire waren lediglich Individuen - sie würden es mit ganzen Lamia-Familien zu tun bekommen. Insbesondere mit der Familie Redfern, dem ältesten und angesehensten Vampirclan.
»Alle haben Angst vor Hunter Red fern«, sagte sie langsam.
»Er hat ungeheuren Einfluss. Der Rat gehört ihm praktisch. Er könnte sie aus der Nachtwelt vertreiben, wenn er wollte. Ich denke, sie werden uns zuhören.«
»Du betrachtest ihn wirklich als einen Vater, nicht wahr?«, fragte Rashel sanft. Dann sah sie Quinn forschend in die Augen. »Auch wenn du behauptest, ihn zu hassen - du respektierst ihn.«
»Er ist nicht so schlimm wie die meisten. Er hat... Ehre, schätze ich. Im Großen und Ganzen.«
Und er ist ein Neuengländer, dachte Rashel. Das bedeutet, dass er gegen das Laster ist. Sie überlegte noch einen Moment, dann nickte sie. Ihr Herz schlug sehr schnell, aber sie konnte spüren, dass sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht ausbreitete. »Lass es uns mit Überredungskunst versuchen.«
Sie standen auf - und dann hielten sie einen Augenblick lang inne und sahen einander an. Wir sind stark, dachte Rashel. Wir sind einig. Wenn irgendjemand das schaffen kann, dann wir.
Beinahe geistesabwesend griff sie nach ihrem Messer. Es war ein Kunstwerk, ein Besitz, der ihr teuer war, und sie wollte es nicht verlieren.
Seite an Seite gingen sie die Treppe hinunter. Aus dem Versammlungsraum am Ende des Flurs dröhnte noch immer Musik. Solange waren sie gar nicht oben gewesen, begriff Rashel. Die ganze Welt hatte sich verändert, seit sie zum ersten Mal in diesem Flur gewesen war - und trotzdem war alles binnen weniger Minuten geschehen.
Also, sagte Quinn lautlos, bevor sie hineingingen. Es dürfte keine Gefahr drohen - ich glaube nicht, dass sie dumm genug sein werden, mich anzugreifen -, aber sei trotzdem auf der Hut.
Rashel nickte. Sie kam sich kühl und sachlich vor, und sie dachte, dass sie vollkommen rational wäre. Erst später wurde ihr klar, dass sie diesen Raum betreten hatten wie kleine Lämmer die Höhle eines Tigers, noch immer benommen von der Entdeckung ihrer Liebe.
Quinn trat als erster ein, und sie hörte, dass die Gespräche bei seinem Erscheinen verstummten. Dann ging sie durch die Tür, hinein in diesen rötlich flackernden Raum, in dem Schatten über die Wände tanzten.
Und da waren sie wieder, diese gutaussehenden jungen Männer, die wirkten, wie die Besetzung einer Fernseh-Soap. Sie musterten
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