Nightschool. Du darfst keinem trauen
hat ein paar Bücher für dich hinterlegt.«
Sie schenkte Allie ein strahlendes Lächeln und sammelte dann die übrigen Verweise ein. Als das ordnungsgemäß erledigt war, sagte sie mit lauter Stimme, damit alle sie hören konnten:
»Ihr seid bestimmt wahnsinnig gespannt, welche Aufgabe euch heute erwartet. Also werde ich euch nicht länger auf die Folter spannen. Bitte folgt mir.«
Einige der Schüler verdrehten die Augen und kicherten, während sie sich hinter ihr scharten. Allie hielt ausreichend Sicherheitsabstand.
Eloise führte sie an der Kapelle entlang zu einem Schuppen im hinteren Teil des Friedhofs. Ein schöner Ort mit Laubbäumen, unter denen schiefe alte Grabsteine kreuz und quer im hohen weichen Gras standen. Eine alte Gartenbank vermoderte langsam an einem sonnigen Fleck vor der Mauer. Hinter dem Schuppen wartete ein Mann in der schwarzen Arbeitskleidung der Schulangestellten.
»Eure heutige Aufgabe ist es, den Friedhof in Ordnung zu bringen«, erläuterte Eloise. »Mr Ellison wird euch das nötige Gerät geben und die Arbeiten einteilen. Viel Erfolg!«
Sie verabschiedete sich mit einem fröhlichen Lächeln und ging beschwingt den Pfad zurück durchs Törchen. Allie stellte sich in die Schlange, die von Mr Ellison die Arbeitsgeräte ausgehändigt bekam.
»Ich teile euch in Teams ein.« Mr Ellison hatte einen vollen, wohltönenden Bariton, und während er die Geräte ausgab, bestaunte Allie seine imposante Gestalt. Er musste über eins neunzig sein, und seine Arme waren mächtig und stark. Bestimmt hat er sein ganzes Leben draußen gearbeitet, mutmaßte Allie. Sein Teint war espressofarben, und seine ganze Art hatte etwas wunderbar Beruhigendes.
»Das hier sind meine Unkrautbekämpfer«, sagte er und deutete auf ein paar Jungs, die schon mit den Motorsensen lärmten. »Sie schneiden das Grün rings um die Gräber zurück, während diese Gruppe hier« – er deutete auf zwei Jungs und ein Mädchen, denen er Rasenmäher hinschob – »die großen Flächen bearbeitet.«
Allie kam als Letzte an die Reihe. Mr Ellison nickte ihr höflich zu.
»Und ihr zwei seid meine Rechenkünstler.«
Zwei?
Sie fuhr herum und merkte erst jetzt, dass Carter neben ihr stand. Während sie ihn verdutzt anstarrte, schaute er unschuldig zu dem Gärtner, nahm die Rechen in Empfang und bedankte sich artig. Dann drehte er sich um und stiefelte davon, beide Rechen in einer Hand.
Über Gräber und unebenen Boden hinweg versuchte sie, mit ihm Schritt zu halten. Die Luft war bereits vom moskitohaften Dröhnen der Gerätschaften erfüllt.
»Was hast du hier verloren? Und wo willst du mit den Rechen hin?«, fragte Allie scharf. Und als er nicht reagierte, rief sie: »He! Wir sollen Gras zusammenkehren, nicht davonlaufen!«
Carter ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Also, ich für meinen Teil habe Arrest. Sag mir lieber, wieso du hier bist. Und mach dich bitte mal locker, ja? Wir haben noch Zeit, die Rasenmäher müssen uns ja erst mal was zu tun geben. Ich gehe ihnen einfach aus dem Weg.«
Erst am Eingang zur Kapelle blieb er stehen und lehnte die Rechen gegen den Stamm der Eibe. Er kletterte auf einen niedrigen Ast, streckte Allie die Hand hin und hob auffordernd die Brauen.
Allie zögerte. Aber dann stellte sie sich vor, wie albern es aussähe, wenn sie jetzt auf Distanz bleiben und sagen würde: »Nein, danke, ich stehe lieber.« Widerwillig griff sie nach Carters Hand. Nachdem er sie zu sich hochgezogen hatte, entdeckte sie etwas in seinem Blick, das sie nicht deuten konnte. Ihre Wangen wurden heiß.
Sie rückte ein Stück von ihm weg, schlug ein Bein unter und ließ das andere baumeln. Carter lehnte den Rücken gegen den Stamm und wandte sich ihr zu. Während er sie neugierig musterte, spielten seine Finger mit einem dünnen Zweig. Sie sah zu, wie sich die Rasenmäher das Gras einverleibten, und tat so, als bemerkte sie seinen Blick nicht. Von hier oben konnte man irgendwo Wasser plätschern hören.
»Ich wollte mit dir allein sein, weil ich mich bei dir entschuldigen möchte«, sagte Carter.
Überrascht sah sie ihn an, er schien sich nicht ganz wohl in seiner Haut zu fühlen. So kenne ich ihn gar nicht, dachte sie.
»Neulich in der Bibliothek, da habe ich einen falschen Eindruck hinterlassen«, sagte er. »Du hast da was in den falschen Hals bekommen. Ich finde, du hast das gleiche Recht wie alle, hier zu sein. Okay? Das musst du mir glauben. Bitte.«
Sie nickte, doch ihr Gesichtsausdruck blieb wachsam.
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