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Nightschool. Du darfst keinem trauen

Nightschool. Du darfst keinem trauen

Titel: Nightschool. Du darfst keinem trauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Daugherty
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versuchte, für Ablenkung zu sorgen, und setzte dazu an, die Geschichte eines wissenschaftlichen Experiments zu erzählen, doch ihre Stimme verlor sich allmählich.
    »Na gut. Also, ich wär dann so weit. Jo?«, sagte Allie.
    Dankbar für die Loyalitätsbezeugung, lächelte Jo sie an und folgte ihr nach draußen. Allie wartete, bis sie weit genug vom Tisch entfernt waren, um sicher sein zu können, dass niemand sie hörte.
    »Was sollte das denn?«
    Jo eilte den Gang entlang und gab zunächst keine Antwort. Als sie es doch tat, war ihr Tonfall bitter. »Tja, offensichtlich will Gabe nicht, dass ich rausgehe, weil er das für nicht sicher hält. Und offensichtlich tut Gabe gern so, als wäre ich ein Kind und er der Erziehungsberechtigte, der mir sagen kann, was ich machen soll. Und das hasse ich. Ich hab schon zwei Eltern, das reicht mir, vielen Dank.«
    Sie bewegte sich so schnell durch die prunkvolle Eingangshalle, dass Allie beinahe rennen musste, um mit ihr Schritt zu halten. Ungeduldig stieß Jo die Tür auf, und sie blieben oben auf der Treppe nebeneinander stehen.
    »Also, ich weiß nicht«, sagte Allie und sah hinauf in den unschuldig blauen Abendhimmel, »für mich sieht das absolut sicher aus.«
    »Hoffentlich irrst du dich«, sagte Jo. »Wer zuletzt stirbt, hat verloren.«
    Lachend sauste sie die Treppe hinunter und stürmte auf die leere Rasenfläche. Allie blieb ihr dicht auf den Fersen. Eine Weile tanzten sie über den Rasen, wirbelten im Kreis herum und genossen die frische Luft.
    »Warte«, sagte Allie schließlich und griff atemlos nach Jos Arm. »Wohin gehen wir denn?«
    Sie verlangsamten ihre Schritte und schlugen ein gemächlicheres Tempo ein.
    »Gute Frage. Irgendwohin, wo Gabe mich nicht finden und wie ein Höhlenmensch nach drinnen zerren kann.« Sie dachte kurz nach. »Warst du eigentlich schon mal in der Kapelle?«
    Allie verzog das Gesicht. »Nee, aber ich hab da Gras zusammengerecht.«
    »Ach ja, stimmt. Das mit dem Arrest hab ich ganz vergessen. Die Kapelle ist eigentlich ziemlich cool. Auf den Wänden stehen so uralte Gedichte, in ungefähr einer Million Sprachen. So richtig steinalt.«
    Die Kapelle lag mitten im Wald. Allie warf einen unschlüssigen Blick in die Richtung – Jos manische Art beunruhigte sie allmählich.
    »Ist das momentan nicht zu gefährlich?«, fragte sie. »Ich meine, nach allem, was passiert ist?«
    »Wahrscheinlich schon«, erwiderte Jo und lächelte durchtrieben. »Kommst du jetzt, oder was?«
    Ohne sich noch einmal umzudrehen, rannte sie über die Wiese zu den Bäumen hin.

Zehn
    Die Sonne schimmerte in Jos hellblondem Haar, als sie über den Rasen davonstob. Allie zögerte kurz, dann jagte sie hinterher. Über das Gras zu rennen verschaffte ihr ein solches Hochgefühl, dass sie laut lachen musste.
    »Hopphopp!«, rief sie, als sie Jo überholte.
    Im Wald verschwand der blaue Himmel, und mit ihm das Licht. Allie und Jo gingen nun im Schritttempo weiter.
    Allie rutschte das Herz in die Hose: »Hier ist es immer so dunkel«, sagte sie.
    Jo schien unbesorgt. »Das haben Wälder so an sich. Ihr Stadtgirls habt einfach keinen Sinn für die Natur. In so einem Gruselwald kann man nur eins tun.« Sie schubste Allie zum Spaß. »Rennen.«
    Und schon rannten sie den Pfad entlang, Jo vorneweg. Ihr Gelächter hallte als hohles Echo von den Bäumen wider. Doch aller Ausgelassenheit zum Trotz war Allie noch immer kribbelig. Die Geräusche des Waldes, der Wind, der durch die Bäume pfiff, der Ruf eines Vogels, ein knackender Zweig – alles zerrte an ihren Nerven.
    Wenn sie jetzt darüber nachdachte, fand sie die Idee gar nicht mehr so gut.
    »Sollen wir nicht lieber zurückgehen?«, fragte sie nach einer Weile. »Wir könnten ja was spielen oder … vielleicht gucken, was die anderen so treiben.«
    Jo ging weiter voraus. »Wir sind fast da«, sagte sie besänftigend.
    Warum bin ich bloß so unruhig?
    Kurz darauf drehte Jo sich um und lächelte sie an: »Siehst du? Da sind wir schon.«
    Vor ihnen erhoben sich die Mauern der Kapelle, und auf dem Friedhof, wo weniger Bäume standen, gab es mehr Licht. Je mehr Allie sich der Helligkeit näherte, desto wohler wurde ihr. Jo war schon dabei, mit beiden Händen den Eisenring zu drehen, um den Riegel anzuheben. Sie stemmte sich mit der Schulter gegen die Tür, die mit einem Knarren nachgab, und sie konnten die Kapelle betreten. Drinnen wurde das matte Sonnenlicht von den bunten Glasfenstern in gelbe und rote Streifen gebrochen, und

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