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Nightshifted

Nightshifted

Titel: Nightshifted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassie Alexander
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sich aus seinem Grab erhob und nach
den Gehirnen seiner Liebsten hungerte.
    Â»Nein. Sie ist seit fast zweihundert Jahren tot.
Genau wie ich. Ich wurde im Oktober 1864 getötet, nach dem, was man heute die
Schlacht von Saltville nennt.«
    Ich rechnete kurz. »Im Bürgerkrieg?«
    Â»Kavallerie der Union.«
    Na, das war doch mal was. Ich legte ihm eine Hand auf
den Rücken und schob mich näher an ihn heran. »Erzähl mir davon.«
    Â»Ich wurde in der Schlacht verwundet. Irgendein
Arschloch von den Konföderierten kam in das Lazarettzelt und hat uns alle
abgestochen.« Seine Stimme klang jetzt irgendwie distanziert. Ich wartete
schweigend, bis er fortfuhr. »Dann kann ich mich lange an nichts mehr erinnern.
Ich hatte einen Meister. Viel mehr weiß ich nicht. Ich tat, was man mir
befahl.« Er zuckte mit den Schultern. »Irgendwann in den Fünfzigerjahren wachte
ich auf. Ich schätze, dass mein Meister damals endgültig gestorben ist und der
Teil meiner Seele, der ihm hörig war, endlich zu mir zurückkehrte.«
    Â»Aufgewacht … du meinst, das erste Mal seit 1864?«
    Er nickte. »Ich verstand kaum noch meine eigene
Sprache. Es gab Staaten, von denen ich noch nie gehört hatte. Autos,
Flugzeuge.«
    Geduldig wartete ich darauf, dass er weitererzählen
würde.
    Â»Ich wusste nicht einmal, wo genau ich war. Und als
ich dann endlich dahintergekommen bin, habe ich lange auf Friedhöfen gearbeitet
und Gräber geschaufelt. Erst, um die Leichen reinzulegen, dann, um sie wieder
rauszuholen.« Er drehte sich um und warf mir über die Schulter einen prüfenden
Blick zu, während er das sagte, und ich achtete peinlich genau darauf, nicht
zusammenzuzucken. »Letzten Endes wurde ich Geschäftsführer in einem
Bestattungsinstitut, damit niemand anfing, Fragen zu stellen.« Er hockte jetzt
im Schneidersitz, also schob ich mich hinter ihn und schlang die Arme um seinen
Körper, sodass meine Brüste und mein blöder Ausweis sich an seinen Rücken
drückten. »Damals gab es so etwas wie Y4 noch nicht. Oder vielleicht doch – ich weiß es
nicht, immerhin waren die Vampire schon immer gut darin, auf sich aufzupassen,
vielleicht waren die Zombies einfach nicht integriert. Für mich gab es
jedenfalls nichts.«
    Â»Wie hast du überlebt?« Damit meinte ich nicht die
tägliche Überlebensroutine, dass er damit zurechtkommen würde, war klar. Ich
meinte die Endlosigkeit der sich hinstreckenden Zeit, die Einsamkeit der
völligen Isolation. Wie konnte man sich diesen Dingen stellen und geistig
gesund bleiben, selbst wenn man nur eine halbe Seele hatte?
    Â»Ich hatte eine Frau und einen Sohn. Sie sind
gestorben, während … während ich anderweitig beschäftigt war. Ich habe
recherchiert, was geschehen ist, so gut es ging. Das Internet hat so etwas
jetzt einfacher gemacht, obwohl viele alte Aufzeichnungen verloren gingen. Aber
ich bin mir sicher, dass sie im Himmel sind. Und wenn ich hier auf Erden genug
Gutes tue, werde ich eines Tages wieder mit ihnen zusammen sein. Wenn ich es
irgendwann schaffe, ordentlich zu sterben.«
    Ich blinzelte. »Du glaubst tatsächlich an den
Himmel?«
    Â»Er existiert. Das muss er einfach. Und ich werde
dort hinkommen.« Er drückte eine Hand gegen die Brust. »Wenn ich das Richtige
tue, habe ich manchmal so ein Gefühl, als könnte ich spüren, wie meine Seele
wächst.«
    Dinge auszusprechen, von denen man sich wünscht, sie
wären wahr, sorgt nicht dafür, dass es auch so ist. Ein altes Sprichwort über
Wünsche, Pferde und Bettler, das ich einmal irgendwo gelesen hatte, tauchte aus
meinem Unterbewusstsein auf. Ti deutete mein Schweigen ganz richtig als Ausdruck
meiner Skepsis und warf wieder einen Blick über seine Schulter. »Deine Seele
ist in Gefahr, und du glaubst nicht daran?«
    Ich schob mich von seinem Rücken weg. »Falls ich
glauben würde, dass ich eine Seele habe – was selbst in diesem letzten
Spielabschnitt nicht gesichert ist –, wäre das vielleicht sinnvoll. Es gibt
eine Art Geist, den Leute haben, solange sie leben, aber nicht mehr, wenn sie
tot sind. Ich habe schon gesehen, wie Menschen gestorben sind. Ich weiß das.«
Ti nickte. Ich wusste, dass Ti auch schon gesehen hatte, wie Menschen starben.
Vielleicht hatte er sie sogar selbst getötet, als er noch der Diener eines
anderen war. Ich durfte nicht

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