Niklas Pettersson - Im Labyrinth der Finsternis (German Edition)
Junge sprang so schnell
von seinem Stuhl auf, dass er polternd umfiel. Thor schüttelte schmunzelnd den
Kopf, er konnte es noch gar nicht fassen, dass Niklas wieder bei ihm war.
Der Stall lag in einiger Entfernung von der Hütte auf einem Hügel.
Knarrend öffnete sich die kleine Holztür, zuerst konnte Niklas gar nichts
sehen, da nur ein paar Sonnenstrahlen den Raum spärlich beleuchteten. Als sich
seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah er in einer Ecke seine
geliebte Ziege Thekla liegen. Aber was war das neben ihr? Zögernd näherte er
sich und entdeckte zwei Ziegenbabys. Er hockte sich hin und streichelte sie.
Thekla erkannte ihn sofort wieder und leckte ihm glücklich die Hände, ließ
seine Nähe zu, ohne ihn wegzustoßen. Lange konnte er sich nicht von ihnen
trennen, sie waren aber auch zu niedlich. Endlich stand er seufzend auf –
sicher wartete sein Vater schon auf ihn, er wollte ihm doch helfen. Es war
wichtig, viel Holz zu hacken, denn bald würde der Winter hereinbrechen, und
ihnen standen schlimme, frostige Monate hier in den Bergen bevor. Traurig
dachte er an Kimama. Viele Gedanken gingen ihm auf seinem Weg zur Hütte durch
den Kopf. Was macht sie wohl jetzt? Sehe ich Sie jemals wieder? Wo liegt dieser
Mondsee? Wer sind die weisen Feen? Wann wird sie eine richtige Fee sein? Thor
war beim Holzhacken, und als er seinen Sohn erblickte, hielt er mit der Arbeit
inne.
„Na, was sagst du zu den Babys?“
„Oh, die sind niedlich, darf ich sie haben? Ich werde immer gut für sie
sorgen. Bestimmt, Papa“, setzte er hinzu, als er das ernste Gesicht seines
Vaters sah.
„In den nächsten Wochen müssen sie noch bei ihrer Mutter bleiben, wenn
sie älter sind, sehen wir weiter. Du darfst sie aber täglich füttern und mit
ihnen spielen.“
„Prima das mache ich“, erwiderte Niklas. Thor war erstaunt, dass er nicht
weiter drängelte. Wortlos nahm der Junge die zerkleinerten Holzstücke, um sie
an der Rückwand der Hütte aufzustapeln, so wie sein Vater es ihm beigebracht
hatte. Doch Niklas war mit seinen Gedanken weit fort, er überlegte, wie er Kimama
finden konnte. Schließlich meinte sein Vater:
„Komm mit ins Haus, wir essen Mittag, dabei musst du mir endlich
erzählen, was du erlebt hast, ich bin schon so gespannt.“ Als sie sich satt
gegessen hatten, stellte Thor die Teller beiseite. Nun berichtete Niklas ihm
alles und vergaß auch nicht die kleinste Einzelheit. Thor lauschte gebannt, er
war sehr glücklich, seinen Sohn nach diesen gefährlichen Abenteuern gesund in
den Armen zu halten.
„Da habt ihr ja viel erlebt. Ich bin froh, dass Kimama bei dir war. Wo
ist sie jetzt eigentlich?“
„Sie ist bei den weisen Feen am Mondsee“, erwiderte Niklas,
mit wichtiger und zugleich auch trauriger Stimme.
Die Zeit verstrich, Niklas besuchte wieder die Schule,
half seinem Vater nachmittags bei der Arbeit und dachte immer weniger an Kimama.
Nur manchmal, wenn er abends im Bett lag und nicht schlafen konnte, sah er sie
plötzlich vor sich. Er träumte nur noch ab und zu von ihr. Dann fand er sich in
ihrem Baumhaus wieder und spürte den Sturm, der durch die Baumkrone zog, und
manchmal tauchten die Bilder vom Zauberwald wieder auf. Wenn er erwachte, war
er traurig, dass sie nicht bei ihm war. Ob sie ihn vergessen hatte? Aber diesen
Gedanken ließ er nicht zu, er konnte und wollte es nicht glauben.
Es wurde immer kälter in Haukeland, die Trolle hielten
sich nur noch selten im Freien auf. Der Winter nahte und damit auch der
Weihnachtsabend, der gleichzeitig Niklas neunter Geburtstag war. Das genaue
Geburtsdatum wusste Thor nicht. Er schätzte, dass sein Sohn etwa vier Jahre alt
sein musste, als er zu ihm kam. Da für Thor der Weihnachtsabend der schönste
Tag im ganzen Jahr war, feierten sie von da an Niklas Geburtstag am 24. Dezember.
Am Vorabend zum Weihnachtsfest schmückten Vater und Sohn zusammen den
Weihnachtsbaum mit kleinen Holzfiguren, die Thor geschnitzt und mit Bändern
versehen hatte. Kerzen gab es nicht, doch der Baum, den die beiden aus dem Wald
geholt hatten, sah auch so wunderschön aus. Thor hatte in diesem Jahr einen
neuen Weihnachtsbaumständer aus Holz angefertigt, auf den er besonders stolz
war. Am oberen Rand befanden sich kleine hölzerne Engel, die um den Stamm
herumzutanzen schienen. Als er gerade ein kleines hölzernes Schaukelpferd an
einen Zweig hängte, klopfte es zaghaft an der Tür.
„Wer kann das jetzt noch sein, zu so später Stunde?“, fragte Thor.
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