Niklas Pettersson - Im Labyrinth der Finsternis (German Edition)
Futter für Thekla. Nach
dem Frühstück brachten Niklas und Kimama ihr das Futter und frisches Stroh,
schließlich sollten es die Tiere auch gut haben. Es war ein beschwerlicher Weg
durch den hohen Schnee zum Stall.
„Komm schnell“, rief Niklas, „ich friere fürchterlich.“ Die Ziege
begrüßte sie freudig, erhob sich und forderte ihre Streicheleinheiten. Die
Kinder legten das Futter und das Stroh auf den Stallboden und beeilten sich,
zurück in die warme Stube zu gelangen. Sie rannten in die Hütte, wo Thor gerade
dabei war, das Mittagessen zuzubereiten. Da sie Besuch erwarteten, hatte er
alle Hände voll zu tun. Er war noch mitten in den Vorbereitungen, als es an der
Tür klopfte: Es war seine Schwester mit ihren Kindern. Tante Thoralena
gratulierte ihrem Neffen zum Geburtstag. Kimama rief überrascht:
„Du hast heute Geburtstag? Das wusste ich gar nicht.“ Sie umarmte ihn und
gab ihm einen Kuss, der Niklas schrecklich peinlich war. Alle fingen an zu lachen.
Während sie sich das festliche Essen schmecken ließen, mussten Niklas und Kimama
ausführlich von ihren Erlebnissen erzählen. Danach gab es endlich die Geschenke.
Kimama zog etwas aus ihrem Beutel hervor, einen prächtig glänzenden Stein,
durchsichtig wie Glas. Er hatte gerade die richtige Größe, um ihn in die
Hosentasche zu stecken.
„Das ist ein Bergkristall, er soll dir Glück bringen,
wenn du wieder einmal in Schwierigkeiten gerätst“, meinte sie und zwinkerte Niklas
zu. Verlegen umarmte er seine Freundin. Dann zog er vorsichtig die Decke von
dem Schlitten und versuchte vor seinem Vater zu verbergen, dass er ihn schon vorzeitig
entdeckt hatte. Thor hatte ihn aber am frühen Morgen beobachtet und er
schmunzelte. Als er so alt war wie sein Sohn, war es ihm nicht anders ergangen.
Niklas fand, dass er das schönste Geschenk bekommen hatte, er konnte es gar
nicht abwarten, es auszuprobieren.
Die Stunden flogen nur so dahin, und bald war es Zeit
sich zu verabschieden. Als die Familie sich wieder getrennt hatte, holte Niklas
das Präsent für seinen Vater aus der Kammer. Er freute sich sehr, eine so
schöne Pfeife hatte er nicht erwartet. Als Niklas und Kimama endlich in ihren
Betten lagen, fielen sie völlig übermüdet, nach diesem ereignisreichen Tag, in
einen tiefen Schlaf.
Gleich am nächsten Morgen wollte Niklas seinen Schlitten testen. Thor
ermahnte ihn, vorsichtig zu sein. Er versprach es, holte seine warme Kleidung
und fragte Kimama, ob sie mitkommen wollte, aber sie lehnte ab.
„Ich bleibe lieber hier. Schlitten sind mir zu gefährlich.“ Niklas schüttelte
ungläubig den Kopf. Schade dachte er, winkte den beiden zu und rodelte davon.
Kapitel 6
Der Weg führte die meiste Zeit bergab, und der Schlitten glitt von ganz
allein durch den hohen Schnee. So ging die Fahrt durch den Wald, vorbei an
verschneiten Bäumen, Büschen und Felsen. Mit einem Mal stoppte der Schlitten.
Um ein Haar wäre Niklas in den Schnee gefallen, er konnte sich gerade noch festhalten.
Wieso hielt er gerade hier, obwohl es doch weiter abwärtsging? Die Gegend erschien
ihm völlig fremd, er konnte sich nicht erinnern, schon jemals hier gewesen zu
sein. Er stand auf und sah sich um. Vor ihm befand sich ein dunkler Höhleneingang.
Einen Augenblick lang überlegte er und dachte an die mahnenden Worte seines
Vaters. Doch die Neugier war zu groß, und Niklas betrat die Höhle.
Es war dunkel, nach einer Weile hatten sich seine Augen jedoch an die
Finsternis gewöhnt. Er tastete sich voran, merkwürdigerweise verspürte er gar
keine Angst, und das anfängliche leicht flaue Gefühl im Magen war verschwunden.
Niklas konnte kaum etwas erkennen. Plötzlich sah er in der Ferne helle Punkte.
Kleine Fackeln an den Felswänden spendeten kaltes, blaues Licht, er befand sich
in einer riesigen Höhle. So etwas hatte er noch nie vorher gesehen. Eine
steinerne Treppe führte steil hinab in das Innere. Halt gab ein dickes Seil an
der Wand. Niklas hielt sich fest und stieg die Stufen hinunter. Als es nicht
mehr weiterging, sah er im Felsboden viele kleine Seen. Auf dem Wasser, das
durch die Fackeln in blaues Licht getaucht war, schwammen große Blüten. Manche
waren bereits aufgeblüht, andere wiederum hatten dicke Knospen und sahen aus,
als würden sie jeden Moment aufplatzen. Niklas konnte sich gar nicht sattsehen.
Träumte er das alles vielleicht nur? Er sah sich um, irgendjemand musste doch
hier unten sein. Alles war erleuchtet, und er
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